013 - Das MAFIA-Experiment
hinaus. Niemand war zu sehen. Doch bevor er auf den Gang trat, ging er erst einmal die wenigen Schritte zum dem Labornebenraum vorgelagerten Sanitärbereich, um sich zu erleichtern. Die Tür zum Gang ließ er nur angelehnt.
Als er sich besser fühlte und sich dieser Tür wieder näherte, erstarrte er plötzlich. Hatte er da nicht ein leises Scharren von draußen gehört?
Seine Nerven vibrierten in plötzlicher Erregung, der Puls schnellte in die Höhe. Sollte man ihn doch entdeckt haben? Wer … wie viele mochten es sein, die jetzt dort draußen auf dem Gang herum schlichen?
Langsam bewegte sich die nur angelehnte Tür, öffnete sich einen Spalt breit.
Nergaards Körper spannte sich. Ohne Widerstand würden sie ihn nicht bekommen, er wollte sein Leben so teuer wie möglich verkaufen.
Plötzlich huschte ein schwarzer Schatten durch den Türspalt und sprang mit lautem Fauchen an ihm vorbei in den Labornebenraum und dort … auf die Mäusekäfige.
Heftig zuckte Nergaard zusammen. Doch dann entspannte er sich und lachte leise. Eine Katze, es war nur eine schwarze Katze, die in das Labor geschlüpft war und jetzt auf den Käfigen, sichere Beute im Blick, herum rumorte.
Eine schwarze Katze? Diamanten besetztes Halsband?
Volpones Katze!
Nergaards Lachen verwandelte sich in einen Fluch. Ausgerechnet jetzt musste Volpones Liebling hier auftauchen. Schlagartig wurde ihm klar, dass er jetzt nicht mehr lange allein hier unten sein würde. Wo die Katze war, da war auch der Don nicht weit. Oder zumindest dieser blöde Tierarzt nicht, der ständig auf das Vieh aufpassen sollte.
Hastig verließ Nergaard den Bereich und wandte sich der Richtung zu, in der er den Verbindungsgang nach Labor A wusste.
Hinter ihm klang ein Poltern aus dem Raum mit den Mäusen und veranlasste ihn, seinen hinkenden Schritt nochmals zu beschleunigen.
*
Beute, Beute, Beute!
Felicitas hatte schnell die Spuren ihrer Erinnerung aufgenommen und die Räume gefunden, in denen Jagd und Festmahl auf sie warteten. Aber alle Türen waren geschlossen gewesen und ihre Sprünge an die Türklinken nicht von Erfolg gekrönt. Aber dann hatte sie eine Tür gefunden, die nur angelehnt gewesen war und verlockender Mäuseduft war durch den Spalt gedrungen. Mit ihrer Schnauze zwängte sie den Spalt etwas weiter auf, sprang durch den Zwischenbereich und schlüpfte in den bewussten Raum: Sie sah die Käfigbatterie und die Mäuse, die darin umher huschten. Mit einem Satz war sie auf den Käfigen, fauchte und ergötzte sich an der Panik ihrer Beute. Ihr Jagdfieber war so überwältigend, dass sie auf den verletzten Mann überhaupt nicht achtete. Als sei dieser gar nicht vorhanden.
»Töten, töten, töten!« , hämmerte es in ihr. Sie war schließlich eine echte Katze, also ein Raubtier – und das war ihr angeboren, wie jedem Raubtier und sei es auch so putzig wie Felicitas.
Ihre Erregung war jetzt auf dem Siedepunkt angelangt. Ja, dass sich ein Menschlein hier befunden hatte und dann eilig floh, hatte sie in ihrem Jagdfieber in der Tat nicht bemerkt.
Hektisch sprang sie von Käfig zu Käfig, voller Frust, dass sie an ihre sichere Beute nicht heran kam. Wie war das noch gewesen, damals?
Plötzlich kippte der Käfig, auf dem sie gerade gelandet war, unter ihr weg und polterte zu Boden: Aha!
Trotzdem siegte zunächst das Erschrecken über den unerwarteten Sturz, dessen Ursache sie mit ihrem Katzenverstand nicht erkennen konnte: Mit lautem Kreischen sprang Felicitas mit allen Vieren gleichzeitig in die Höhe und fegte voller Panik unter einen Schrank. Doch dann sah sie, dass der Käfig aufgesprungen war und viele Mäuse auf der Suche nach einem Zufluchtsort über den Boden huschten. Tatsächlich: Genau so wie damals!
Sofort erwachte ihr Jagdfieber erneut und sie setzte der Beute nach. Zunächst war sie viel zu aufgeregt, um sich auf eine einzelne Maus zu konzentrieren und sprang sinnlos hin und her, immer gerade dorthin, wo sich etwas bewegte.
Doch dann endlich hatte sie eine erwischt, hieb ihre Krallen in das weiche, schrill fiepsende Tierchen und biss zu, schmeckte den Geschmack von frischem, warmem Blut auf ihrer Zunge.
Ihre Katzennatur obsiegte endgültig: Ekstase!
Es war ihr angeboren. Sie hatte keine andere Wahl: Keine der Mäuse hatte jetzt noch eine Chance. Es war ein Fest, ein einziger Rausch, auch wenn diese Mäuse ein wenig seltsam schmeckten, anders als die, die ihr manchmal ihr Mensch vorsetzte.
*
Nergaard Eins: Der Labornebenraum,
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