0139 - Im Land des Vampirs
Schnell…«
Ich zögerte, weil mich das Bild faszinierte. Das also war mein Gegner. Zum erstenmal sah ich ihn als Fledermaus und wurde immer begieriger darauf, ihm gegenüberzustehen. Lange sollte es nicht mehr dauern.
Doch er war nicht allein. Ich sah drei, nein, vier Fledermäuse, die ihn umkreisten.
Ebenfalls Vampire.
Und sie hockten nicht auf dem Felsen, sondern schwebten hoch über dem Wasser. Lautlos bewegten sie sich durch die Luft, wie Drachenflieger. Ihr Ziel war das andere Ufer.
»Jetzt holen sie sich ihre Beute«, flüsterte Ilona. »Die wollen bestimmt zu uns.«
Das Mädchen hatte Angst. Auch mir war nicht gerade wohl in meiner Haut. Die Fledermäuse boten einen schaurigen Anblick. Sie schwebten mit ausgebreiteten Flügeln auf die Flußmitte zu und zogen dort ihre Kreise. Das Ufer, an dem wir standen, hatte noch kein Tier erreicht.
»Ich fürchte mich.« Ilona klammerte sich an mich. Ich spürte die Gänsehaut, die sie überkommen hatte. »Laß uns von hier weggehen. Ich will nicht gebissen werden.«
»Noch ist es nicht soweit. Außerdem kann ich mich sehr gut wehren, mein Kind.«
»Womit denn?«
»Das zeige ich dir mal später oder wenn es soweit ist.«
Ich ließ die fliegenden Monster keine Sekunde aus den Augen.
Kaum vorstellbar, daß es sich bei ihnen um Menschen, als auch Fledermäuse handelte.
Sie waren beides.
Der größte Vampir hockte nach wie vor auf der Felsspitze. Ihn hätte ich gern abgeschossen, aber die Entfernung war für einen Pistolenschuß viel zu weit.
Ein paar Vampire tauchten plötzlich in den über dem Wasser liegenden Nebel ein, verschwanden, und wenig später hörten wir einen Schrei.
»O Gott, jetzt holen sie einen!« Ilona flüsterte es entsetzt und krallte ihre Hände in meinen Arm.
Ja, sie hatten sich einen geholt.
Plötzlich stiegen sie wieder aus dem Nebel. Und zwei von ihnen hielten einen leblosen Körper in ihren Klauen, den sie davontrugen und zur Burg schafften.
»Wieder ein Opfer für den Herrn Grafen«, flüsterte das Mädchen.
»Und er schaut nur zu.«
Ja, das stimmte. Fariac begnügte sich mit einer passiven Rolle. Ich hatte aber gesehen, wie die Sache lief, und das war schon viel wert.
»Laß uns gehen, John.«
Diesmal gab ich Ilonas Bitte nach. Sie atmete auf, als ich nickte.
Wir schlugen uns wieder in das Unterholz. Heute hatte ich noch nicht viel unternehmen können, doch in der nächsten Nacht würde ich auf einem Boot sein. Wenn die Vampire auftauchten, gab es Stoff. Aber richtig, ihnen sollte Hören und Sehen vergehen.
Wir erreichten die kleine Lichtung. Von dem Alten war nichts zu sehen. Er schlief im Wagen.
»Leg du dich auch hin«, sagte ich zu Ilona.
»Willst du nicht mitkommen?«
»Nein«, erwiderte ich lächelnd. »Ich werde hier draußen schlafen. Aber wenn ihr ein Messer habt, dann hätte ich es gern.«
»Willst du dir eine Waffe schnitzen?«
»Ja, einen Eichenpfahl.«
»Wir haben auch Weihwasser. Warte, ich hole dir beides.« Ilona verschwand im Wagen. Ich aber ging zu einer großen Eiche, die mir zuvor schon aufgefallen war. Mit großer Mühe gelang es mir, einen Ast abzubrechen.
Als ich ihn in der Hand hielt, tat es mir leid, daß ich ihn um die Hälfte verkürzen mußte, denn so war er viel zu lang.
Ilona hatte das Messer gebracht. Es hatte eine leicht gebogene Klinge, die bläulich schimmerte.
»Beste Schmiedearbeit«, erklärte sie.
»Das sehe ich.«
Über dem Knie brach ich den Ast, schnitt ihn am anderen Ende noch ein wenig zurecht und begann damit, ihn anzuspitzen. Ich sah die Müdigkeit in Ilonas Augen und schickte sie zu Bett.
Sie nahm mich noch einmal in den Arm, dann verschwand sie in ihrem Wagen.
Ich setzte mich neben die erkaltete Feuerstelle und begann zu schnitzen. Die Klinge streifte die Rinde ab, schnitt in das Holz, als bestünde es aus Butter.
Eine halbe Stunde verging. Ich gewöhnte mich an das Schnitzen und schaffte es tatsächlich, eine weiße Spitze zu bekommen. Der Pfahl war etwas länger als mein Unterarm, ich wog ihn, als er fertig war, in der Hand, schloß meine Finger um den Griff und machte heftige Stoßbewegungen.
Ja, der Pfahl lag gut in meiner Faust.
Ein Eichenpfahl, dem Vampir durch die Brust gestoßen, ist schon tödlich. Ich verdoppelte die Wirkung noch, indem ich den Pfahl mit dem geweihten Wasser übergoß.
Nun besaß ich drei Waffen. Das Kreuz, die Beretta und den Eichenpfahl. Ich fühlte mich einigermaßen gerüstet.
Das Weihwasser brachte ich wieder zum Wagen. Je mehr
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