013 - Der Mann, der alles wußte
Die Sache sieht bestimmt nicht so hoffnungslos aus, wie Sie glauben. Der Staatsanwalt wird wahrscheinlich die Fälschung in den Büchern vorbringen, um auf diese Weise ein Motiv für den Mord zu konstruieren. Inspektor Nash untersucht den Fall. Er hat mir versprochen, heute um vier Uhr zu mir zu kommen.« Er sah auf seine Uhr. »Es fehlen noch drei Minuten. Wissen Sie noch etwas, was zur Aufklärung beitragen könnte?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Das ganze Gebäude, das die Staatsanwaltschaft aufbaut, kann ich zu Fall bringen«, fuhr Mr. Mann fort. »Aber ich kann nicht den wirklichen Mörder finden, wenigstens nicht mit Bestimmtheit. Man kann ihn eigentlich nur unter drei Leuten suchen. Entweder ist es Sergeant Crawley, der hier unter dem Namen Smith lebt und nach dessen Vergangenheit sich Mr. Minute eingehend erkundigt hat, oder Jasper Cole, Mr. Minutes Sekretär, oder -«
Er zuckte die Schultern. Es war ja nicht nötig, den dritten zu nennen, der in Verdacht stand.
Es klopfte, und ein Mann meldete Inspektor Nash.
Der Beamte von Scotland Yard begrüßte Mr. Mann mit einem kurzen Kopfnicken und lächelte May Nuttall zu.
»Sie wissen ja, wie die Sache liegt, Inspektor«, begann Mr. Mann kurz und sachlich. »Ich habe Sie hergebeten, um ein paar Punkte mit Ihnen zu besprechen, die wir beide wohl schnell in Ordnung bringen können.«
»Das ist allerdings ganz gegen die Gewohnheit. Aber da man im Präsidium nichts dagegen hat, will ich Ihnen alles sagen, was ich über den Fall weiß. Ich glaube allerdings nicht, daß ich Ihnen etwas Neues erzählen kann.«
»Halten Sie Mr. Merril für den Täter?« fragte May.
Nash hob die Augenbrauen und runzelte die Stirn.
»Alles spricht eigentlich dafür. Denken Sie doch nur an den großen Bankbetrug. Mr. Merril waren die Bücher zugänglich, und er war eigentlich der einzige, der die Zahlen hätte fälschen und die Beträge hätte umbuchen können, ohne daß es sofort bemerkt wurde. Es müssen in dieser Beziehung zwar noch einige Punkte geklärt werden, aber da haben wir doch das Motiv zur Tat, und wenn man das einmal nachweisen kann, hat man schon viel gewonnen. Der Fall liegt allerdings nicht sehr klar, das muß ich zugeben. Je mehr ich mich mit ihm beschäftige, desto größere Rätsel finde ich. Ich habe den Polizisten Wiseman vernommen, und er schwört, daß er in dem Augenblick, in dem die Schüsse fielen, einen Lichtschein in einem oberen Fenster sah. Dazu kommen noch die Aussagen Mr. Coles, der in sein Zimmer gegangen war, weil Mr. Minute allein mit seinem Neffen sprechen wollte. Er behauptet, daß jemand leise die Tür geöffnet und mit einer Taschenlampe in den Raum geleuchtet habe.«
»Was hat Cole denn im Dunkeln gemacht?« fragte Mr. Mann schnell.
»Er gab an, daß er sich aufs Bett legte, weil er Kopfschmerzen hatte. Als er das Licht sah, sprang er auf und ging zur Tür. Dort traf ihn ein Schlag auf den Kopf. Die Tür wurde zugeworfen und der Schlüssel von außen umgedreht. Während er vom Bett zur Tür ging, hörte er, daß Mr. Merril seinen Onkel bedrohte; dann folgten die Schüsse. Gleich darauf verlor er das Bewußtsein.«
»Eine sonderbare Geschichte«, meinte Saul Arthur Mann trocken. »Wirklich, eine sonderbare Geschichte!«
May empfand den unerklärlichen und ihr völlig unbegreiflichen Wunsch, Jasper gegen die Anspielungen dieser Leute zu verteidigen, aber sie beherrschte sich und schwieg.
»Ich glaube nicht, daß seine Angaben ohne weiteres stimmen«, erklärte der Inspektor offen. »Aber das ist natürlich nur eine Bemerkung unter uns. Auf der anderen Seite haben wir das seltsame Verhalten des Sergeanten Smith.«
»Wo ist Smith jetzt?« fragte Mr. Mann.
Nash zuckte die Schultern.
»Verschwunden! Aber wir werden ihn schon früher oder später finden. Die merkwürdigste Person in diesem Fall ist eigentlich die vierte, die in dem Auto ankam. Es muß Mr. Rex Holland gewesen sein. Wir haben jetzt eine ziemlich genaue Personalbeschreibung von ihm.«
»Ich auch«, erwiderte Mr. Mann ruhig. »Aber ich habe ihn noch mit keinem Menschen identifizieren können, dessen Personalakten in meiner Registratur stehen.«
»Auf jeden Fall war es sein Auto.«
»Und er war der Mörder«, entgegnete Mr. Mann mit Nachdruck. »Ich zweifle nicht im mindesten daran, und wenn Sie ehrlich sind, Inspektor, so haben Sie dieselbe Meinung.«
»Ich bezweifle prinzipiell alles«, sagte Nash diplomatisch.
»Was hat man denn in dem Wagen gefunden?« fragte der kleine
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