0136 - Falsche Spuren - echte Mörder
die Cops vom nächsten Revier gebeten hatten, die Gangster im Districtgebäude einzuliefern bis auf den Verletzten, der einen Schulterschuss hatte und ins Hospital gebracht wurde.
Mit unseren beiden Wagen fuhren wir zurück, nachdem wir die Wohnung durchsucht und versiegelt hatten. Unterwegs brummte Phil auf einmal: »Glaubst du, dass die Burschen für das Verschwinden der Mädchen verantwortlich sind?«
Ich hatte längst darüber nachgedacht.
»No«, sagte ich. »Niemals. Erpresser neigen selten zu Gewalttätigkeiten. Wir haben durch Zufall eine Erpresserbande ausgehoben, obgleich wir eigentlich ganz etwas anderes suchten. Ich fürchte, mein Lieber, der Fall beginnt im Grunde von vorn.«
***
Wir brauchten zwei Tage, bis wir die Burschen soweit hatten, dass sie sprachen.
Ihre Geschichte war einfach. Wie wir schon aus den Fotos gesehen hatten, fotografierten sie von den unmöglichsten Standorten aus mit Teleobjektiven Frauen und junge Mädchen, die sich unbeobachtet fühlten. Dann wurden die Opfer mit den Bildern erpresst. Wie die Halunken uns gestanden, hatten alle bezahlt. Vielleicht auch deshalb, weil die Burschen raffiniert genug gewesen waren, keine zu hohen Forderungen zu stellen.
Unter denen, die man so heimtückisch fotografiert hatte, war auch Lonny Roots gewesen, die verschwundene Bardame. Der Mex hatte von ihr das Geld für die Aushändigung der Negative zu kassieren. Dass sie ihn dabei nicht gerade freundlich angeblickt hatte, lässt sich denken. Dass sie allerdings zufällig von der Blonden dabei beobachtet wurde, war unser Glück gewesen.
Müde und abgespannt von den endlosen Vernehmungen verließen Phil und ich am zweiten Tag nach der Verhaftung der Burschen abends gegen halb acht das Districtgebäude.
»Genau, wie du sagtest«, gähnte Phil. »Mit dem Verschwinden der Mädchen haben sie nichts zu tun. Jetzt können wir zwar so nebenher dem Gericht eine Erpresserbande hinlegen, aber unsere eigentliche Aufgabe ist damit nicht erfüllt - im Gegenteil! Wir haben ein paar Tage verloren und sind noch genauso weit wie am Anfang!«
»Nur den Kopf nicht sinken lassen«, murmelte ich. »Morgen ist auch noch ein Tag, und wenn wir erst wieder ausgeschlafen sind, sieht alles ganz anders aus. Fangen wir eben noch einmal von vorne an. Es ist ja nicht der erste Fall, der uns dazu zwingt.«
Ich fuhr Phil mit dem Jaguar nach Hause und schlug dann die Richtung in meine Wohngegend ein. Unterwegs musste ich an einer Ecke warten, weil die Ampel auf Rot stand. Bei der Gelegenheit kaufte ich mir zwei Abendzeitungen.
Als ich sie zu Hause bei dem Scotch, den ich vor dem Schlafengehen noch trinken wollte, auf schlug, sprangen mir förmlich die Schlagzeilen in die Augen:
SETTSKAILMÖRDER VERURTEILT! Trotz ärztlich bescheinigtem partiellem Gedächtnisschwund sprachen die Geschworenen Joe Moore des Mordes schuldig. Er wurde zum Tod durch den elektrischen Stuhl verurteilt…
Ich hatte eine unruhige Nacht. Ich träumte von Joe Moore, von dem verstörten Gesicht eines Mannes, der sich an nichts erinnern konnte, der aber immer wieder schrie, er sei kein Mörder…
***
Am nächsten Morgen erschienen wir bei Mister High im Dienstzimmer, um die neue Lage zu besprechen.
»Eines steht eindeutig fest«, sagte ich abschließend, nachdem ich meinen Bericht geliefert hatte, »die Erpresserbande hatte und hat mit dem Verschwinden der Mädchen nichts zu tun. Wenn unter ihren Opfern nicht zufällig auch diese verschwundene Bardame Lonny Roots aus Ring Beils Bar gewesen wäre, hätten wir vermutlich gar keine Spur der Erpresser gefunden. Die betroffenen Mädchen und Frauen erwiderten auf unsere Frage, warum sie keine Anzeige erstattet hätten, ausnahmslos, sie hätten sich geschämt, weil die Fotos doch dann der Polizei in die Hände fielen und vielleicht sogar in die Zeitungen kämen.«
»Welch ein blühender Unsinn!«, seufzte Phil dazu. »Manche Leute haben eine Vorstellung von der Polizei, die zum Himmel stinkt. Aber Jerry hat recht, wir wären den Erpressern nie auf die Spur gekommen, wenn nicht die verschwundene Lonny Roots zu ihren Opfern gehört hätte.«
»Welche Folgerungen wollen Sie beide nun für Ihren eigentlichen Fall ziehen?«, fragte der Chef.
Ich hob die Hände.
»Da gibt es nicht viel zu folgern, Chef! Wir müssen von vorn anfangen. Das ist alles, was wir tun können.«
»Und wie stellen Sie sich das im Einzelnen vor?«
Ich zog die Stirn in Falten. Die Sache war nicht einfach, und ich hatte mir schon
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