0136 - Die Feuerhexe
schließen ziemlich früh, sie sind ja öffentlich.«
»Kann ich nicht mit?«
»Nein. Und tun Sie mir einen Gefallen. Bleiben Sie hier und verfolgen Sie den Fall nicht weiter.«
»Ja, ich werde daran denken. Es fällt mir aber sehr schwer.«
»Das glaube ich Ihnen.« Ich reichte der Lady die Hand und verabschiedete mich.
»Bin gespannt, wann wir uns wiedersehen«, meinte Mrs. Goldwyn zum Abschied. »Irgendwie habe ich das Gefühl, daß sich unsere Wege noch des öfteren kreuzen werden.«
»Kann sein.« Dann ging ich.
Draußen war es kühler geworden. Richtig kalt. Die Kälte drückte den Nebel dem Erdboden zu, wo er als dicker Schleier lag. Es war kein Vergnügen, durch den Londoner Nachmittagsverkehr zu fahren, aber es mußte sein.
Ich startete. Mein Ziel war der berühmte Tower am Ufer der Themse, direkt neben der noch berühmteren Tower Bridge. Beide Bauten waren zu allen Jahreszeiten von Touristen umlagert und umworben. Um mein Ziel zu erreichen, mußte ich quer durch London. Schwerstarbeit bei diesem Wetter. Zudem saß mir die Zeit im Nacken, denn ich wollte auf keinen Fall, daß die Hexe ihren Racheplan verwirklichte.
Dabei hatte sie ihr Netz längst geknüpft…
***
Der Tower, das alte Gefängnis, war von einem großen Park umgeben. Dort gab es auch Abstellplätze für die Fahrzeuge. Ich fand sehr schnell einen Parkplatz. Nur fünf Busse standen dort. Das schlechte Wetter begann sich auch auf den Besucherstrom auszuwirken.
Ich war nicht das erste Mal in diesem alten Gefängnis, nahm einen Seiteneingang und wurde von einem Portier gestoppt. »Sie wünschen?« fragte er mich.
Ich zeigte meinen Ausweis. »Ist Dr. Spride im Haus?«
»Ja, Sir.«
»Dann verbinden Sie mich bitte mit ihm.«
Er verschwand in seinem Häuschen. Ich wartete. Jeder Zoll Mauer atmete hier Geschichte. Unwillkürlich fröstelte ich. Auch jetzt machte der Tower auf mich einen unheimlichen Eindruck. Er war so groß und weitläufig, daß man sich darin verlaufen konnte. Vier Türme bildeten jeweils die Ausgangspunkte der verschiedenen Trakte. Von allen Türmen konnte man in den Innenhof schauen, über den jetzt Touristen spazierten und sich von sachkundigen Führern die Schrecken der Vergangenheit schildern ließen.
Rings um den Tower wuchs eine gewaltige Mauer. Auch sie war von mehreren Wachtürmen unterbrochen, so daß den damaligen Gefangenen eine Flucht unmöglich war.
»Dr. Spride möchte mit Ihnen reden, Sir.« Die Stimme des Portiers riß mich aus den Gedanken. Er reichte mir einen schwarzen Telefonhörer durch die Sprechöffnung seiner Kabine.
Ich meldete mich.
»Hallo, John, wie geht es Ihnen?«
Ich kannte den Wissenschaftler. Wir hatten bereits häufiger mit ihm zu tun gehabt.
»Nicht besonders, aber wenn Sie mir helfen, vielleicht ein bißchen besser.«
»Dann kommen Sie mal hoch. Der Portier kann Ihnen erklären, wo Sie mich finden.«
Das bekam ich auch gesagt. Ich mußte Treppen steigen, da es keinen Fahrstuhl gab.
Durch düstere Rundbogengänge schritt ich meinem Ziel zu. Hier verirrten sich keine Touristen hin, ich war allein in dem Gang, und meine Schritte hallten an den Wänden wider. Dr. Sprides Büro lag dicht vor einer Treppe.
Ich klopfte.
»Come in!«
Dr. Spride erwartete mich mit ausgebreiteten Armen. »Wir haben uns ja lange nicht gesehen«, sagte der Historiker und lächelte.
»Willkommen in meiner muffigen Bude.«
Dr. Spride war etwa in meinem Alter, kein vertrockneter Wissenschaftler, sondern ein Tiger. Mir war bekannt, daß er die Freundinnen wechselte wie andere die Hemden, er hatte einen unheimlichen Schlag bei Frauen. Er trug einen grünen Cordanzug, ein kariertes Hemd, wo sich die Farbe des Anzugs wiederfand, und einen unifarbenen Pullover. Sein dunkelblondes Haar war kurz geschnitten, die getönte Brille paßte zu seinem Typ.
»Was macht Jane Collins?« fragte er mich. Er hatte die Detektivin mal kennengelernt.
»Es geht ihr gut.«
»Schade, daß sie in festen Händen ist«, bedauerte er. »Ich habe bei ihr noch nicht landen können.«
»Sie müssen sich mehr Mühe geben.«
»Mühe allein genügt nicht.« Er lachte. »Aber Sie sind sicherlich nicht gekommen, um mit mir über Frauen zu sprechen. Was kann ich für Sie tun, John?«
Ich erklärte ihm mein Problem.
»Hm, das ist schwer«, sagte er und knetete sein Kinn. »Es sind viele Hexen verbrannt worden.«
»Auch mit dem Namen Godwina?«
»Sie lassen wohl nie locker, wie?«
»Stimmt.«
»Kommen Sie mit.« Dr. Spride führte
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