0137 - Wir und die Diamanten-Gang
sodass bei oberflächlicher Prüfung die Fälschung nicht erkannt wurde. Rein gefühlsmäßig tippte ich auf Bianca, aber das Motiv war zu schwach. Sie hatte keinen greifbaren Vorteil davon, wenn Lucia vorläufig nicht heiratete, und früher oder später würde das ja doch geschehen. Wenn es nicht Paul King war, denn eben ein anderer.
Nur wenn Lucia vorher sterben sollte, würde Bianca alles erben, und wenn sie auch geldgierig war, so musste sie wissen, dass sie in diesem Fall unweigerlich in Verdacht kommen würde. Dieses Risiko ging nur jemand ein, der keinen anderen Ausweg wusste. Auch im schlimmsten Fall, wenn Lucia heiratete und Marinos Vermögen aus der Treuhänderschaft und damit aus Gainors Händen genommen wurde, konnte man mit einer Erbschaft von 500 000 Dollar rechnen. Das war ein Haufen Geld, und niemand, der auf legale Weise darankommen kann, wird einen Mord begehen, nur um mehr zu erlangen, am wenigsten eine Frau.
Anders war es mit der Gelegenheit. Um vier Uhr dreißig hatte Marino den Scheck Nummer 379 843 ausgeschrieben, und um ungefähr ein Uhr war er gestorben. Am Morgen um acht Uhr waren sowohl die Polizei als auch wir an Ort und Stelle gewesen, ebenso wie Rechtsanwalt Gainor. Es war anzunehmen, dass das Scheckbuch vor diesem Zeitpunkt gestohlen worden war. Allerdings blieb festzustellen, wann Gainor Marinos Papiere gesichtet und diese zusammen mit den Scheckbüchern in Verwahrung genommen hatte.
Sofort, nachdem wir im »El Mirador« angekommen waren, rief ich Gainor an und befragte ihn darüber.
Er war sichtlich verlegen und stotterte.
»Leider muss ich Ihnen einen unverzeihlichen Fehler eingestehen. Ich hätte alle Papiere sofort nach Mr. Marinos Tod sicherstellen müssen, war aber der Ansicht, es komme dabei nicht auf einen Tag an. So verschob ich es also auf den nächsten Morgen, und während der Nacht ge-58 schah der Einbruch. Ich habe dann natürlich sofort alles durchgesehen und leider nicht bemerkt, dass ein Scheckbuch fehlte.«
»Danke, das genügt mir«, sagte ich.
»Ich werde doch hoffentlich keine Unannehmlichkeiten bekommen«, entgegnete er. »Meiner Meinung nach kann King der Einbrecher nicht gewesen sein. Er muss das Buch schon einen Tag vorher oder noch früher entwendet haben.«
Ich äußerte mich nicht dazu und hängte ein. Es war auch meine Ansicht, dass die Einbrecher sich nicht um Marinos Scheckbücher gekümmert hatten. Die Sinclair und ihr Spießgeselle waren hinter ganz anderen Dingen her. Immerhin waren zwischen dem Tod Marinos und der Sicherstellung seiner Papiere mehr als vierundzwanzig Stunden vergangen, Zeit genug, um sich aller Dinge zu bemächtigen, die begehrenswert erschienen. Wer jedoch das Scheckbuch an sich gebracht hatte, tat dies nur in der Absicht, King des Betruges zu verdächtigen.
Phil und ich überlegten hin und her, ohne zu einem Schluss zu kommen.
»Sollte Lucia vielleicht einen Verehrer haben, den sie abblitzen ließ und er sich auf diese Art an seinem glücklicheren Rivalen rächen wollte?«, grübelte mein Freund.
»Dann müsste dieser-Verehrer über das Testament Bescheid gewusst und Zutritt zu Marinos Haus gehabt haben«, widersprach ich. »Aber auch das können wir nachprüfen.«
Lucia war sofort am Telefon. King hatte sich bereits für den nächsten Morgen angemeldet, und sie war glücklich darüber. Von einem anderen ernsthaften Bewerber wusste sie nichts. Gewiss, sie kannte eine ganze Reihe junger Männer, dabei war aber keiner, der Grund gehabt hätte, eifersüchtig zu sein.
Als wir bei der Polizei vorfuhren, merkten wir sofort, dass Großkampftag war. Es standen nicht weniger als vier Wagen mit dem Kennzeichen LA vor dem Eingang, und in Lieutenant Haverleys Office saßen ebenso viele Herren um den Schreibtisch herum. Wir kannten keinen von ihnen. Als der Lieutenant uns sah sprang er auf und stellte vor.
»G-man Cotton und G-man Decker vom FBI New York District mit Spezialvollmacht für Bearbeitung vorliegenden Falles. Staatsanwalt Holbermann, Chief of Detectivs Major Dunday, Rechtsanwalt Singleton, alle aus Los Angeles.«
Es gab ein allgemeines Händeschütteln, und dann zogen auch wir uns zwei Stühle heran. Natürlich ging es um Brillanten-Fred und seine Gang. Die Anwälte hatte der Obergangster bestellt. Auf welchem Weg, wusste niemand, aber sie waren da und versuchten ihre üblichen Tricks.
Natürlich waren unsere Kollegen klug genug, ihnen vor Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen vierundzwanzig Stunden jede Verbindung
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