0139 - 200 Minuten um Leben und Tod
lässt sich schon etwas anfangen«, meinte Phil. »Wir haben nämlich unsere Sammlung auch nach Größen sortiert. Wir werden bei den Leuten mit sechs Fuß anfangen.«
Die Chancen, den Mann schneller als in drei oder vier Stunden zu finden, standen drei gegen eins. Aber so wie man an manchen Tagen alles verkehrt macht, was man nur anfängt, weil nichts klappen will, so hatten wir an diesem Tag einmal das Glück auf unserer Seite.
Schon die siebzehnte Karte zeigte das Foto des gesuchten Mannes.
»Das ist der zweite Mann, der mit den beschmierten Händen, die er im Gras abgewischt hat«, sagte der Neger.
»Sind Sie sicher?«
»Ganz und gar.«
»Okay. Da haben wir ja mal Glück gehabt«, sagte Phil. »Ich danke Ihnen sehr für Ihre Hilfe. Ich werde Sie jetzt mit einem Dienstwagen nach Hause fahren. Und dann kaufe ich mir Nummer zwei. Wenn ich mich nicht sehr täusche, können die Akten dieses Mordfalls schon morgen abgeschlossen werden.«
Er telefonierte mit der Fahrbereitschaft um einen Dienstwagen und geleitete dann den alten Mann fürsorglich zum Lift. Sie fuhren hinab, verließen das Erdgeschoss des Districtgebäudes durch den Hinterausgang, der in den Hof führt, und nahmen in einem Dienstfahrzeug Platz, nachdem sich Phil vom Leiter der Fahrbereitschaft den Wagenschlüssel geholt hatte.
Mit Sirenengeheul jagte Phil wieder hinauf in die 125 th Street, die in diesem ganzen verwickelten Fall eine außerordentliche Rolle spielte.
Wenn Jerry sich diesen Hinkenden holt, dachte Phil, dann kann ich ebenso gut inzwischen den anderen kassieren. Und aus lauter Übermut, weil sie so schnell einen so überraschenden Erfolg in der Suche nach dem zweiten Gangster gehabt hatten, beschloss er, alles zu versuchen, um noch früher mit dem anderen zurück zu sein als Jerry.
Mit diesen Gedanken beschäftigte sich Phil, bis er das Haus erreicht hatte, in dem der alte Neger wohnte. Phil bedankte sich noch einmal für die freundliche Hilfe und brachte den Alten die Stufen hinauf und bis an seine Wohnungstür.
Darauf verabschiedete er sich eilig, stürmte die Treppe hinunter und sprang wieder in seinen Dienstwagen.
Bloyd Stephen hieß der Mann, den er suchte. Hätte er sich etwas mehr Zeit genommen und die Karte des Mannes genauer angesehen, hätte er den Vermerk finden müssen:
Vorsicht! Stephen ist ein gefährlicher Messerwerfer! Nur mit gezogener Waffe nähern!
Aber diesen Hinweis hatte Phil nicht gelesen, denn auch er interessierte sich nur für die Wohnung des Mannes, und die war mit der Hausnummer 184 in der East 125 th Street angegeben.
Zur gleichen Zeit waren wir zwei Häuser voneinander entfernt und wussten es nicht. Dabei hätte der eine den anderen bitter notwendig gebraucht…
***
Ich hob langsam die Arme.
»Zwei Schritte vorwärts!«, kommandierte der Kerl in meinem Rücken.
Ich gehorchte.
»Rechts um!«
Ich tat es.
»Drei Schritte vorwärts!«
Ich tat auch das.
»Noch mal rechts um!«
Ich drehte mich langsam.
Die Ratte kam in mein Blickfeld. Der Kerl musste sich hinter der offenstehenden Tür versteckt haben, die in den Flur hinausführte. Ich war auf den dümmsten Trick hereingefallen, den sich ein FBI-Beamter nur vorstellen kann: sich hinter der offenstehenden Tür zu verstecken und dem Eintretenden so in den Rücken zu fallen.
Ich biss mir vor Wut auf die Unterlippe, dass es schmerzte.
»Wer bist du?«, fragte die Ratte.
»Cotton«, sagte ich.
»Damit kann ich nichts anfangen. Von wem kommst du?«
Ich zuckte die Achseln.
»Von gar keinem. Es war mein eigener Wunsch, dich einmal zu sehen, Ratte.«
»Woher kennst du meinen Spitznamen? Bist du vom Fach?«
Von welchem Fach meinte er wohl? Ich zuckte wieder die Achseln.
»Woher sollte ich sonst deinen Spitznamen wissen?«
Er sah mich aus seinen pfiffigen, kalten Äuglein an wie die Schlange ihr Opfer.
»Ich weiß nicht«, murmelte er. »Es gibt viele Möglichkeiten, den Spitznamen eines Mannes zu erfahren.«
»Sicher«, sagte ich nur.
Er nagte an seiner Unterlippe. Dabei kamen ein paar Schneidezähne zum Vorschein, die tatsächlich einer Ratte Ehre gemacht hätten. Vielleicht hatte er daher seinen Spitznamen.
»Woher weißt du, wo ich wohne?«
Mir kam ein verwegener Gedanke.
»Das habe ich bei Johnny gehört«, sagte ich.
»Bei welchem Johnny?«
»Stell dich nicht an! In der Kneipe!«
»Von wem?«
Ich grinste.
»Das sage ich lieber nicht. Sonst machst du meinetwegen Stunk mit dem armen Kerl, und dann werde ich nie wieder etwas von
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