0128 - Die Hexe aus dem Fluß
einen neuen Para-Kontakt zu der Frau konzentrierte.
Vorsichtig tastend ließ er sich auf der Bettkante nieder und fixierte Tonias stumpfe, tierische Augen, während lautlos seine schwachen Para-Kräfte auf sie eindrangen.
Tonia, verstehst du mich?
***
Da war irgend etwas. Keine Reaktion auf seine forschende Frage, aber der Schatten einer Erinnerung!
Tonia, verstehst du mich? fragte Zamorra noch einmal intensiv und spürte dabei, wie rasch ihn seine Kräfte verließen. Aber er mußte in das Unterbewußtsein der Seelenlosen Vordringen, um zu erfahren, auf welche Weise sie von der Hexe Yanaa behandelt worden war. Nur dann konnte er versuchen, den Prozeß rückgäng, zu machen - wenn er Yanaa in die Hände bekam!
Tonia Manciano, die Seelenlose, nahm überhaupt nicht wahr, daß jemand sie bearbeitete. Sie spürte Zamorras geistiges Tasten nicht, hörte nicht seinen Ruf. Vergeblich versuchte er, auch herauszufinden, warum sie diesen Tobsuchtsanfall bekam. Aber dieser Schatten…
Er griff nach.
Deutlicher wurde der Schatten in der Erinnerung und nahm Gestalt an. Es war auf gewisse Weise ähnlich jenem Phänomen, das bei der menschlichen Netzhaut auftritt. Bei manchen Menschen, die einen überraschenden Tod erleiden, brennt sich das zuletzt aufgenommene Bild förmlich in die Retina ihrer Augen ein und kann sichtbar gemacht werden.
Hier war es ähnlich, nur daß nicht die Netzhaut Träger der Erinnerung war, sondern die tiefsten Schichten eines teilzerstörten Unterbewußtseins.
Zamorra konzentrierte sich noch stärker, entfesselte die letzten Energien. Er merkte nicht, daß Gambiotti neben ihm unruhig wurde und bestürzt feststellen mußte, daß Zamorras Körper krampfhaften Zuckungen unterlag. Der Parapsychologe zitterte, sein Gesicht wurde farblos und verzerrt, spiegelte die gigantische Anstrengung wider, die dieser Mann unternahm.
Hochgradiger Erschöpfungszustand! diagnostizierte Gambiotti. Flüchtig zuckte der Gedanke an ein Aufputschmittel in ihm auf.
Hatte Zamorra seine Gedanken gelesen?
Injiziere es! hörte Gambiotti in seinem Gehirn deutlich den telepathischen Befehl.
Er fuhr instinktiv zusammen. Starrte Zamorra bestürzt an, der sich kaum noch mit den Armen abstützen konnte und jeden Moment auf dem Bett über der apathisch daliegenden Patientin zusammenbrechen mußte.
Er zögerte. Irgendwo hatte er einmal davon gelesen, daß Aufputschmittel Medien ihrer außersinnlichen Kräfte berauben konnten. Trat dieser Fall nicht dann auch bei Zamorra ein? Machte er diesen Mann nicht zum Para-Wrack, wenn er ihm ein Weckamin injizierte?
Injiziere! gellte der Befehl wieder. Zamorras Oberkörper taumelte.
Gambiottis Blick glitt zur Injektionspistole ab, die auf dem kleinen Tisch lag. Herkömmliche Spritzen mit »Handbetrieb« wurden in diesem Ospedale schon seit längerer Zeit nicht mehr benutzt und hatte den Pistolen Platz gemacht, deren Handhabung narrensicher und schneller war.
Bene, dachte Gambiotti, griff zu und füllte die Hochdruckkammer mit dem Inhalt einer Ampulle, die ein mittelstarkes Weckamin enthielt. Entschlossen setzte er die Pistole an Zamorras Schulter an, von der er mit einem kurzen Handgriff die Kleidung zurückstreifte. Dann jagte die kurze Hohlnadel blitzschnell unter die Haut, um das zu verabreichende Mittel mit Überdruck abzugeben.
Damit war alles getan, was Gambiotti im Moment tun konnte. Das telepathische Danke, auf das er plötzlich instinktiv wartete, kam aber nicht.
Zamorra konnte sich nicht mehr damit aufhalten! Er brauchte alle seine Kräfte, und auch das Aufputschmittel konnte nicht mehr allzuviel bewirken, den Zusammenbruch nur etwas hinauszögern. Wenige Minuten vielleicht.
Himmel, ich habe nicht mal die Hautstelle desinfiziert, schoß es dem Arzt plötzlich durch den Kopf. Bin ich denn total verrückt geworden?
Aber jetzt war daran auch nichts mehr zu ändern.
Er ahnte nicht, daß Zamorra in diesem Augenblick der entscheidende Vorstoß in das leere Gehirn der Patientin gelang. Er sah es nur in den Augen des Parapsychologen aufleuchten und den Mann dann sich langsam, schwerfällig taumelnd, aufrichten.
Zamorra hatte gesehen, was er wollte! Das Erinnerungsbild war noch scharf genug gewesen, aber damit wußte der Professor auch, daß dieser Frau nicht mehr zu helfen war.
Zamorra hatte die Schlange gesehen!
Yanaa, die Schlange, die Nebelhexe, hatte er in den Erinnerungsfetzen erkannt und war Zeuge geworden, wie Yanaa auf geistiger Basis mit Hilfe ihrer schwarzmagischen
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