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014 - Das Haus der boesen Puppen

014 - Das Haus der boesen Puppen

Titel: 014 - Das Haus der boesen Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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hatte. Was dann? Überzeugen konnte ich sie nur, wenn ich log. Ich musste ihr einfach die Wahrheit verschweigen, bevor ihre Zweifel und abergläubischen Ideen noch mehr von mir Besitz ergriffen. Ich fühlte, dass ich hilflos war, denn ich konnte auf keine schützenden drei Jahrzehnte von Erfahrung und Realität zurückblicken. Ich hatte keine Erinnerung, keine Vergangenheit, aus der ich Überzeugung schöpfen konnte. Nur ein halbes chaotisches Jahr voll unbeantworteter Fragen.
    Ich beschloss, sie anzurufen. Es war leichter, in diesen schwarzen Hörer hineinzulügen als in ihr ängstliches Gesicht.
    Als ich nach dem Hörer griff, fiel mein Blick auf das Fenster.
    Ich hielt inne. Kleine Hände tasteten sich von der linken Seite her heran und griffen vorsichtig nach dem Mauerrand. Ein Fuß folgte. Dann der Körper, Zentimeter um Zentimeter. Schließlich stand sie vor dem Fenster auf dem schmalen Blech, eine Göre von vielleicht sechs, in einem weißen Kleidchen. Sie hatte Hände und Nase gegen die Scheibe gepresst und starrte ins Innere.
    Einen Augenblick schwankte ich zwischen instinktiver Furcht und Vernunft. Dann ging ich zum Fenster, um es zu öffnen.
    Den Griff bereits in den Händen, hielt ich inne. Aus der Nähe betrachtet sah ihr Gesichtchen ein wenig starr aus, ihr Körper steif. Sie war eine Puppe.
    In einem Anfall plötzlicher Neugier riss ich das Fenster auf.
    Sie stolperte herein und schien Mühe zu haben, auf den Beinen zu bleiben. Als sie sich an mich zu klammern versuchte, fasste ich sie am Haar und hielt sie mir vom Leib. Ich dachte an
    Carlottas Erzählung von den gefährlichen Zähnen.
    Das Geschöpf krallte sich an mir fest. Ich schüttelte ihren Kopf wild, nicht ohne eine Spur von Panik, da ich glaubte, die kleinen Kiefer schnappen zu hören.
    Während ich ihren Kopf nach hinten bog, öffnete sich ihr kindlicher Mund und enthüllte eine Reihe spitzer Zähne, die mich schaudern ließen. Sie stieß einen schrillen, pfeifenden Ton aus. In ihren Augen funkelte ein dunkles Feuer.
    Ich zerrte, sie vom Fenster weg, während sie mit den Händen um sich schlug und mir das Hemd halb vom Körper riss. Als ihre Zähne mit einem vernehmbaren Schnappen knapp über meinem Schenkel aufeinander trafen, unterschätzte ich ihre Kräfte nicht länger.
    Ihre Arme trafen mich wie Stockhiebe. Schritt um Schritt zog ich sie halb an den Haaren, halb an den Armen zu meinem Lehnstuhl, wobei es mir nach mehrmaligen Versuchen gelang, einen festen Strick aus einer der Laden zu nehmen. Während all dieser gefährlichen Balgerei verlor ich immer mehr die Scheu davor, ihr Schmerz zuzufügen. Ich war nicht sicher, ob sie ihn auch empfand. Sie stieß zwar spitze Laute aus, aber sie klangen mehr nach Wut – darüber, dass sich ihr jemand in den Weg stellte. Ihre Kiefer schnappten unaufhörlich nach mir.
    Schließlich drehte ich ihr die Arme nach hinten, was von einem knackenden Geräusch begleitet wurde, riss sie in den Stuhl und schlang verzweifelt den Strick um ihre dünnen Handgelenke.
    Ihre spitzen Rufe steigerten sich, aber ich wagte nicht, ihr den gefährlichen Mund zuzuhalten, obwohl ich mich fragte, wie lange es noch dauern mochte, bis die Nachbarn kamen, um nach dem Lärm zu fragen, der sichtlich nach Mord und Vergewaltigung klang. Ich ging nicht zimperlich mit den Stricken um. Als ich sie gefesselt hatte, musste ich erst einmal verschnaufen. Das kleine Biest hatte mir allerhand abverlangt.
    Bis jetzt hatte ich zu wenig Zeit gehabt, über die seltsame Kraft nachzudenken, die diese Puppe leben ließ, aber nun kam der Augenblick.
    Sie hatte sich beruhigt. Das heißt, sie war verstummt, aber ich sah deutlich, dass die teuflische Macht in ihr nicht erloschen war. Sie starrte mich an mit einem Blick, der mir Schauder einflößte. Es war kein Hass in ihren Augen, sondern eine absurde Liebe, wie sie eine Mutter für ein verrücktes Kind empfinden mochte.
    Mit einem wütenden Knurren griff ich nach ihr und riss ihr Kleid mit einem einzigen Ruck vom Körper. Ich wollte sehen, wie sie tickte, und warum.
    Es gab nichts Aufregendes zu sehen. Sie war eine gewöhnliche Puppe. Ein wenig größer vielleicht als die meisten, die ich in dieser kurzen Zeit zu Gesicht bekommen hatte. Die Lebendigkeit der Augen vor allem musste es sein, die sie einem Kind so ähnlich sehen ließ. Ihr Körper war glatt und hart wie die Arme und Beine. Sie besaß keine menschlichen Geschlechtsmerkmale, keine Brustwarzen, keinen Nabel. Die Beine drehten sich in den

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