0132 - Wir und der Raketenprofessor
vielleicht aus Gemeinheit tun, so geschieht den Leuten nichts, aber Sie geben mir damit einen Anhaltspunkt dafür, wen ich aufs Korn zu nehmen habe.«
»Versprechen Sie mir, den Mund zu halten? Ich möchte wirklich nicht vorzeitig ins Gras beißen.«
»Sie haben mein Versprechen.«
»Gut, notieren Sie sich. Das ist zuerst Theodor Kitchel, zweitens Vincent Teenie und als dritter noch Lambert Jacob. Das sind die klügsten, die einflussreichsten und die kapitalkräftigsten meiner Konkurrenten, und darum halte ich sie für die gefährlichsten.«
»Und für wen arbeiten sie?«
»Für den, der am meisten zahlt. Die Firmen und Konzerne, die dafür in Betracht kommen, kennen Sie ja. Die brauche ich nicht zu nennen, aber seien Sie versichert, dass diese Leute viel größere Lumpen sind, als die anderen, die nur vorgeschoben werden.«
Das wusste ich natürlich auch. Die Bosse der Milhonenu nternehmen sitzen hinter Panzerglasscheiben und vergeben Aufträge. Auf welche Weise diese ausgeführt werden und ob dabei der eine oder der andere ins Gras beißen muss, ist ihnen gleichgültig. Und wenn es hart auf hart geht, so wissen sie nichts davon.
Mr. Menendez verabschiedete sich, aber vorher lud er seine Pistole durch und meinte:
»Besser ist besser, man kann nie wissen.«
Mr. Menendez ging. Es war fast sechs Uhr geworden und mein Bedarf für diesen Tag war gedeckt. Ich schloss meinen Schreibtisch ab und hinterließ bei der Vermittlung, ich würde sofort nach Hause fahren. Sollte Phil sich melden oder eine dringende Nachricht kommen, so möge man durchschalten.
Kaum hatte ich diese Instruktion gegeben, als der zweite Telefonist mir winkte.
»Ein Anruf für Sie, Cotton. Ich stelle ihn in die Zelle vor der Tür durch.«
Ich nickte, eilte hinaus und nahm den Hörer ab.
»Hier ist James Wander. Sind Sie das, Mr. Cotton?«
Ich muss jetzt bemerken, dass ich den wirklichen Namen des Anrufers verschweigen muss. Der Mann, den ich Wander nenne, ist einer der Könige von Wall Street, einer der Leute, durch deren Hände alltäglich Millionen, manchmal sogar Milliarden rinnen.
Dieser Mr. Wander also hatte ein Anliegen an den kleinen G-man Jerry Cotton. Ich bestätigte, dass ich höchstpersönlich am Apparat sei.
»Darf ich Sie um eine Gefälligkeit bitten?«, fragte er. »Wollen Sie mir das Vergnügen machen, heute Abend im ›North Park Hotel‹ mit mir zu dinieren?«. Er sagte tatsächlich »dinieren«.
»Ich wüsste nicht, womit ich das verdient hätte«, gab ich in der ersten Überraschung zurück.
»Sie brauchen das nicht zu verdienen. Haben Sie keine Angst, ich möchte mich nur mit Ihnen unterhalten. Schließlich sind Sie ja auch eine bekannte Persönlichkeit.«
Ich lachte.
»Aber nicht in Ihren Kreisen, Mr. Wander. Prominent bin ich eher in der Gegend um Brooklyn Bridge, in China-Town, Klein-Italien und derartigen netten Gegenden, die Sie wahrscheinlich nur vom Hörensagen kennen.«
»Stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel«, sagte er. »Darf ich auf Sie zählen?«
»Gewiss, Mr. Wander. Es wird mir ein Vergnügen sein.«
»Also dann um acht Uhr in der Bar. Auf Wiedersehen. Mr. Cotton.«
Wenn wenigstens Phil da gewesen wäre, so hätte ich gesagt, ich würde ihn mitbringen. Aber Phil saß in Washington und amüsierte sich wahrscheinlich, während ich gezwungen war, auf die Schnelle meine Smokinghose zu bügeln und den ganzen Abend aufzupassen, um keinen Fehltritt zu tun.
Ich ging noch einmal in die Vermittlung und bat darum, nach halb acht dringende Gespräche zum »North Park« umzulegen und mich durch den Portier rufen zu lassen. Dann machte ich, dass ich nach Hause kam.
Das »North Park« ist einer der exklusivsten Hotels der Stadt. Die Säulen in der Halle stammen aus Carrara, wo bekanntlich der teuerste Marmor zu finden ist, die Teppiche aus Täbris. Jeder Kellner sieht aus und benimmt sich wie ein echter Lord, und die Garderobieren und Zigarettenmädchen tun so, als ob sie es durchaus nicht nötig hätten und ihre Jobs nur so zum Vergnügen ausübten.
Auf dem Parkplatz konnte ich durch meinen Jaguar einigermaßen Eindruck schinden, aber von dem Augenblick an, in dem ich die Flügeltür des Portals durchschritt bis zur Ankunft in der Bar, wurde ich von einer Sekunde zur anderen hässlicher und kleiner. Ich kam mir einfach deplatziert vor.
Mr. Wander kannte ich von Bildern. Sein markantes Gesicht mit dem Monokel, das er wahrscheinlich nur aus Geltungsbedürfnis trug, konnte man allwöchentlich in
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