0134 - Der Goldene aus der Geisterstadt
gewöhnt. In vielen Dingen ist er viel praktischer als ein Menschenkörper, vor allem nicht so verwundbar.«
»Also«, rekapitulierte Zamorra, »Zauberer gibts hier auch…«
»Zauberer, Schamanen, welche hauptsächlich Tempelpriester sind, Kobolde, Trolle, Hexen und dergleichen mehr. Du wirst sie wahrscheinlich kennenlernen, denn ich glaube weder, daß du wie jener Montagne in deine Welt zurückkehren kannst noch daß du im Blitztempo von irgendwem vorher erschlagen wirst. Du bist zu schnell.«
»Erfreuliche Aussichten«, murmelte der Meister des Übersinnlichen. Er musterte Smokie abermals intensiv.
»Und es hat nie eine Möglichkeit gegeben, dich zurückzuverwandeln?« fragte er plötzlich.
Smokie verneinte. »Das hätte nur der Zauberer gekonnt. Nur habe ich den ja gefressen. Schmeckte scheußlich…«
Zamorra schüttelte sich leicht. Die Leichtigkeit, mit der das Krokodil über diese grauenhafte Begebenheit hinwegging, ließ ihn frösteln. Er befürchtete, daß sich ihm jeden Moment der Magen umstülpen konnte. In gewisser Weise verfügte Smokie auch über den Charakter eines Krokodils.
»Und wenn ich es versuche?« murmelte er leise. »Meine latenten Para-Fähigkeiten, vom Dhyarra-Schwert verstärkt, und irgendwelche alten Zaubersprüche, das müßte reichen. Es müßte mit dem Teufel zugehen, wenn es in meiner Erinnerung nicht irgendeinen Rückverwandlungs-Spruch gäbe…«
Es waren keine leeren Worte. Zamorra verfügte, was Magie anging, über ein weitgespanntes Wissen. Sogar die Zaubersprüche, die in der Edda nur am Rande erwähnt werden, waren ihm geläufig. Denn er sammelte nicht nur Bücher über alles, was mit Okkultismus und Parapsychologie zu tun hatte, sondern las diese auch, oder zumindest die wichtigsten Teile. Das kam ihm in solchen Fällen zugute.
Smokie grunzte. »Wenn du meinst, daß es Erfolg hat… versuchen kannst du es ja, aber ob es Erfolg hat, nein, daran glaube ich nicht!«
Zamorra lächelte.
»Wir können es sofort versuchen«, schlug er vor. »Bleibe genau dort, wo du bist, und bewege dich nicht. Und rede mir in den nächsten zehn Minuten nicht dazwischen.«
»In Ordnung«, brummte das sprechende Krokodil.
Zamorra nahm das Schwert und zeichnete einen Drudenfuß um Smokie herum. Es störte ihn nicht, daß sie sich auf der Galerie unter freiem Himmel befanden und daß die Mittagssonne schien. Seltsam, schoß es Zamorra durch den Kopf. Eine Dimension, die nur diese Stadt umfaßte und sonst nichts, und dennoch stand eine Sonne am Himmel… es mußte ein eigenartiges Raumgefüge sein, in dem sich die Weiße Stadt befand.
Von den äußeren Einflüssen ließ er sich nicht beirren. Er praktizierte keine Schwarze Magie, die an die Dunkelheit der Nacht gebunden ist. Weiße Magie funktioniert überall und zu jeder Zeit, vorausgesetzt, man beherrscht sie und die störenden Einflüsse des Bösen sind nicht stärker. Hier aber war keinerlei Einfluß festzustellen.
Zamorra zeichnete einige Symbole in die Zacken des Drudensterns. Dann überlegte er und forschte in seiner Erinnerung nach einem dazugehörigen Zauberspruch. Dabei glaubte er nicht einmal wirklich, daß es gelingen würde. Er wollte nur einfach einen Versuch starten und daran die Kraft des Dhyarra-Schwertes messen. Smokie konnte dabei nichts Schlimmeres geschehen, als daß er Krokodil blieb.
Über Zamorras Lippen rannen die Worte, unaufhaltsam und mächtig. Und je länger er sprach, desto stärker spürte er plötzlich die Kraft, die von ihnen ausging und sich mit der Kraft des Drudenfußes vermischte. Er erschauerte leicht.
Die weiße Magie wurde aktiv!
***
Nicoles Finger glitten leicht über die Hieroglyphen des Amulettes. Sie spürte die magische Kraft, die in diesem Instrument wohnte, fühlte, wie unfaßbare Energien pulsierten. Es war das erste Mal, daß sie diesen Eindruck empfand. War es Einbildung, oder zeigte sich ihr das Amulett wirklich von einer unbekannten Seite?
Längst waren noch nicht alle Geheimnisse dieser Silberscheibe geklärt.
Schön, inzwischen wußten sie, wie sie entstanden war. Das war aber auch schon alles.
Nicoles Augen saugten sich an den Symbolen fest.
Ansu Tanaar hatte angedeutet, Nicole solle das Amulett nehmen und versuchen, ihrerseits den Kontakt zu erneuern, der durch eine unfaßbare Kraft aus einer jenseitigen Welt unterbrochen worden war. Doch wie dies vor sich gehen sollte, wußte Nicole nicht.
Sie war ratlos. Was sollte sie tun? Sie wußte nicht einmal, ob Zamorra einen Weg
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