014 - Das Geheimnis der gelben Narzissen
sich bei dem Offizier der Feuerwehr, der die Löscharbeiten leitete.
»Es wird Tage dauern, bevor wir dort eindringen können, und ich fürchte, daß nichts mehr zu holen ist. Das ganze Gebäude ist ausgebrannt. Sie sehen ja selbst, daß der Dachstuhl schon eingestürzt ist. Ich glaube nicht, daß man noch irgendwelche Papiere oder Aktenstücke finden wird, es sei denn, daß sie in einem feuersicheren Schrank eingeschlossen waren.«
Dicht neben Tarling stand Sir Felix Solomon und starrte in die Flammen. Er schien durch die Zerstörung seiner Büroräume nicht sehr betroffen zu sein.
»Unser Schaden ist durch die Versicherung gedeckt«, sagte er mit philosophischer Ruhe. »Es ist auch nichts Wichtiges verbrannt, natürlich mit Ausnahme der Akten und Geschäftsbücher der Firma Lyne.«
»Waren sie denn nicht in einem feuerfesten Gewölbe aufbewahrt?« fragte Tarling.
»Nein, sie waren nur diebessicher untergebracht. Merkwürdigerweise brach gerade in diesem Raum das Feuer aus. Und selbst wenn wir sie in einem feuerfesten Gelaß untergebracht hätten, hätte das auch nicht viel genützt, denn das Feuer brach zwischen den Akten wie von selbst aus. Diese erste Nachricht erhielten wir durch einen Angestellten, der in die Keller hinunterstieg und sah, daß zwischen den Eisengittern des Raumes 4 die Flammen herausschlugen.« Tarling nickte.
»Ich brauche wohl nicht zu fragen, ob die Bücher, die Mr. Milburgh heute schickte, auch dort aufbewahrt wurden?« Sir Felix sah ihn erstaunt an.
»Sie wurden natürlich zu den anderen Akten und Büchern der Firma gelegt. Sie waren ja noch bei mir im Büro, als das geschah. Aber warum fragen Sie danach?«
»Weil es meiner Meinung nach keine gewöhnlichen Bücher waren. Wenn ich mich nicht vollständig irre, enthielt das Paket drei große Kontobücher, die innen ausgehöhlt und deren äußere Hüllen zusammengeleimt waren. Innen befand sich Thermit und ein Uhrwerk, das es zu einer bestimmten Zeit durch eine Stichflamme in Brand setzte.«
Sir Felix sah ihn erstaunt an. »Sie machen wohl einen Scherz!« Aber Tarling schüttelte den Kopf. »Nein, es ist mein voller Ernst.«
»Aber wer sollte denn so etwas Furchtbares tun? Einer meiner Angestellten wäre beinahe dabei umgekommen!«
»Der Mann, der dieses Verbrechen begangen hat, ist derselbe, der die Nachprüfung der Geschäftsbücher unter allen Umständen verhindern wollte.«
»Sie meinen doch nicht etwa -«
»Ich will im Augenblick keinen Namen nennen, und wenn ich aus Versehen den Mann, von dem ich spreche, zu deutlich gekennzeichnet habe, so hoffe ich, daß Sie meine Mitteilung als vertraulich ansehen«, erwiderte Tarling.
»Kein Wunder, daß Milburgh wegen der bevorstehenden Revision so zuversichtlich war«, sagte er bitter. »Der Teufel hat das Paket mit den Büchern dorthingeschleppt und hat den Zeitzünder auf die Minute eingestellt. Nun, heute abend können wir nichts mehr unternehmen - was Milburgh angeht.« Er schaute auf seine Uhr.
»Ich gehe jetzt zu meiner Wohnung zurück und fahre später nach Hertford.«
Er hatte sich noch keinen festen Plan gemacht, was er in Hertford unternehmen wollte. Er hatte nur eine unklare Vorstellung, daß ihn seine dortigen Nachforschungen, wenn sie nur sorgfältig und mit Umsicht durchgeführt würden, der Aufklärung des Geheimnisses näherbringen würden. Diese hübsche Dame, die in solchem Luxus lebte und deren Gatten man so selten zu sehen bekam, konnte ihm vielleicht weitere Auskunft geben.
Es war schon dunkel, als er zu dem Hause von Mrs. Rider kam. Er hatte diesmal keinen Wagen genommen und ging den weiten Weg von der Station nach dem Hause zu Fuß, da er unter allen Umständen vermeiden wollte, daß man auf ihn aufmerksam wurde. Das Gebäude lag an der Hauptstraße, hinter einer hohen Mauer. Auf der anderen Seite bildete ein Gestüt die Grenze.
Man gelangte durch ein großes schmiedeeisernes Tor in den Garten. Bei seinem ersten Besuch hatte es offen gestanden, und er war damals glatt hindurchgegangen und hatte ohne weiteres das Haupthaus erreicht. Heute war das Tor geschlossen.
Er leuchtete mit seiner Taschenlampe umher und fand eine elektrische Klingel, die anscheinend in der Zwischenzeit angelegt worden war. Er läutete nicht, sondern setzte seine Untersuchungen fort. Etwa fünf bis sechs Meter vom Tor entfernt lag ein kleines Häuschen, aus dem ein Lichtschimmer drang. Vermutlich das Gärtnerhaus, zu dem auch die Klingelleitung führte. Jetzt hörte er ein Pfeifen.
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