0138 - Der Höllensohn
entscheidend«, antwortete Ibn Osman. »In der Mitte der Insel ist eine dunkle Fläche, und dort… ihr werdet es erleben.«
Bald hatten sie die Insel erreicht, die aus braunem Gestein bestand und einen Durchmesser von nur dreißig Metern hatte. Im Zentrum der Insel sah Zamorra einen schwarzen Fleck, der eigenartig schimmerte. In der Nähe dieses Fleckes war es viel kühler, als es hätte sein dürfen.
Zamorra und Roger Marais saßen ab. Der Professor nahm seinen Einsatzkoffer in die Rechte. Ibn Osman war sehr ernst, als er sich an Zamorra wendete.
»Jetzt werde ich endgültig für meine schlimmen Taten als Sklavenhändler sühnen«, sagte er. Er trat in die Mitte des schwarzen Flecks, Zamorra und Roger Marais mußten am Rand stehenbleiben. »Ihr sollt nun die ganze Wahrheit wissen. Der Mensch, der das Tor zur Dämonenwelt öffnet, muß sterben. Ich weiß es aus den alten Sagen und Überlieferungen. Ich werde mein Leben hingeben, und ich hoffe nur, daß es nicht umsonst ist. Wenn ich tot bin, dann ruft den Namen des großen Dschinns, und ihr werdet in sein Reich gelangen.«
Zamorra wollte den Marabut abhalten. Er wollte ihm sagen, daß es einen anderen Weg geben müsse. Aber Ibn Osman hielt bereits den langen Wanderstab schräg über den Kopf.
»Imtaaaah!« schrie er mit lauter Stimme.
Das hieß öffnen. Sofort verfinsterte sich der Himmel. Ein eiskalter Wind fauchte. Um Ibn Osman entstand eine dunkle Sphäre, so daß Zamorra und Roger Marais ihn nur noch undeutlich und schemenhaft erkennen konnten.
Der Marabut stieß einen Schrei aus, der selbst das Heulen des Windes übertönte.
»Allah!« rief Ibn Osman, der ehemalige Sklavenhändler, Räuber und Mörder, der ein heiliger Marabut geworden war.
Entseelt sank er nieder. Aber er hatte das Tor ins Jenseits geöffnet.
Die Schwärze wurde zu einer flimmernden dunklen Stelle. Zamorra und Roger Marais hatten keine Zeit zu verlieren. Die beiden Männer in der hellen Tropenkleidung traten vor.
»Ins Reich Dschafar al Kharums!« sprach Zamorra entschlossen, und sie überschritten die Schwelle des Tors zur Dämonenwelt.
Für eine Zeit, die sie nicht näher definieren konnten, hörten sie Sphärenklänge und sahen Leuchterscheinungen und grelle Farben eines überirdischen Spektrums. Ein strahlendes Licht gleißte in der Höhe, und tief unten brodelte die Finsternis der Dämonen und Verdammten.
Dann standen der Professor und der junge Franzose im Park von Schloß Foggora. Sie sahen jenes düstere, monströse Gebäude und die grinsende Fratze des Dämons dahinter. Aber hundert von Steinstatuen standen in verschiedenen Haltungen umher, manche lagen, saßen oder kauerten auch.
Schrille Laute und dämonisches Geschrei, Heulen und Klagen marterten die Ohren. Ein stechender Dunst drang in die Atemwege und legte sich beklemmend auf die Brust.
Giftgrün leuchtete es aus den Fenstern des Dämonenschlosses.
Noch wartete und lauerte Dschafar al Kharum, Zamorra und Roger Marais liefen umher und sahen sich die Statuen an.
»Hadda!« rief Roger Marais verzweifelt und umklammerte die graue Steinstatue eines hübschen jungen Targi-Mädchens mit Isâr, Stirntätowierung und Silberschmuck.
Nicht weit von dieser Statue entfernt, nahe der Grenzen des Dämonenreiches, standen Bill Fleming und Nicole Duval nahe beieinander, zu porösem grauem Stein erstarrt. Zamorra fand sie.
Augenblicke stockte ihm der Atem. Dann nahm er sein silbernes Amulett hervor und preßte es an die Stirn und gegen die Herzgegend Nicoles und Bills.
»Im Namen des Lichts und des Guten!« rief er. »Gebt sie frei, Mächte der Finsternis, Kräfte des Abgrunds! Das Leben soll sie wiederhaben, der Meister des Übersinnlichen gebietet es kraft seines Geistes und magischen Amuletts aus der Hand des großen Merlin. – Nicole Duval, Bill Fleming, werdet wieder zu den Menschen, die ihr vormals wart!«
Ein Blitz umlohte die beiden Statuen. Von einem Moment zum anderen verschwanden sie, und Dschafar al Kharums satanisches Gelächter gellte.
»Wurm Zamorra!« schrie er. »Du wirst sie niemals wiedersehen! Ich habe Nicole Duval und Bill Fleming in die Unendlichkeit geschleudert. Zwischen den Zeiten und durch die Dimensionen werden sie treiben in Ewigkeit, bis Himmel und Erde vergehen! Dich aber erwarte ich in meinem Thronsaal!«
Zamorra stieß einen Schrei aus. Er fühlte sich jäh aller Hoffnungen beraubt. Eine abgrundtiefe Verzweiflung überkam ihn und wollte ihn zur völligen Selbstaufgabe bringen. Doch er
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