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014 - Das Geheimnis der gelben Narzissen

014 - Das Geheimnis der gelben Narzissen

Titel: 014 - Das Geheimnis der gelben Narzissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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grimmig und drehte das Licht an. Aber er taumelte bestürzt gegen die Tür zurück, denn der Eindringling war niemand anders als Odette Rider. In der Hand hielt sie die gestohlene Ledertasche.

24
    Er war sprachlos. Endlich raffte er sich zusammen. »Sie?« fragte er verwundert. Odette war bleich und wandte kein Auge von ihm. »Ja, ich bin es«, sagte sie leise.
    »Wie kommen Sie hierher?« Er ging auf sie zu, streckte die Hand aus, und sie übergab ihm die Tasche ohne ein Wort.
    »Nehmen Sie bitte Platz«, sagte er freundlich.
    Er fürchtete, daß sie ohnmächtig werden könnte.
    »Ich hoffe, daß ich Sie nicht verletzt habe. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung -«
    »O nein, Sie haben mich nicht verletzt«, sagte sie müde, »nicht in dem Sinn, wie Sie es meinen.«
    Sie zog einen Stuhl an den Tisch und legte den Kopf in die Hände. Er stand neben ihr, verlegen und erschrocken über diese neue unerwartete Entwicklung.
    »Dann waren Sie also der Besucher auf dem Rad?« sagte er nach einem langen Schweigen. »Das hatte ich nicht vermutet.«
    Plötzlich kam ihm der Gedanke, daß Odette Rider doch nichts Verbotenes begangen hatte, wenn sie zu dem Haus ihrer Mutter radelte oder wenn sie eine Ledertasche nahm, die wahrscheinlich ihr Eigentum war. Wenn überhaupt jemand ein Unrecht begangen hatte, so war er es selbst, denn er hatte etwas an sich genommen und zurückbehalten, worauf er nicht das geringste Recht besaß. Sie schaute bei seinen Worten auf.
    »Ich? Auf einem Rad? Nein, das war ich nicht.«
    »Wie, das waren Sie nicht?«
    »Ich war wohl dort - ich sah, wie Sie Ihre elektrische Lampe andrehten und war ganz in Ihrer Nähe, als Sie die Ledertasche aufhoben«, sagte sie tonlos, »aber ich saß nicht auf dem Rad.«
    »Wer war es denn?« fragte er; sie schüttelte den Kopf.
    »Geben Sie mir bitte die Tasche zurück!«
    Sie streckte ihre Hand aus, aber er zögerte.
    Nach allem hatte er kein Recht oder irgendeinen Anspruch darauf. Er fand einen Ausweg, indem er die Tasche auf den Tisch legte. Sie machte keinen Versuch, sie an sich zu nehmen.
    »Odette«, sagte er freundlich und legte seine Hand auf ihre Schulter, »warum vertrauen Sie sich mir nicht an?«
    »Was soll ich Ihnen denn anvertrauen?« fragte sie.
    »Sagen Sie mir doch alles, was Sie über den ganzen Fall wissen, ich möchte Ihnen so gern helfen, und ich kann es auch.«
    Sie schaute zu ihm auf.
    »Warum wollen Sie mir helfen?«
    »Weil ich Sie liebe«, sagte er leise.
    Es war ihm, als ob er diese Worte nicht selbst gesprochen hätte, sondern als ob sie aus weiter Ferne kämen. Er hatte ihr nicht sagen wollen; daß er sie liebte. Er war sich dieser Tatsache auch nie klar bewußt geworden, und doch sprach er die Wahrheit.
    Der Eindruck seiner Worte auf Odette schien ihm ungewöhnlich. Sie schrak nicht zurück, sie sah ihn auch nicht erstaunt an. Sie senkte nur den Blick auf die Tischplatte und sagte: »Ach!«
    Die unheimliche Ruhe, mit der sie die Tatsache aufnahm, die Tarling fast den Atem raubte, war für ihn die zweite große Erschütterung in dieser Nacht. Sie mußte alles längst gewußt haben. Er kniete an ihrer Seite nieder und legte den Arm um sie, aber er tat es nicht aus vorsätzlichem Willen, er wurde von einer stärkeren Kraft dazu gezwungen.
    »Odette, liebe Odette«, sagte er sanft, »bitte, vertraue mir doch alles an.«
    Sie hatte den Kopf noch gesenkt und sprach so leise, daß er sie kaum verstehen konnte.
    »Was soll ich Ihnen sagen?«
    »Was weißt du darüber? Siehst du denn nicht, daß sich immer mehr Verdachtsgründe gegen dich häufen?«
    »Worüber soll ich denn Auskunft geben?« fragte sie wieder. »Soll ich den Mord von Thornton Lyne aufklären? Ich weiß nichts davon.«
    Er streichelte sie sanft, aber sie saß starr und steif aufgerichtet, und ihre Haltung flößte ihm Furcht ein. Er ließ seine Hand sinken und erhob sich. Sein Gesicht war bleich und traurig. Langsam ging er zur Tür und schloß sie auf.
    »Ich werde Sie jetzt nichts mehr fragen«, sagte er mit unheimlicher Ruhe. »Sie wissen selbst am besten, warum Sie in dieser Nacht in mein Zimmer eindrangen - ich vermute, daß Sie mir folgten und hier im Hotel auch ein Zimmer nahmen. Ich hörte kurz nach meiner Ankunft hier jemand die Treppe heraufkommen.« Sie nickte.
    »Brauchen Sie das?« fragte sie und zeigte auf die Ledertasche, die noch auf dem Tisch lag.
    »Nehmen Sie es mit sich.«
    Sie stand unsicher auf und wankte. Im nächsten Augenblick stand er an ihrer Seite und fing

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