0134 - Der Goldene aus der Geisterstadt
begangen hat.«
»Da war eine schwarze Wand«, sagte Nicole zögernd.
Dauvoix beugte sich vor. »Erzählen Sie mehr davon. Ich hatte ohnehin vor, Sie zur Unfallschilderung herzubitten.«
Nicole erzählte, was sie von dem Unfall im Gedächtnis behalten hatte. Etwas enttäuscht lehnte der vierundvierzigjährige Junggeselle mit zunehmendem Haarausfall sich schließlich zurück.
»Etwas unglaublich«, sagte er. »Diese schwarze Wand muß doch irgendwoher gekommen sein. Und die nachfolgenden Fahrer haben nichts davon beobachtet. Seltsam, nicht wahr. Aber… vielleicht der Schock…«
»Sie wissen, womit mein Chef sich befaßte, nicht wahr?« fragte Nicole schroff.
Dauvoix nickte. »Parapsychologie.«
»In der Parapsychologie sind viele Dinge möglich«, sagte Nicole knapp. »Ich bin nicht daran interessiert, Ihnen jetzt und hier nähere Erklärungen zu geben. Vielmehr wollte ich Zamorras persönliche Sachen abholen. Sowohl das, was er am Leib trug, als auch die Sachen aus dem Wagen.«
»Bon, Mademoiselle, die können Sie haben. Natürlich gegen Unterschrift… andere Angehörige gibt es ja wohl nicht…«
»Nicht daß ich wüßte«, erwiderte Nicole. »Ich glaube, er ist der einzige Mensch auf der Welt, der überhaupt keine Verwandten besitzt.«
»Seltsam«, nuschelte Dauvoix.
Aber sicher, dachte Nicole. Er kann nicht erpreßt werden. Das gibt ihm unschätzbare Vorteile gegenüber den Dämonen - obwohl es wirklich seltsam ist… er hat nie über Verwandte gesprochen, solange ich ihn kenne, und das sind immerhin schon etliche Jahre…
Sie unterschrieb und hatte dann das zweifelhafte Vergüngen, zusammen mit Raffael die Kleidung und die tausend Kleinigkeiten einzupacken. »Kann ich ihn kurz sehen?« fragte sie schließlich. »In der Kllinik sagte man mir, er sei abgeholt worden…«
»Tut mir leid, Mademoiselle«, wehrte Dauvoix ab. »Aber heute nachmittag soll die polizeiliche Untersuchung stattfinden. Ich kann Sie im Moment beim besten Willen nicht… eine Stunde früher vielleicht…«
Da blitzte es in Nicoles Augen auf.
»Sie werden mich zu ihm lassen«, fauchte sie den Polizeichef an. »Und zwar sehr schnell, oder ich fahre mit Ihnen im Frühsommer Schlitten! Es ist mein Recht, den Toten zu sehen…«
Dauvoix gab nach. »Gut. Ich wollte Ihnen einen bösen Anblick ersparen. Die Verletzungen sind ziemlich schwer.«
Zehn Minuten später wurde es Nicole abwechselnd heiß und kalt, als sie den Toten sah. Dauvoix hatte nicht übertrieben.
Plötzlich wurde ihr etwas bewußt. Am Nachmittag sollte die polizeiärztliche Untersuchung stattfinden… man würde den Leichnam sezieren… das aber durfte nicht geschehen, falls Ansu Tanaar die Wahrheit gesagt hatte und es eine Möglichkeit gab, den Toten wieder zum Leben zu erwecken! Denn dann -war ihm jede Möglichkeit genommen!
»Lassen Sie die Aufschneiderei bitte bleiben«, verlangte Nicole. Der Kommissar hob erstaunt die Brauen. »Warum das?«
Nicoles Gedanken rasten. Sie konnte Dauvoix nicht die Wahrheit sagen. Er hätte sie sofort in eine Heilanstalt einweisen lassen, befürchtete sie.
»Weil ich es nicht wünsche«, erklärte sie dann nachdrücklich. »Ich untersage die Leichenöffnung in meiner Eigenschaft als Zamorras Verlobte«, log sie und wurde dabei nicht einmal rot.
Dauvoix Gesicht verdüsterte sich. »Damit machen Sie sich etwas verdächtig, Mademoiselle. Wir nehmen Drogeneinfluß an. Ich sage Ihnen das jetzt ganz offen, damit Sie wissen, wie ich zu dem Fall stehe. Wenn Sie die Sezierung verhindern, stellen Sie sich automatisch in den Verdacht, ein Interesse an Zamorras Tod zu haben…«
Nicoles Gesicht wurde bitter. Ausgerechnet ich, dachte sie. »Sie werden also meiner Aufforderung nicht nachkommen?«
»In Ihrem eigenen Interesse, Mademoiselle - nein!«
Nicole wirbelte herum. »Raffael, wir fahren sofort zu Doktor Randeil. Er wird eine einstweilige Anordnung erwirken müssen, egal wie!«
Auch der Diener hatte begriffen, was die Stunde schlug, daß Zamorras Wiederkehr gefährdet war. Er setzte sich in Bewegung. Sie ließen den etwas verblüfft wirkenden Polizeichef einfach stehen. In der Tür der Kühlkammer wandte Nicole sich noch einmal um.
»Müssen wir es unbedingt gerichtlich durchfechten?«
Dauvoix schwieg, aber sein Gesicht drückte grimmige Entschlossenheit aus.
Nicole und Raffael suchten auf dem kürzesten Weg Zamorras Hausanwalt, Dr. jur. Victor Randell auf. Der schon etwas ältere Mann mit Stirnglatze und eisgrautem Haar sah
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