013 - Der Mann, der alles wußte
stehen. Sergeant Smith wollte doch den Arzt und weitere Hilfe holen. Auf dem Weg zum Parktor begegnete er zwei Polizisten, die auf Wisemans Alarmpfiff herbeigeeilt waren. Einen ließ er als Posten bei dem Auto zurück, den anderen schickte er zum Haus. Der Mörder konnte das Auto also nicht mehr benutzen.«
Mr. Mann saß auf der Ecke des Schreibtischs und pendelte vergnügt mit den Beinen.
»Mr. Minute wurde mit einer großen Webley-Pistole erschossen, die man nicht leicht in der Tasche verstecken kann. Zweifellos wurde sie von dem Mann gebracht, der in dem Auto ankam. Darauf werden Sie mir erwidern, daß Merril einen Mantel trug und die Waffe leicht in einer der geräumigen Taschen verbergen konnte. Aber das ist unmöglich, denn Mr. Merril hatte bei seiner Ankunft von London seine Fahrkarte verloren, und ein Eisenbahnbeamter durchsuchte auf seinen Wunsch hin alle seine Taschen, um sie zu finden. Im Stationsbüro hat Mr. Merril alles herausgenommen, was er bei sich trug.«
»Es ist ein sehr schwieriger Fall, und ich muß sagen, daß mir die ganze Geschichte äußerst unsympathisch ist. Wenn ich ganz offen sein soll, ist meiner Ansicht nach Frank Merril der Täter gewesen, aber es sprechen auch genügend Tatsachen für seine Unschuld. Das ist natürlich nur eine vertrauliche Bemerkung, und ich werde selbstverständlich alles tun, um weiteres Beweismaterial für seine Verurteilung beizubringen.«
»Davon bin ich vollkommen überzeugt«, erklärte Mr. Mann lächelnd.
»Muß die Sache denn vor die Geschworenen kommen?« fragte May ängstlich.
»Es gibt keinen anderen Weg. Wir haben ihn verhaftet, und wenn nicht noch völlig neue Tatsachen auftauchen, muß der Prozeß gegen ihn eröffnet werden.«
Der Inspektor nickte.
»Der arme Frank«, sagte sie mitleidig.
»Es ist schrecklich für ihn, wenn er unschuldig ist«, erwiderte Nash, »aber er kann von Glück sagen, wenn er die Tat begangen hat. Während meiner langjährigen Praxis habe ich immer wieder die Erfahrung gemacht, daß gewöhnlich derjenige für ein Verbrechen verantwortlich ist, der am meisten verdächtigt wird. In zwanzig Jahren kommt es höchstens einmal vor, daß er unschuldig ist, ganz gleich, ob er freigesprochen oder verurteilt wird.«
Er reichte Mr. Mann die Hand zum Abschied.
»Ich will jetzt wieder gehen. Der Polizeipräsident hat mich gebeten, Ihnen behilflich zu sein, soweit es irgendwie in meiner Macht steht, und ich hoffe, daß ich das tat.«
»Und was geschieht mit Jasper Cole?«
Nash lächelte.
»Sie sind doch der Mann, der alles weiß?« erwiderte er. »Also auf Wiedersehen!«
»Nun haben Sie ja gesehen, wie die Dinge stehen, Miss Nuttall«, sagte Mr. Mann, nachdem der Inspektor gegangen war. »Nash hat Cole im Verdacht.«
»Was - Jasper?« rief sie bestürzt.
»Ja, Jasper.«
»Aber das ist doch unmöglich - er war doch in seinem Zimmer eingeschlossen!«
»Deshalb scheidet er als Täter durchaus nicht aus. Ich kenne vierzehn verschiedene Verbrechen, bei denen sich die Täter selbst einschlossen und der Schlüssel von außen im Schloß stak. Da war der berühmte Fall des Falschmünzers Henry Burton. Ferner Francis Rector, der einen Aufseher tötete und sich nachher in seiner Zelle einschloß. Aber wozu soll ich Sie mit all diesen Einzelheiten plagen? Der Trick ist allgemein bekannt. Nein, es handelt sich darum, vor allem ein Motiv für die Tat zu finden. - Wünschen Sie eigentlich noch, daß ich Sie morgen begleite, Miss Nuttall?«
»Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mitkommen würden. Mein armer Onkel! Ich glaube, ich kann Weald Lodge nie wieder betreten. Es ist zu schrecklich!«
»Darüber kann ich Sie beruhigen. Das Testament wird nicht dort verlesen. Die Rechtsanwälte Mr. Minutes haben es so eingerichtet, daß die Verlesung in ihrem Büro in Lincolns Inn Fields stattfindet. Ich habe die Adresse.«
Er nahm eine Karte aus seiner Brieftasche.
»Power, Commons & Co., Lincoln's Inn Fields 194. Wir wollen uns um drei Uhr dort treffen.«
Er strich über sein Haar und lachte etwas verlegen.
»Ich komme mir vor, als ob ich Ihr Vormund wäre. Ich will nicht behaupten, daß ich das als eine unangenehme Aufgabe betrachtete, aber es ist eine große Verantwortung damit verbunden.«
»Sie haben mich beschützt wie ein Vater, Mr. Mann«, erwiderte May herzlich, »und ich werde nie vergessen, was Sie für mich getan haben. Ich habe das Gefühl, daß Frank freigesprochen wird, aber ich hoffe, daß nicht Jasper Cole der Täter
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