0130 - Freiwillige für Frago
teilte das Rechengehirn selbständig dem Flaggschiff mit, daß die Synchronisation der Vorgänge wiederhergestellt wäre.
An der Bordpositronik leuchtete eine Grünkontrolle einmal kurz auf. Es war das Zeichen für Brazo Alkher, daß der erste Teil des waghalsigen Unternehmens in Kürze begann.
Zehn Mann in der Zentrale des kleinen Kugelraumers stöhnten auf. Sie waren gerade aus der Transition gekommen.
Sie sahen den Rundsichtschirm - das Fenster der ALTA-663 - an.
Sie suchten auf der Panoramafläche nach dem vertrauten kalten Glitzern naher und ferner Sonnen. Sie hätten sich umdrehen müssen, um den Ausschnitt einer gigantischen Sternenzusammenballung zu sehen, den Teil ihrer Milchstraße, die sie jetzt im Begriff waren zu verlassen.
Das Schwarze, das sie vom Schirm her wie ein riesiger, dunkler Rachen angähnte, war der interkosmische Raum, das uferlose Loch zwischen den einzelnen Galaxien.
Ein Loch, ohne Sterne, ohne Sonnen, Planeten, Trabanten und Kometen. Der Abgrund.
Der Fahrtzeiger der ALTA-663 wies die Geschwindigkeit des Schiffes mit 0,87 Licht aus. Die Impulsmotoren heulten lauter. Der Raumer bereitete sich auf den nächsten Sprung vor.
Zehn Mann warteten auf das Peilzeichen der THEODERICH.
Zehn Augenpaare beobachteten die große Borduhr. Als sie 13.95 Uhr Bordzeit anzeigte, drang aus dem Hyperlautsprecher ein zerhackter, kurzer und heller Ton: Rafferspruch von der THEODERICH!
Grünlicht bei der Positronik. Sie hatte ihn blitzschnell verarbeitet und gab nun Freizeichen. Eine zweite Grünkontrolle flammte auf.
Sie gab an, daß die erstellten Werte nicht verändert werden mußten.
Unten im Schiff begannen die Transformer aufzubrüllen, das unüberhörbare Prasseln großer Speicherbänke, die schlagartig zur Energieabgabe gezwungen wurden, klang auf. Die Zelle der ALTA-663 begann wie eine Glocke zu dröhnen.
Die Generatoren, Konverter, Speicherbänke und Transformer - Tausende von Aggregaten der ALTA-663 taten im Augenblick nichts anderes, als die erforderlichen Energien für den letzten Sprung zur Verfügung zu halten.
Wieder einmal lief die X-Zeit.
Der Sprung erfolgte.
Zehn Männer verzogen vor Schmerz ihre Gesichter.
Sie sahen hinter sich auf dem Panoramaschirm ihre Milchstraße.
Sie sahen vom Halo auf die Ebene ihrer Galaxis, und sie sahen sie als gleißende Spirale, die unbeweglich über einem lichtlosen Abgrund schwebte.
Rhodans Männer mußten sich gewaltsam von dem Bild dieser gleißenden Spirale losreißen.
Wuriu Sengu meldete nach einem kurzen Blick auf die Schalttafel, vor der er saß: „Die THEODERICH ist auch da!” Die vollautomatische Positronik hatte gemäß ihrer Programmierung die Hyperfunkanlage veranlaßt, einen Rafferpeilton, zusammengedrückt auf den winzigen Bruchteil einer Sekunde, abzustrahlen. Wuriu Sengu sah auf seinem Oszillographen die Hyperfunkamplituden des gerafften Impulses in ihrer natürlichen Form.
Er fühlte sich von Brazo Alkher angesehen und hob den Kopf.
Die Blicke der beiden Männer begegneten sich. Das Wissen, daß in einer Entfernung von zweihundert Lichtjahren die THEODERICH auf Warteposition gegangen war, hatte etwas Beruhigendes an sich, mehr aber noch die Tatsache, daß sich der Chef persönlich an Bord des Superschlachtschiffes befand.
Plötzlich fiel auch Alkher die unheimliche Stille in der Zentrale auf. Keiner der zehn Männer sprach. Das Klicken von Relais schien den Raum auszufüllen.
Er schwenkte sich im Pilotensitz zu den Ortungsgeräten herum.
„Entfernung bis Outside! - Konstantenkontrolle! - Warmlaufen des Posbi-Aggregatsatzes! - Vollzug melden!” Damit hatte sie der Alltag wieder. In der Zentrale kam Leben auf.
Brazo hörte die Angaben, nach denen er verlangt hatte, aber er nahm sie nur unbewußt auf. Er stand vor der ersten großen Entscheidung, vor einem Entschluß, der ihren Untergang herbeiführen konnte.
Niemand hatte ihnen sagen können, ob die Posbis in der Lage waren, Strukturerschütterungen anzumessen. Ihre Fragmentraumer, diese würfelförmigen Zweitausendmeterkästen, riefen bei Eintritt in das normale Kontinuum keine Gefügeerschütterung hervor.
„Nein”, sagte er plötzlich, und dieses Nein war das Resultat seiner Überlegungen, „wir werden Outside mit knapp Unterlicht anfliegen. Bei 0,91... Alec, wie lange benötigen wir dann?” Sigurd Alec, sonst 1. Offizier auf dem Handelsraumer ARGENTUM, überließ es dem Bordgehirn, die Frage zu beantworten. Kaum hatte Alec die Daten dazu geliefert, als die
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