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014 - Das Haus der boesen Puppen

014 - Das Haus der boesen Puppen

Titel: 014 - Das Haus der boesen Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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könnte ich jeden Moment erkennen, dass ihre Körper aus Plastik waren.
    Es war eine Form von Verfolgungswahn, und ich wusste es.
    Aber diese Unsicherheit ließ sich nicht so einfach abschütteln.
    Als ich das Hotel erreichte, sah ich keine Kinder weit und breit.
    Frau Gilbert erwartete mich bereits mit Unruhe, obwohl ich früher kam als abgemacht. Ich berichtete ihr von meinen Nachforschungen im Kaufhaus, erzählte, was ich über die neuen ELEVA Puppen erfahren hatte und von den Reklamepuppen vor den Eingängen. Vorsichtig deutete ich an, dass ihre Phantasie wohl doch etwas mit ihr durchgegangen sei. Sie blieb skeptisch und war nicht von dem Gedanken abzubringen, dass ihr Mann in der Auslage stehe. Sie kam immer wieder mit neuen Argumenten, so dass ich schließlich selbst nicht mehr wusste, was ich denken oder glauben sollte.
    »Aber das ist verrückt!« rief ich.
    Ich hatte vergessen, zum wievielten Male.
    Eindringlich erwiderte sie: »Natürlich ist es verrückt. Alles, was in den letzten Tagen geschah, ist verrückt. Es mutet an wie Zauberei. Wie Hexerei. Vielleicht ist es Hexerei. Irgendein böser Zauber.«
    »Hören Sie auf!« sagte ich ärgerlich.
    »Versprechen Sie mir eines: Wenn Sie heute in dieses Geschäft gehen und man Ihnen wirklich die Puppe zeigt, sehen Sie sich den Rücken an. Knapp unter dem rechten Schulterblatt hat Eddie ein daumengroßes Muttermal. Wenn diese Puppe es auch hat, dann versprechen Sie mir, nicht länger zu zweifeln.«
    Ich nickte und versprach, sofort nach diesen endgültigen Ermittlungen mit den restlichen Koffern zu ihr zurückzukommen.
    Als ich mich verabschiedete, erhielt sie einen Anruf von Kommissar Mellardt. Ich erkannte seine laute, drohende Stimme sofort, obwohl ich einige Schritte entfernt stand. Er hatte auch mich damals verhört, als ich wie ein neugeborenes Kind aus meiner Ohnmacht erwacht war. Seine Stimme gehörte mit zu den ersten Dingen, die mir im Gedächtnis haften blieben.
    Er berichtete ihr, dass eine Leiche gefunden worden sei, deren Identität bis jetzt nicht festzustellen war, und bat sie, zu kommen. Sie sollte klären, ob es sich um den Vermissten Eduard Gilbert handelte oder nicht. Größe und Haarfarbe stimmten mit der Beschreibung grob überein.
    Sie stimmte zu und sagte dann ruhig zu mir: »Er ist es sicher nicht.«
    »Woher wollen Sie das wissen?« fragte ich und fügte beschämt hinzu: »Verzeihen Sie. Ich verstehe nicht, wie ich so gedankenlos sein konnte, die schmerzliche Gewissheit herauf zu beschwören, statt Ihnen Trost zu geben.«
    »Lassen Sie nur.« Sie lächelte abwesend. »Ich muss Ihnen abergläubisch erscheinen.« Und als ich keine Antwort gab, fuhr sie fort: »Ich glaube, dass es böse Kräfte gibt, mit denen man anderen Menschen Leid zufügen kann. Kräfte, die nicht physikalisch erklärbar sind. Ich glaube einfach, dass es Hexen gibt, und Zauberer, die die Geister in uns beschwören können.«
    Als ich sie ungläubig ansah, schüttelte sie traurig den Kopf.
    »Glauben Sie nicht, dass die Welt schrecklich leer wäre ohne die Furcht vor dem Übernatürlichen?«
    Ich nickte benommen.
    »Und die Furcht vollkommen sinnlos, wenn es sie nicht gäbe?« flüsterte sie mit großen Augen. »Die Geister und Dämonen …«
    »In unserer Phantasie.«
    »Vielleicht. Vielleicht …«
     

     

Während der ganzen Fahrt zum Kaufhaus beschäftigten mich ihre Worte. Ihre simple Bejahung dieser abergläubischen Dinge bedrückte mich. Es erschien mir plötzlich alles sinnlos. Sie war verrückt. Sie glaubte an Hirngespinste. Und wenn ich klug war, brachte ich ihr so schnell wie möglich ihre Koffer und machte mich aus dem Staub. Ich hatte zu viele eigene Probleme, um meine Zeit mit Narren zu vergeuden, die an Medizinmänner und Hexerei glaubten. Ihrer hatte es in der Vergangenheit zu viele gegeben. Sie waren der Vernunft zu lange im Wege gestanden, als dass man einen Funken von Sympathie an sie verschwenden konnte.
    Aber da waren noch unterbewusste Zweifel in mir oder einfach eine irrationale Neugier. Ich wollte dieser Sache mit dem Muttermal nachgehen, bevor ich den Dingen den Rücken kehrte.
    Es war verrückt, aber es war immer noch ein Stück Vergangenheit in uns, ein Funken barbarischer Furcht vor – vor was eigentlich? Die Vernunft sagte nein. Aber wenn erst der Keim des Zweifels da ist, scheint alle Logik sinnlos. Wie hatte Carlotta Gilbert gesagt? Wie leer wäre die Welt ohne das Übernatürliche. Ich riss mich los von dem Gedanken. Das war ihre Welt,

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