0139 - Wo der Werwolf lauert
Gabö an Bill Fleming und Nicole Duval. Der Gedanke peinigte ihn, alles falsch angefangen zu haben. Vielleicht hätte er doch von Anfang an die ganze Wahrheit sagen sollen.
Nicole Duval und Bill Fleming irrten als Wölfe durch den nächtlichen Karpatenwald, in dem die Dämonenwölfe jagten. Was würde mit ihnen geschehen? Frantisek konnte nur hoffen, daß sie die Nacht überlebten.
Dann hing alles von Professor Zamorra ab. Nur er konnte helfen und die verworrene Lage klären. Außer ihm vermochte keiner den Höllenspuk des Schönen Gunodescu und seiner Dämonenwölfe zu beenden und Nicole Duval und Bill Fleming zu retten. Es ging auch um Frantisek Gabös Haut, der Pope würde ihn nicht einfach gehen lassen, wenn Zamorra ihn nicht restlos überzeugte.
***
Der graue Wolf und die weiße Wölfin rannten durch den nächtlichen Wald. Ihre tierischen Sinne trugen ihnen Witterungen zu, die sie als Menschen nie gekannt hatten. Ihr scharfes Gehör registrierte jedes Knacken im Unterholz.
Sie hechelten, der graue Wolf hängte die Zunge aus dem Maul, um sich Kühlung zu verschaffen. Mit zitternden Flanken blieben sie endlich auf einer kleinen Lichtung stehen.
Sie schauten sich an, sich zu verständigen hatten sie bisher auf der Flucht noch keine Zeit gehabt. Beide waren unverletzt, sie wurden von den Einwohnern von Dragoviste nicht verfolgt.
Doch da waren noch die Dämonenwölfe und der Dämon vom Oituz-Paß, von dem sie bisher noch nichts Näheres wußten. Sie äugten umher, der finstere Wald war fremd für sie.
Denn ihre Erfahrungen waren die von Menschen. Aber da gab es auch tierische Instinkte, die an die Oberfläche ihres Bewußtseins stiegen und die den menschlichen Verstand verdrängen wollten. Nicht nur Hunger und Durst, auch psychische Qualen marterten die beiden Verhexten.
Sie mußten um ihren Verstand kämp fen, das bedeutete wiederum ein Handicap für sie. Denn mit den wölfischen Instinkten hätten sie sich in dem finsteren Wald besser zurechtgefunden.
Bill Fleming winselte fragend. Nicole Duval morste ihm ihren Bescheid zu. Die weiße Wölfin benutzte das rechte Auge wie ein Blinklicht, sie schloß es kurz oder lang.
»Zamorra kommt«, teilte sie Bill Fleming mit. »Wir müssen bis dahin aushalten. Am besten, wir suchen uns einen Unterschlupf für die Nacht.«
»Du hast recht«, morste Bill zurück.
»Hoffentlich gerät uns der Dämon nicht in die Quere, oder die Dämonenwölfe stöbern uns auf. Zum Teufel, ich glaube, ich habe mir in dem dreckigen Stall Flöhe geholt.«
Er kratzte sich heftig mit dem rechten Hinterlauf. Nicole spürte noch nichts. Verzweilfung wollte sich ihrer bemächtigen. Sie, die mondäne, schöne Frau, strich als ein Tier durch finstere Wälder. Gefahren bedrohten sie von allen Seiten, von innen heraus begannen die tierischen Instinkte, ihre menschliche Natur aufzulösen.
Wie sollte das enden? Ein jaulender Laut drang aus der Kehle der weißen Wölfin. Sie unterdrückte ihn, denn sie wollte nicht wie ein Tier reagieren.
Bill Fleming knurrte leise. Hintereinander trotteten der graue Wolf und die weiße Wölfin durch den Bergwald. Sie hörten die Schreie von Nachtvögeln und sahen und witterten Tiere im Unterholz. Hasen und Kaninchen, Rehe und einen Dachs.
Der Hunger nagte in den Eingeweiden des grauen Wolfes. Mit äußerster Energie mußte er den Jagdtrieb unterdrücken, der ihn anwies, sich mit den Zähnen eine Beute zu holen. Aber Bill Fleming ahnte, daß es mit seinem Menschsein ein für allemal vorbei sein würde, wenn er erst einmal ein Beutetier schlug und wie ein Wolf roh verzehrte.
Nicole Duval hatte die gleichen Probleme. Es war ein gräßliches Gefühl, schlimmer als drohender Wahnsinn.
Endlich fanden die beiden eine Höhle am Berghang. Sie witterten hinein, mit ihren Wolfsaugen konnten sie in der Dunkelheit gut sehen. Früher hatte einmal ein Bär in dieser Höhle gehaust, der graue Wolf und die weiße Wölfin rochen die Witterung noch schwach.
»Hier bleiben wir«, morste Bill Fleming.
Nicole nickte. Sie scharrten trockenes Laub in der Höhle zusammen und bereiteten sich ein Lager für die Nacht. Nebeneinander lagen sie da und wärmten sich gegenseitig. Hunger, Durst und die innere Pein quälten sie, sie konnten keinen Schlaf finden.
Ohne die Hoffnung auf die baldige Hilfe durch Zamorra hätten sie vielleicht schon in dieser Nacht ihren animalischen Trieben nachgeben und wären zu Tieren geworden. Mit ihren Morsezeichen verständigten sie sich noch lange und
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