0135 - Der Rummelplatz-Boß
brummte:
»Dieser Mr. Loosing reist ein bißchen viel herum. Er liebt die Veränderung.«
»Er reist überhaupt nicht. Zu mindestens liebt er nicht die Veränderung. Er wohnt in New York oder in New Jersey.«
Phil hob erstaunt den Kopf.
»Woher willst du das wissen?«
»Ich weiß es nicht, aber ich vermute es. In diesem Fernschreiben werden eine Menge Städte genannt, in die sich der Mann sein Geld oder seine Papiere schicken ließ. Nur in zwei Städten scheint er nie gewesen zu sein: in New York und in New Jersey. Gib zu, daß es ziemlich unwahrscheinlich ist, daß ein Mann, der soviel herumfährt, ausgerechnet die größte Stadt Amerikas nicht berührt. Also nehme ich an, daß er nur die Aufmerksamkeit nicht darauf lenken will, und das kann nur den Grund haben, daß er hier wohnt.«
»In New York?«
»Ich würde eher annehmen, daß es sich um New Jersey handelt. New York hat er nicht erwähnt, weil beide Städte zu nah beieinanderliegen.«
»Nimmst du an, daß Loosing mit den Morden etwas zu tun hat?«
»Ich sehe, daß er einen merkwürdigen Lebensstil bevorzugt. Ich weiß nicht, ob’für diesen Stil noch die Ansicht von Mr. MacLean, daß manche Leute sich schämen, Geld auf dem Rummelplatz zu verdienen, ausreicht.«
Phil gähnte. »Vielleicht paßt Harold Loosing nur das Klima in unserer Bucht nicht, und ich muß sagen, daß ich ihn verstehen könnte.«
Er sah mich fragend an. »Hast du eine Ahnung, wie du Loosing finden kannst?«
»Ich werde es versuchen«, antwortete ich und nahm den Hörer ab. »Fernschreiben an FBI San Franzisko. Versucht zu erfahren, wohin California National Bank nächste Sendung für Harold Loosing schickt. Bemüht euch, Abholer der Sendung festzustellen. Keine Verhaftung, sondern Nachricht an FBI New York.«
Ich legte den Hörer auf.
»Heute abend sind wir zum Tee eingeladen«, eröffnete Phil.
»Bei wem?«
»Bei Marion Dent.«
»Den Namen habe ich nie gehört.«
»Ich bin sicher, daß die Dame einen gewaltigen Eindruck auf dich machen wird. Zieh ’nen dunklen Anzug an.«
***
Hendirk Chywer musterte das Mädchen, das vor ihm stand. Es war nicht mehr ganz jung, wenigstens nach Chywers Begriffen, der bei einer Fünfundzwanzigjährigen schon viel auszusetzen fand. Diese hier war mindestens sieben- oder achtundzwanzig Jahre alt; Sie war gut, aber nicht sehr elegant angezogen. Die ganze Erscheinung wirkte dörflich.
»Was wollen?« fragte der Fotograf und wickelte den Schal enger um den Hals.
»Ich heiße Ann Hoyer und komme aus Eyn City.«
»Eyn City? Kenne ich nicht. Wo Ist?«
»Es ist eine kleine Stadt im Staate Iowa, Mr. Chywer.«
»Nu, und was machen in New York? Was wollen?«
»Ich möchte gern ein Engagement finden. Ich habe Gesang studiert.«
»Pah, singen. Was singen? Fromme Lieder?«
»Nein, Schlager, Jazz, alles, was verlangt wird.«
»Schon aufgetreten?«
»Nein, meine Mutter wollte nicht, daß ich zur Bühne ging. Ich habe die Gesangsstunden heimlich genommen.« Der Fotograf zuckte nur die Achseln. »Ich möchte, daß Sie ein paar Bilder von mir machen, die ich den Agenturen einsenden kann.«
»Keine Zeit«, knurrte Chywer. »Sehr beschäftigt. Bedaure!« Und er faßte das Mädchen am Arm und schob es zur Tür.
»Aber ich habe Geld!« rief Ann Hoyer. »Ich bezahle sofort.« Sie ließ ihre Handtasche aufspringen.
Chywers wieselflinke Augen erspähten ein dickes Paket Dollarscheine. Sein Gesicht veränderte sofort den Ausdruck. Er schlug die schon halb geöffnete Tür wieder zu.
»Bitte«, sagte er mit einer abgrundtiefen Verbeugung. »Bitte, treten näher.«
Während er die Frau auf den Porträtstuhl setzte, ihr Gesicht nach links und rechts, nach oben und unten schob, die Szene ausleuchtete, Stoffe drapierte, ja sogar aus einer Ecke einen Hut holte, redete er ununterbrochen, aber er fragte auch. Bevor er zum erstenmal auf den Auslöser des Fotoapparates drückte, wußte er, daß Ann Hoyer erst vor drei Tagen in New Jersey angekommen war, daß sie seit Jahren davon träumte, als Sängerin aufzutreten, es aber auf 'Wunsch ihrer Mutter unterlassen hatte. Jetzt war ihre Mutter gestorben. Sie hatte den Besitz in Eyn City verkauft und hoffte, in New York Karriere zu machen.
»Ich glaube, die Aussichten sind in New York besser als in New Jersey, aber hier habe ich ein billiges Zimmer gefunden«, erzählte sie.. »Ich weiß, daß ich mich darauf einrichten muß, einige Monate auszuhalten, bevor ich ein erstes Engagement finde.«
»Wieviel Geld haben
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