013 - Der Mann, der alles wußte
also nichts nach?«
Frank schüttelte lachend den Kopf. »Wie könnte ich das?«
May bekam noch einen anderen Besuch. Jasper Cole eilte auf die erste Nachricht von dem Anschlag gegen sie nach London, aber er war sofort wieder beruhigt, als er sie sah.
»Es war ein aufregendes Erlebnis«, meinte sie, »aber es macht mir nichts mehr aus, nachdem alles so gut abgelaufen ist. Ich glaube, ich sehe nicht so angegriffen aus wie du.«
Er nickte.
»Das ist leicht möglich. Ich habe heute nacht kaum geschlafen und bin erst am frühen Morgen zu Bett gegangen. Ich war mit meinen Experimenten so beschäftigt, daß ich nicht merkte, wie die Zeit verging. Erst als mein Diener heute morgen ins Laboratorium kam, wurde mir klar, daß ich die Nacht durchgearbeitet hatte.«
»Was, du hast dich überhaupt nicht ausgeruht?« fragte sie erschrocken und vorwurfsvoll. »Diese bösen Gewohnheiten mußt du aber in Zukunft aufgeben.«
Jasper Cole nahm das unheimliche Abenteuer nicht so leicht wie sie.
»Ich möchte nur wissen, was dahintersteckt«, sagte er, »und warum sie dich nach Eastbourne bringen wollten. Der Sitz dieser Bande muß irgendwo in Sussex sein.«
»Mr. Mann ist anderer Ansicht. Er glaubt, daß der Wagen in Eastbourne gewechselt werden sollte und daß man mich nur dorthingebracht hat, um die Polizei auf eine falsche Fährte zu lenken.« Sie zitterte. »Während der Fahrt habe ich allerdings eine entsetzliche Angst ausgestanden.«
Die Unterredung zwischen den beiden fand am Nachmittag statt. Frank hatte sich zwei Stunden vorher verabschiedet. Am Vormittag war May von Mr. Mann aus Eastbourne abgeholt worden.
Jasper wollte den Abend in London verbringen und hatte zwei Karten für das Hippodrom besorgt. Da May Mr. Mann versprochen hatte, ihn von allen ihren Ausgängen zu benachrichtigen, teilte sie ihm auch das mit. Sie war allerdings erstaunt, als eine halbe Stunde später Mr. Mann selbst bei ihr erschien.
Ihr Verlobter war noch da; er ahnte, was Mr. Mann beabsichtigte.
»Ich möchte nicht stören«, sagte Mr. Mann, »aber es ist absolut notwendig, daß Sie über gewisse Dinge aufgeklärt werden, Miss Nuttall. Ich weiß, wer für diesen letzten Überfall verantwortlich ist, und dergleichen darf nicht wieder passieren!«
»Wer ist es denn?« fragte sie schnell.
»Ich glaube, daß der Anstifter hier in diesem Zimmer weilt«, entgegnete er.
Sie erschrak heftig.
»Meinen Sie etwa mich?« fragte Jasper Cole wütend.
»Ja, Sie! Ich bin davon überzeugt, daß Sie die ganze Geschichte inszeniert haben.«
May starrte ihn entsetzt an.
»Aber das glauben Sie doch selbst nicht!«
»Ich glaube bestimmt, daß Mr. Cole allen Grund hat, Sie zu heiraten. Was dahintersteckt, weiß ich noch nicht genau, aber ich werde es schon noch herausbekommen. Auf jeden Fall möchte ich Ihnen mitteilen, daß Mr. Cole bereits verheiratet ist.«
Sie sah bestürzt von einem zum anderen.
»Was soll das heißen, daß ich schon verheiratet bin?« fragte Jasper scharf und aufgebracht.
»Wenn er noch nicht verheiratet sein sollte, dann war ich vielleicht indiskret. Ich kann Ihnen nur mitteilen, Miss Nuttall, daß Ihr Verlobter in Holland mit einer Dame reiste, die sich Mrs. Cole nennt.«
Jasper schwieg einen Augenblick und schaute ihn mit einem sonderbaren Blick an.
»Mr. Mann«, sagte er schließlich, »Sie scheinen Nachrichten zu sammeln, wie andere Briefmarken.«
»Ich möchte nur wissen, wie weit Sie Ihr Spiel noch treiben wollen«, erwiderte Mr. Mann gereizt.
»Gut, ich werde Ihnen etwas erzählen«, entgegnete Jasper mit erhobener Stimme. »Aber erst beantworten Sie mir eine Frage. Kennen Sie Mr. John Minutes Leben genau?«
»So genau, daß ich eine Biographie über ihn schreiben könnte.«
»Setz dich bitte, May.« Jasper nahm die Hand des Mädchens und führte es zu einem Stuhl. »Die Unterhaltung mit Mr. Mann wird noch länger dauern.«
»Es ist doch wohl nicht Ihr Ernst, daß ich die ganze Geschichte Mr. Minutes hier erzählen soll?« fragte Mr. Mann ärgerlich.
»Doch, dazu möchte ich Sie auffordern«, sagte Jasper und schob dem ungelegenen Besucher einen Stuhl hin.
Halb wider Willen fügte sich Mr. Mann und zählte zögernd die Tatsachen auf. Er wußte unheimlich viel von dem abenteuerlichen und wilden Leben des verstorbenen Millionärs.
»Danach«, sagte er im Verlauf seiner Erzählung, »heiratete er Agnes Gertrude Cole, und zwar in Port Elizabeth, wo er in der St. Bride's Church getraut wurde.«
»Cole«, wiederholte
Weitere Kostenlose Bücher