Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
014 - Das Geheimnis der gelben Narzissen

014 - Das Geheimnis der gelben Narzissen

Titel: 014 - Das Geheimnis der gelben Narzissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
schönen Gewölbe, das ist so groß wie ein Haus und steht auf dem Highgate-Kirchhof. Zwei Türen führen hinein, sie sind so schön und so groß wie Kirchentüren. Und dann muß man eine kleine Marmortreppe hinuntersteigen.«
    »Wer sind Sie eigentlich?« fragte Milburgh. Er war so von Furcht gepackt, daß seine Zähne klapperten.
    »Sie kennen mich nicht?« Der kleine Mann schaute ihn scharf an. »Sie haben doch gehört, wie er Ihnen von mir erzählt hat? Ich bin Sam Stay - ich habe mehrere Tage im Warenhaus gearbeitet. Alles, was Sie haben, stammt von ihm. Jeden Pfennig, den Sie verdienten, haben Sie von Mr. Lyne bekommen. Er war freundlich zu allen Menschen, zu den Armen und Elenden, selbst zu einem Verbrecher, wie ich es bin.« Seine Augen füllten sich mit Tränen.
    Mr. Milburgh sah sich um, ob ihn auch niemand beobachtete.
    »Reden Sie keinen Unsinn«, sagte er leise. »Und hören Sie einmal zu. Wenn Sie jemand fragt, ob Sie Mr. Milburgh gesehen haben, dann sagen Sie nein, haben Sie mich verstanden?«
    »Ich habe Sie wohl verstanden. Ich kenne Sie ganz genau. Ich kenne alle Leute, mit denen er in Verbindung stand. Er hat mich aus dem Schmutz aufgelesen.«
    Sie waren zusammen langsam weitergegangen und hatten eine stille Ecke im Park erreicht. Milburgh setzte sich auf eine Bank und ließ den anderen neben sich Platz nehmen.
    Zum erstenmal war er mit der Wahl seiner Verkleidung zufrieden. Der Anblick eines Pastors, der mit einem abgerissenen Mann sprach, mochte wohl auffallend sein, aber er konnte unter keinen Umständen Verdacht erregen. Es gehörte ja zu den Pflichten eines Geistlichen, die Armen und Elenden zu trösten, und man konnte annehmen, daß sie ein ernstes religiöses Gespräch miteinander führten.
    Sam Stay schaute neugierig und mißtrauisch auf das schwarze Gewand und den weißen Kragen.
    »Seit wann sind Sie denn Pastor geworden?« fragte er. »Das ist schon eine ganze Weile her«, sagte Milburgh glatt. Er versuchte sich alle Tatsachen ins Gedächtnis zurückzurufen, die er über Sam Stay gehört hatte, aber er wurde dieser Mühe durch den anderen enthoben.
    »Man hat mich irgendwo im Land eingesperrt, aber Sie wissen ja ganz genau, daß ich nicht verrückt war, Mr. Milburgh. Er hätte sich doch nie mit jemand abgegeben, der nicht richtig im Kopf ist. Und Sie sind nun mit einemmal Geistlicher geworden?« Er nickte plötzlich klug und verständig. »Hat er Sie zum Geistlichen gemacht?« fragte er dann neugierig. »Mr. Lyne konnte wunderbare Dinge tun. Haben Sie die Leichenrede über ihn gehalten, als er begraben wurde? Sie wissen doch, in dem schönen kleinen Gewölbe in Highgate? Ich habe ihn dort gesehen. Ich gehe jeden Tag dorthin. Ich fand es ganz durch Zufall. Zwei kleine Türen führen hinein. Sie sind wie Kirchentüren.«
    Mr. Milburgh seufzte lange und tief. Er erinnerte sich jetzt daran, daß Sam Stay in eine Irrenanstalt gebracht worden war. Er hatte auch erfahren, daß er von dort wieder ausgebrochen war. Es war gerade nicht sehr angenehm, sich mit einem entsprungenen Wahnsinnigen zu unterhalten. Aber man konnte ja auch hieraus seinen Vorteil ziehen. Mr. Milburgh war ein Mann, der keine günstige Gelegenheit vorübergehen ließ. Wie konnte er sich dies zunutze machen? Wieder wurde er durch Sam Stay selbst darauf gebracht.
    »Ich werde die Sache mit diesem Mädchen noch in Ordnung bringen -«, sagte er, hörte aber plötzlich auf zu sprechen und biß sich auf die Lippen, dann schaute er auf und sah Milburgh verschmitzt lächelnd an. »Ich habe nichts gesagt, Mr. Milburgh, nicht wahr? Ich habe nichts gesagt, was mich verraten könnte?«
    »Nein, mein Freund«, erklärte Milburgh mit dem wohlwollenden Tonfall eines Geistlichen. »Von welchem jungen Mädchen sprechen Sie denn?«
    Das Gesicht Sam Stays verzerrte sich zu einer wütenden Grimasse.
    »Es gibt nur ein Mädchen, das ich meinen könnte«, sagte er böse. »Aber ich werde sie noch kriegen! Mit der will ich einmal abrechnen! Ich habe hier etwas für sie -«, er faßte suchend in die Tasche, »ich dachte, ich hätte es bei mir, ich habe es doch so lange mit mir herumgetragen. Aber ich habe es schon irgendwo, ich weiß es bestimmt!«
    »Also dann sind Sie auf Miss Rider nicht gut zu sprechen?« fragte Milburgh. »Hassen Sie sie denn so sehr?«
    »Ja, ich hasse sie!«
    Der kleine Mann stieß es wütend hervor. Sein Gesicht hatte sich dunkelrot gefärbt, seine Augen leuchteten in unheimlichem Feuer, und seine beiden Hände zuckten

Weitere Kostenlose Bücher