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0137 - Die Bestien der Madame

0137 - Die Bestien der Madame

Titel: 0137 - Die Bestien der Madame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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täuschen.
    Er sah aus, als könnte er jeden Augenblick auf uns losgehen.
    Ich hatte schon mehrmals mit dieser scheußlichen Brut zu tun gehabt.
    Und dieser Ghoul hier sah echt aus. Ich weigerte mich zu glauben, er wäre nur eine Puppe.
    Das war der perfekteste Horror, den ich je gesehen hatte.
    Es stimmte nicht nur alles an dem Ghoul, sondern auch die Umgebung war ihm total angepaßt. Vor uns waren Gräber zu sehen.
    Ein Teil eines finsteren Gottesackers.
    Der Friedhof war das Reich des schrecklichen Wesens. Mondlicht – natürlich künstlich, aber perfekt gemacht – erhellte dürftig die unheimliche Szene.
    Jane Collins hatte nicht den Wunsch, näher an den Ghoul heranzugehen. Bill Conolly drängelte sich zwischen uns hindurch und faßte das Wesen an.
    »Kalt«, stellte er fest. »Wie ein Eisblock. Und ebenso leblos.« Er klopfte mit den Knöcheln auf den bleichen Schädel.
    Mir war, als würde der Ghoul mich feindselig anstarren. Und als ich weiterging, hatte ich das Gefühl, das Ungeheuer würde mir nachsehen. Ein Trick von Madame M.? Eine Sinnestäuschung?
    Realität? Ich vermochte es nicht zu sagen.
    In der nächsten Abteilung sahen wir ein Stück Dschungel.
    Täuschend echt nachgemacht. Zwischen Lianen, Farnen und Schlinggewächsen stand eine Tigerfrau – zum Sprung geduckt. Ihr Blick schien uns töten zu wollen. Das Maul war geöffnet. Kräftige Raubtierzähne und krallenbewehrte Tatzen wirkten bedrohend.
    Aus dem Urwald wehte uns ein Hauch des Todes entgegen. Kein Leben war in der Nähe der Tigerfrau, und derjenige, der sie betrachtete, hatte das Gefühl, daß auch er nicht mehr lange zu leben hatte.
    Als nächstes blickten wir in eine graue schmucklose Gruft, in deren Mitte ein schwarzer Sarg stand. Mit violetter Seide ausgeschlagen. Von Meisterhand bearbeitet. Und in dem Sarg saß ein Vampir.
    Kreidebleich. Die schmalen Hände klammerten sich um den Sargrand. Der Blutsauger war gerade im Begriff, seine Ruhestätte zu verlassen. Eine unheimliche Momentaufnahme.
    Der Vampir schien nur unseretwegen aus dem Sarg zu steigen.
    Weil er nach unserem Blut gierte.
    »Schaurig«, flüsterte Jane Collins.
    »Gut arrangiert«, pflichtete ich ihr bei. Bei jedem Monster stimmte das Drumherum in jedem Detail, und diese Gesamtheit rief erst jene unheimliche Atmosphäre hervor, die an Dichtheit und Intensität nicht zu übertreffen war.
    »Ob wir Madame M. zu Gesicht kriegen werden?« fragte Bill Conolly.
    »Das hoffe ich«, sagte ich.
    Wir gingen weiter.
    Beim Anblick eines Werwolfs gab es mir unwillkürlich einen Stich. Die Augen der Bestie schienen zu glühen. Das gesträubte Fell, die hochgezogenen Lefzen, die mörderischen Pranken, alles wirkte dermaßen echt, daß mein Mund trocken wurde.
    Es war noch nicht lange her, da hatte ich genauso ausgesehen.
    Schrecklich.
    Mir war so ekelhaft zumute, daß ich trachtete, schnell weiterzukommen. An dieses Erlebnis wollte ich tunlichst nicht mehr erinnert werden. Es saß mir auch so noch tief in den Knochen.
    »Hast du was?« fragte Jane.
    »Ja. Ich habe was gegen Werwölfe«, knurrte ich ganz hinten in der Kehle.
    Jane kannte den Grund. Sie nickte schweigsam. Wir gingen weiter. Dabei kam mir ein furchtbarer Gedanke. Ohne einen besonderen Grund fielen mir die Menschen ein, die in letzter Zeit verschwunden waren. Niemand wußte, wohin sie gekommen waren. Sie waren nie wieder aufgetaucht.
    Vielleicht war es verrückt, aber hatten sie möglicherweise ihren Weg zu Madame M. gefunden?
    Wir waren hier von grauenerregenden Geschöpfen umgeben.
    Halb Mensch – halb Bestie!
    Hatte Madame M. diese Ungeheuer aus den verschwundenen Personen gemacht? Dieser Gedanke fesselte mich. Er ließ mich nicht mehr los. Wenn ich schon hier war, wollte ich auch in dieser Richtung recherchieren.
    »John!« sagte plötzlich Bill Conolly. Er blieb wie angewurzelt stehen.
    Meine Augen folgten seinem Blick. Bill stieß die Luft geräuschvoll aus. Und mir stockte unwillkürlich der Atem, denn wir hatten einen alten Bekannten vor uns: den Drachen der vergangenen Nacht!
    ***
    Glenda Perkins setzte zwei Schreiben auf, die John Sinclair nur noch zu unterzeichnen brauchte. Sie legte die Blätter in die Unterschriftenmappe, holte ihre Puderdose aus der Handtasche und warf einen gestrengen, prüfenden Blick in den kleinen runden Spiegel.
    »Was gefällt John eigentlich nicht an dir?« fragte sie ihr Spiegelbild. »Oder andersherum gefragt: Was hat Jane Collins, was du nicht hast?« Sie zuckte mit den Schultern

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