0135 - Der Moloch
überließen Suko den Vortritt und gingen zum Fenster, wobei wir dem Bett den Rücken zuwandten. Wir wollten die beiden jetzt nicht stören. Nur Bill konnte es nicht lassen, hin und wieder über die Schulter zu schielen.
»Mann«, flüsterte er andächtig, »das ist vielleicht eine Begrüßung.«
»Neidisch?«
»Nee.«
Durch hartes Räuspern machten wir uns bemerkbar. Dann begrüßten wir Shao.
»Ihr könnt mich gleich mitnehmen«, sagte sie.
Ich hob beide Hände. »Abwarten. Du sollst dich erst einmal erholen.«
»Wovon denn?«
Suko antwortete auf die Frage. »Die Ärzte wollen dich noch auf eine Gehirnerschütterung hin untersuchen«, erklärte er. »Also sei ruhig.«
»Immer ich«, maulte Shao.
»Und jetzt erzähl mal, was euch passiert ist.«
Shao berichtete. Wir hörten gespannt und geduldig zu. Als sie von dem Auftauchen des Monsters und ihrem Kampf berichtete, hielt Suko die Hand seiner Freundin.
»Dann sah ich nur noch die riesige Faust und danach nichts mehr«, sagte Shao zum Schluß. »Ich bin erst wieder im Krankenhaus aufgewacht.« Sie befühlte ihr Kinn, das die Ärzte mit einer Salbe eingerieben hatten.
»Was mit Jane geschehen ist, hast du nicht gesehen?« hakte ich noch einmal nach.
»Nein, John, tut mir leid.«
Ich schaute Shao an. »Ist dir sonst noch etwas aufgefallen? Überlege genau.«
»Der Leichenwagen war ein Mercedes.«
»Und er hat euch länger verfolgt?«
»Ja.«
»Hast du vielleicht die Wagennummer?« fragte Bill Conolly dazwischen.
Auf einmal wurden Shaos Augen groß. »Himmel, wie konnte ich das vergessen. Ich habe die Nummer!«
»Und?« Wir fieberten plötzlich.
»Aber nicht hier.«
»Wo denn?« fragte ich.
»Jane muß sie haben. Ich habe sie notiert und den Zettel in ihre Handtasche gesteckt. Die Handtasche müßte im Wagen sein. Sie hat sie nämlich zurückgelassen, als sie auf den Leichenwagen zuging, denn die Astra-Pistole lag zu Hause.«
»Der Wagen steht beim nächsten Revier«, sagte ich. »Das ist keine Schwierigkeit.«
»Da müßte sich auch das Messer befinden«, meinte Suko.
Ich nickte.
Bill Conolly stand auf. »Dann nichts wie hin, Freunde. Ist ja nur ein Katzensprung.«
Ich schaute Suko an.
Der Chinese verstand mich und schüttelte den Kopf. »Ich bleibe noch bei Shao. Ihr könnt ja auf dem Rückweg vorbeikommen und mich abholen.«
»Machen wir.«
Bill stand bereits an der Tür. Er konnte es kaum erwarten. Das Jagdfieber hatte ihn gepackt.
»Da bist du ja wieder toll in einen Fall hineingeschlittert«, sagte ich grinsend.
»Und wie.«
Ich schloß die Tür. »Willst du Sheila nicht Bescheid sagen, daß wir Shao gefunden haben?«
»Natürlich.« Bill setzte sich neben mich und griff zum Hörer des Autotelefons.
Wir mußten wieder über die Chelsea Bridge. Mitten auf der Brücke bekam Bill die Verbindung.
Mit wenigen Sätzen erklärte er seiner Frau, was vorgefallen war, und er antwortete auch auf ihre Fragen. Dann sagte er: »Ja, ich bleibe weiter am Ball. – Natürlich, ich bin vorsichtig. – Klar, ich informiere dich, Darling. – Ich liebe dich.«
Bill hängte ein.
»Na, was sagt sie?«
Der Reporter hob die Schultern. »Sie hat natürlich Angst um Jane und kann verstehen, daß ich dich bei der Suche unterstützen möchte. Du hast ja in letzter Zeit zahlreiche Niederlagen erlitten, da muß dir jemand helfen.« Bill spielte auf Sir Powells Rede an.
Ich gab ihm die entsprechende Antwort. »Freu dich, daß ich beide Hände brauche, sonst könntest du mit deinem Gebiß im Rachen klappern.«
»Angeber!«
Ich grinste. An und für sich war ich froh, daß Bill Conolly mir zur Seite stand. Der Reporter war ein alter Kämpe und kannte sich dementsprechend aus.
Wir fanden die Polizeistation nach einigem Suchen. Sie lag in einer ruhigen Seitenstraße, deren Namen ich vergessen hatte.
Ich stellte den Bentley direkt hinter einem Streifenwagen ab und ging auf das hell gestrichene Gebäude zu. Bill folgte mir im Schlepptau. Zwei Beamte schauten auf, als wir die Bude betraten, die überheizt war. Ein weiterer Polizist verhörte im Hintergrund drei Rocker, die laut lamentierten und ihre Unschuld beteuerten, während eine ältere Frau daneben stand und weinte.
Ich zeigte meinen Ausweis.
Der Polizist, der sich nach unseren Wünschen erkundigt hatte, nahm Haltung an.
»Machen Sie keinen Zirkus«, sagte ich, »wir sind ja nicht beim Militär und nur gekommen, um die Handtasche abzuholen, die sich in Miß Collins’ VW befunden haben
Weitere Kostenlose Bücher