0136 - Die Feuerhexe
Unterschrift verschwunden. Die Tinte hatte sich aufgelöst.
Konnte so etwas auch mit dem Kokain passiert sein? Daß man ihm irgendein Pulver angedreht hatte, das sich hinterher in graue Asche verwandelte?
Ja, das mußte so sein. Eine andere Erklärung gab es für ihn einfach nicht.
Nur – wer kam dafür in Frage? Er dachte zuerst an den Händler.
Das war ein Mann namens Lalinga. Ein Ambonese aus Amsterdam, der dort den Laden leitete. Allerdings arbeitete Savino schon Jahre mit ihm zusammen, und bisher war alles glatt verlaufen. Warum sollte der Kerl ihn jetzt reinlegen?
Eine Frage, auf die er keine Antwort wußte, aber er wollte sich eine holen.
Lalinga zu sprechen, kostete ihn nur einen Telefonanruf. Die Nummer hatte er notiert.
Doch der Kerl war nicht da, und Savino wollte sich nicht von irgendeinem zweitklassigen Typ abspeisen lassen. Wütend hieb er den Hörer auf die Gabel und nahm wieder Platz.
Bis Mitternacht hatten sie ihm Zeit gegeben. Lächerlich, so etwas.
Das schaffte er nie. Er konnte ja nicht auf die Straße gehen und einfach Kokain kaufen.
Irgendein Hundesohn hat mich da reingelegt, dachte er.
Allerdings wußte er nicht, wer dafür in Frage kam. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als herumzusitzen. Die beiden würden kommen, das war sicher. Vielleicht konnte er mit ihnen reden. Schließlich arbeiteten sie schon lange zusammen. Sie mußten doch einsehen, daß er sie nicht betrügen wollte.
Er stand auf und griff zur Flasche. Es war alter schottischer Whisky, den er sich großzügig einschenkte. Mit einem Zug leerte er das Glas und lehnte sich zurück.
Nick Savino spürte die Wärme des Alkohols. Und er merkte auch, daß seine Sorgen praktisch hinweggeschwemmt wurden.
Sollten sie ihm doch erst einmal etwas beweisen. Außerdem wollte er sich wehren. Verdammt, so einfach abschießen konnten sie ihn nicht, da hatte er noch ein Wörtchen mitzureden.
Er trank noch einen Schluck. Drei Stunden blieben ihm, dann kamen sie wieder.
Er lachte plötzlich auf. Unbewaffnet und unvorbereitet sollten sie ihn auch nicht antreffen. Er schloß eine Seitenschublade am Schreibtisch auf und nahm seine Waffe hervor.
Eine 08. Lange hatte er damit nicht geschossen, aber verlernt hatte er auch nichts, da war er sich sicher.
Er lud das Magazin und schob es dann in den Griff. Mit einem klickenden Geräusch rastete es ein. Nick verstaute die Waffe im Hosenbund und setzte sich wieder vor seinen Schreibtisch. So wollte er sie auch empfangen…
***
Es war ein Bild des Grauens. Ich sah die leblose Gestalt.
Nur eine kam für diese schlimme Tat in Frage.
Godwina!
Jetzt hatte sie mir zum erstenmal präsentiert, wie grausam sie in Wirklichkeit sein konnte. Nein, das war längst kein Spaß mehr, das war der reine Terror.
Demnach mußte sie mich beobachtet haben, als ich zum Tower gefahren war. Klar, ihr Geist oder sie selbst schwebte irgendwo in einem Zwischenreich und konnte die Welt betreten, ohne daß wir etwas dagegen unternahmen.
Ich zog die Beretta und nahm auch das Kreuz hervor. So gewappnet betrat ich das Zimmer.
Es war ebenfalls ein Lagerraum. Links sah ich eine hölzerne Wendeltreppe, die in ein höher gelegenes Zimmer führte. Von der Hexe war keine Spur zu sehen. Ich befand mich mit dem Toten allein im Raum. Ich sah auch das Buch, das er geholt hatte. Es war ihm aus der Hand gefallen und lag dicht vor seinen Füßen auf dem Boden. Mußte er deswegen sterben? Vielleicht wollte die Hexe nicht, daß ich das Buch zu lesen bekam.
Jetzt gerade.
Ich schritt auf den Toten zu und hatte erst zwei Yards zurückgelegt, da hörte ich das Lachen.
Godwina war da!
»He, Sinclair, ich habe dir doch gesagt, daß ich schneller bin als du!«
Ich ballte die linke Hand. »Hör zu, Hexe«, sagte ich mit rauher Stimme. »Für diesen Mord hier wirst du bezahlen. Ich werde dich jagen, wenn es sein muß, in alle Ewigkeiten. Der Mann hat dir nichts getan. Du hast ihn trotzdem getötet.«
»Er wollte dir helfen.«
Mir kam eine Idee. Ich ging schnell vor und legte mein Kreuz auf das Buch.
Die Hexe fluchte.
Sie hatte ihre Chance verpaßt, das Buch an sich zu nehmen. Jetzt kam sie nicht mehr heran.
Ich aber hob beides gemeinsam hoch.
»Dein Ziel hast du nicht erreicht«, sagte ich. »Ich verspreche dir, daß du es auch nie erreichen wirst. Ich werde dich zuvor zum Teufel schicken, denn da gehörst du hin!«
»Nein, da komme ich her!« kicherte die Hexe. »Denk an meinen Racheplan, John Sinclair. Auch wenn du das Buch
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