0136 - Die Feuerhexe
hast, wird es dir kaum etwas nützen. Ich bin die bessere.«
Mit diesen Worten verschwand sie. Ich sah einen grauen Schemen durch den Raum wischen, hörte ein letztes Lachen und war wieder mit der Leiche allein.
Das Buch nahm ich mit in den Nebenraum. Dort gab es auch ein Telefon. Ich verständigte die zuständige Mordkommission und wartete ab. Auch Dr. Sprides Vorgesetzter bekam Bescheid, und eine Viertelstunde später war der Teufel los.
Superintendent Powell fand ich in seinem Büro. Ich erstattete ihm Bericht, diesmal sagte mein Chef nichts. Er meinte nur: »Bleiben Sie weiter am Ball, John.«
»Wird gemacht.«
Obwohl ich es wirklich eilig hatte, wartete ich noch über eine halbe Stunde. Dem Leiter der Mordkommission paßte es nicht, daß ich verschwand, er konnte doch nichts machen.
Ich fuhr nach Hause.
Für einen Augenblick dachte ich daran, Suko zu alarmieren, ließ es aber bleiben. Ich wollte erst die wichtigen Kapitel des Buches lesen. Sicherlich beobachtete mich die Hexe auch jetzt. Doch ich stand unter dem Schutz meines Kreuzes, sie konnte an mich nicht heran.
Im Wohnraum setzte ich mich in meinen Ledersessel und schaltete das Licht ein.
Schon die ersten Zeilen fesselten mich. Denn was ich zu lesen bekam, war so plastisch beschrieben, daß ich das Gefühl hatte, mitten in der Geschichte zu stehen…
***
Vergangenheit
1680 – in London grassierte der Hexenwahn. Auf dem Kontinent geboren, hatte er wie eine Woge auch die Insel überschwemmt. Ob katholisch oder protestantisch, überall wurden unschuldige Frauen als Hexen gejagt und verbrannt.
Dieser Wahn, von verrückten Fanatikern angeheizt, war auch nicht mehr zu stoppen. Er hatte sich, einem gewaltigen Feuer gleich, ausgebreitet und fast alle Menschen erfaßt.
Einige Besonnene, die zur Umkehr aufriefen, wurden ebenfalls an den Pranger gestellt und getötet.
Es war die Hölle.
Der Tower quoll über. Zu jeder Tagesstunde hörte man aus den dunklen Verliesen die Schreie der gepeinigten Frauen und dazwischen das Lachen ihrer Folterer, oft Söldner, die für wenig Lohn die schlimme Arbeit übernahmen.
Besonders taten sich die grausamen drei hervor. Sie waren in London bekannter als die kirchlichen Würdenträger, und gerade durch ihre Quälereien brachten sie es zu einem Bekanntheitsgrad, der auch von den damaligen Kirchenfürsten nicht überhört werden konnte. Die drei traten in deren Dienst und weiteten ihr Gebiet aus.
Dabei scheffelten sie nur so das Geld. Sahen sie eine schöne Frau, die gleichzeitig auch noch reich war, wurde zuerst ihr Mann getötet, sein Tod der Frau in die Schuhe geschoben, und dann machten sich die grausamen drei daran, das Vermögen der Person zu annektieren.
Sie kauften Land, wurden reicher und reicher.
Ihre richtigen Namen gerieten fast in Vergessenheit.
Eines Tages trafen Nick Savino, Arthur Doyle und Charles Lomax auf Godwina. Es war auf der Landstraße nach Birmingham, kurz vor London. Das Mädchen war allein und zu Fuß unterwegs. Es wollte nach London.
Sofort hielten die drei ihre Pferde an und nahmen die Kleine mit sich.
Sie wehrte sich, doch sie hatte keine Chance. Die Männer ritten lachend mit ihr los, bis sie einen kleinen Bauernhof erreichten, wo sie Godwina in eine Scheune warfen und sich an ihr vergingen.
Doch Godwina zerbrach nicht. Im Gegenteil, sie verfluchte die Männer.
Und sie sprach diesen Fluch so schaurig aus, daß den dreien Angst und Bange wurde.
»Das – das ist eine Hexe«, sagte Nick Savino zu seinen Kumpanen.
Die nickten.
»Und was geschieht mit Hexen?« flüsterte Arthur Doyle.
»Verbrennen!« rief Charles Lomax. »Hexen müssen auf den Scheiterhaufen.«
»Und zwar sofort«, meinte Savino.
In den Augen der drei Männer las Godwina ihr Schicksal. Sie wurde gefesselt. Mit stabilen Ketten. Sie konnte sich unmöglich befreien. Dann ließen sie sie liegen.
Draußen auf dem Bauernhof errichteten sie einen Scheiterhaufen.
Als der Besitzer von seinen Feldern zurückkehrte, stellte er sich gegen die Männer.
Er wurde getötet, wie auch seine Familie, und die Leichen wurden in das Reisig gepackt.
Schließlich besorgten sich die Kerle auch noch einen Pfahl, den sie in den Scheiterhaufen rammten. An diesen Pfahl wurde die blonde Hexe gebunden.
Mittlerweile war es Nacht geworden. Die Dunkelheit breitete ihr schützendes Tuch über das Land aus.
Die drei Männer wollten bis Mitternacht warten. Sie schlugen ihr Lager vor dem Reisighaufen auf, lachten, erzählten derbe Witze, aßen
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