0131 - Druiden-Rache
säuselte er in die Muschel.
Am anderen Ende der Leitung war die Polizei. Ein Inspektor Youenn machte sich mit seiner Stimme im Telefon breit. »… rufen wir routinemäßig jeden Autoverleih in der Nähe an. Es handelt sich um zwei Franzosen, einen Mann und eine Frau. Er nennt sich Professor Zamorra, die Frau heißt Duval. Wir haben allen Grund zu der Annahme, daß sie von dem gestohlenen Polizeiwagen so schnell wie möglich auf ein ziviles Fahrzeug umsteigen wollen, und bitten Sie, die Augen offenzuhalten und uns bei der Fahndung zu unterstützen. Zamorra ist etwa Ende der dreißig, groß, schlank, graue Augen, ein gewinnendes Wesen, das darüber hinwegtäuscht, es mit einem Mörder zu tun zu haben und…«
Beim Wort »Franzosen« hatte es in Ableforth, Chef des Autoverleihs, zum erstenmal geklickt. Pausenlos klickte es weiter, nur wagte er es nicht, den in schönsten Baß brabbelnden Inspektor zu unterbrechen. Aber als das Wort »Mörder« fiel, konnte er sich doch nicht mehr zurückhalten, zumal ihm bereits nachträglich der Schweiß auf die bis in den Nacken reichende Stirn trat, einem Verbrecher sein teuerstes und bestes Auto vermietet zu haben.
»Sir, ich… ich glaube, ich habe Ihnen etwas mitzuteilen…«, wandte er ein.
Abrupt stoppte Youenn seinen Redefluß. »Ja?«
»Dieser Zamorra… Er ist gerade vom Hof gefahren. Aber sie waren zu dritt. Ein weiterer Mann war dabei. Er sah ein bißchen verhungert aus, etwa wie ein Romanschreiber, der zu viele Grusel-Romane verfaßt hat und deshalb schon einem Ghoul ähnlich wird…«
»Lassen Sie den Quatsch«, knurrte Youenn ungehalten. »Zamorra hat bei Ihnen einen Wagen gemietet?«
»Ja. Den größten und schnellsten…«
»Wann?«
Mister Ableforth gestattete es sich, seine Taschenuhr zu Rate zu ziehen. »Etwa zehn Minuten ist es her.«
»Wohin gefahren?«
»O Lord, müssen Sie denn in diesem scheußlichen Telegrammstil reden, Sir?« beschwerte sich Ableforth. »Der Professor hat mir kein genaues Fahrtziel genannt. Er äußerte sich dahingehend, mit seinen Bekannten unser schönes walisisches Land kennenlernen zu wollen…«
»Beschreibung des Wagens?« Youenn blieb beim Telegrammstil und wünschte im stillen die Weitschweifigkeit des Autoverleihers zum Teufel. Für ihn drängte die Zeit. Er mußte Zamorra wieder in die Hände bekommen. Der Mann war gefährlich - in jeder Hinsicht.
Youenn schrieb mit. »Vauxhall-Flaggschiff, schwarz, weißes Vinyldach, Kennzeichen…«
Dann legte er kommentarlos auf, ehe Ableforth höflichst darum bitten konnte, äußerst schonend mit dem Fahrzeug umzugehen, wenn die Verbrecher gestellt werden wollten.
»Dessen Sorgen möchte ich haben«, murmelte Youenn verärgert, nachdem er den Hörer auf die Gabel geknallt hatte. Kerr, der mitgehört hatte, grinste ihn an. »Die Autos sind Mister Ableforths Existenz«, stellte er fest. »Ich wäre an seiner Stelle auch sehr besorgt, zumal die Wagen ständig teurer werden. Und an den großen Vauxhall wieder heranzukommen, ist, auch abgesehen vom Preis, ganz schön schwierig, weil da doch mal wieder gestreikt wird…«
Dafür interessierte sich Youenn auch nicht. »Immerhin wissen wir jetzt, nach welchem Wagen wir fahnden müssen. Hoffentlich schlafen die Kollegen jetzt nicht…«
Kerr schwieg. Er war mit seinen Gedanken immer noch bei Mister Ableforth und seinen Sorgen. Nicht von ungefähr, denn Kerr zählte im Yard zu den »Endverbrauchern«. Fünf Dienstfahrzeuge hatte er im Laufe eines Jahres zu Schrott gefahren, und jedesmal, wenn er im Depot auftauchte, ergriff der Fuhrparkchef schreiend die Flucht und betrauerte den Wagen, den er Kerr zur Verfügung stellen mußte. Wenn Kerr sich im Einsatz befand, nahm er auf sein Fahrzeug nicht die geringste Rücksicht und schaffte es immer wieder, selbst aus dem verdrehtesten Schrottklumpen immer wieder unverletzt herauszukommen. Seine Vorgesetzten munkelten, er müsse in einem früheren Leben Rallyefahrer gewesen sein…
»Wir wollen's hoffen«, murmelte er schließlich. Auch er hatte ein Interesse daran, daß Zamorra gefunden wurde, allerdings aus anderen Gründen als Inspektor Youenn. Kerr war brennend daran interessiert, mehr über die Druiden von Pwllheli zu erfahren. Youenn konnte er ja nicht fragen…
Zwei Minuten später ging die Fahndung nach dem schwarzen Vauxhall VX an die benachbarten Dienststellen hinaus. Aber noch ahnten Youenn und Kerr nicht, daß Zamorra abermals schneller gewesen war…
***
Das Ewans-Bewußtsein
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