0136 - Die Feuerhexe
eigentlich aus? Haben Sie ihn?«
Ich schüttelte den Kopf. »Leider nicht. Einmal war ich dicht dran. Dann ist Mondo wieder entkommen. Zudem war ich froh gewesen, überhaupt mein Leben retten zu können.«
»Ja, Sie haben es nicht leicht als Geisterjäger. Aber trotzdem muß Ihnen Ihr Job Spaß machen. Wäre ich nur 40 Jahre jünger, wir beide hätten ein vorzügliches Team abgegeben. Manchmal beneide ich Sie um Ihre Jugend.«
»Die geht auch vorbei.«
»Das sehen Sie an mir.«
Ich winkte ab. »Sie sind doch noch…« Ich stockte mitten im Satz, denn ich hatte eine Stimme gehört.
»Sprecht ihr von mir?«
Flüsternd schwebten die Worte durch den Raum, und beide hörten wir sie.
»Ob ihr von mir sprecht?«
Da stieß Lady Sarah mich an. »Das ist sie«, flüsterte sie. »Das ist die Hexe. Ich erkenne ihre Stimme…«
***
Nick Savino war Spediteur.
Damit verdiente er nach außen hin sein Geld und rechnete auch jedes Jahr brav beim Finanzamt ab.
Doch er hatte noch ein zweites Geschäft. Ein widerliches, schmutziges. Das hieß Rauschgift!
Savino gehörte zu den mittleren Dealern. Seine Wagen brachten den Stoff aus dem Orient mit, und er sorgte dafür, daß er in die richtigen Kanäle floß. Unter anderem auch in die der Mafia, somit stand Nick unter ihrem Schutz.
Die Polizei ahnte zwar etwas, aber bewiesen hatte man ihm nichts. Savino war zu schlau, ein wirklicher Fuchs, der immer durch die Maschen des Gesetzes schlüpfte.
In der letzten Woche hatte er einen fantastischen Fischzug gemacht. Da unter seiner Regie neuerdings auch Container-Schiffe liefen, hatte er eine neue Transportmöglichkeit für den Stoff gefunden. Von Amsterdam kommend hatte ein Schiff London angelaufen und Kokain mitgebracht. Zwei Kilo bestes Rauschgift.
Eine Brandbombe auf dem Londoner Ko-Markt. Alles war glattgegangen, und Savino hatte sich die Hände gerieben. Einen Tag lagerte er das Zeug in seinem Tresor. Er hatte zwei Telefongespräche geführt und erwartete nun den Besuch von Mafialeuten, die das Rauschgift abholen wollten. Eine dicke Provision war ihm sicher, denn Logan Costello, der Mann an der Spitze, zeigte sich immer sehr großzügig.
Und Costello würde zwei seiner Unterführer schicken, um das Zeug abzuholen. Allerdings hatte Costello auch eine Niederlage erlitten. In der letzten Woche war sein Bruder freiwillig aus dem Leben geschieden. Er hatte sich erschossen. Die genauen Tatumstände blieben allerdings im dunkeln.
Nick Savino dachte auch nicht darüber nach. Ihm war es egal.
Hauptsache, er bekam seine Provision.
Treffpunkt war wie immer sein Büro am Hafen. Hier hatte er auch seine Firma etabliert. Wenn er aus dem Fenster des einstöckigen Baus schaute, sah er auf die Themse, wo zahlreiche Schiffe fuhren und einen weißen Bart am Bug vor sich herschoben.
Savino beschäftigte vier Angestellte, zahlreiche Fahrer sowie Arbeiter. Seine Gangstergarde hielt er zurück. Davon ging nur hin und wieder jemand mit auf Tour, immer dann, wenn eine besondere Ladung ins Haus stand.
Nick war nervös. Er wußte das Rauschgift im Tresor, und er hatte immer Angst, daß irgendwann einmal die Polizei auftauchte.
Deshalb hoffte er auch, daß ihn Costellos Unterhändler nicht zu lange warten ließen.
Wer Savino anschaute, hätte in ihm alles vermutet, nur keinen eisenharten Geschäftsmann. Er war ziemlich klein, untersetzt, hatte eine Halbglatze und trug eine dicke Hornbrille. Und gerade dieses Unterschätzen hatte ihm viele Vorteile gebracht und manchem Gegner eine Kugel.
Feierabend.
Die Angestellten gingen. Niemand schaute bei Savino rein. Der Chef wollte nicht gestört werden, daran hielt man sich strikt. Auch der Abteilungsleiter. Er konnte noch nicht gehen, sondern stand an der Rampe, wo zwei Lastwagen mit Maschinenteilen für Ankara beladen wurden. Die Wagen waren »sauber«. Savino wollte erst einige Zeit verstreichen lassen, bevor er neuen Stoff heranschaffte.
Er zündete sich eine Zigarre an. Es war fast dunkel geworden. An den Piers gleißten die ersten Halogenscheinwerfer und machten die Nacht zum Tage.
Dann erschien der Beamte vom Zoll. Er versiegelte die beiden schweren Tracks.
Der Abteilungsleiter unterschrieb, und der Zollbeamte war zufrieden. Er ging.
Savino atmete auf. Er haßte alles, was Uniform trug. Hastig saugte er an seiner Zigarre. Er paffte die blaugrauen Wolken in die Luft.
Träge zog der Qualm durch den Raum und stieg wie Nebel an den Scheiben des Büros hoch.
Nick Savino zog die Vorhänge zu.
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