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014 - Das Haus der boesen Puppen

014 - Das Haus der boesen Puppen

Titel: 014 - Das Haus der boesen Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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primitiven Hüftgelenken, wie sie bei Puppen üblich waren. Allen physikalischen und biologischen Gesetzen nach war sie steif und leblos und von solch einem Minimum an Beweglichkeit, dass es ihr unmöglich hätte es sein müssen, auch nur ohne Stütze auf den Beinen zu stehen. Und dennoch hatte ich sie vor wenigen Augenblicken in einem Wirbel wilder Bewegung gesehen.
    Was ich sah, gab mir wenig Aufschluss. Wenn ich mehr wissen wollte, musste ich herausfinden, was unter dieser Plastikschicht vor sich ging. Vielleicht, wenn ich eines der Beinchen aus dem Gelenk löste?
    Ich kramte nach einem Schraubenzieher, der mir das geeignetste Werkzeug erschien. Als ich mich damit vor ihr niederließ und nach dem rechten Bein griff, um den Schraubenzieher in den engen Spalt des Drehgelenkes zu zwängen, ertönten ihre schrillen Rufe wieder. Was mich aber ihr Bein erschreckt loslassen ließ, waren nicht die Laute, sondern eine Vibration wie von innerem Leben. Das Plastik fühlte sich nicht tot an, sondern irgendwie – lebendig.
    Ich ließ den Schraubenzieher fallen. Fast empfand ich so etwas wie Scham über mein Vorhaben, Scham darüber, in etwas Lebendigem herumzubohren.
    Ihre Plastikarme spannten sich, als wären Muskeln darunter.
    Sie zerrte wild an den Fesseln.
    Ich packte sie erneut am Haarschopf, bog ihren Kopf nach hinten, klemmte den Griff des Schraubenziehers zwischen ihre Zähne und besah mir den Mund.
    Er besaß keinen Innenraum. Dennoch öffneten und schlossen sich die Lippen, vermochten die vorderen Zähne auf – und zuzuschnappen. Dahinter war nur ein schwarzes Stück Plastik, das den Eindruck eines Hohlraums erweckte. Eine Zunge gab es nicht. Aber die Zähne besaßen eine Besonderheit, die Carlotta bereits zu spüren bekommen hatte. Sie waren hohl und enthielten spitze Nadeln, die hervortraten, wenn sie auf Widerstand stießen. Ich sah es deutlich, als sie knirschend auf den Schraubenzieher bissen.
    Das Verlangen, sie aufzumachen und in sie hineinzusehen, war stark, aber die Vorstellung verursachte mir Übelkeit. Ich konnte dieses Geschöpf nicht einfach zerstören. War es nicht Mord?
    Ich schalt mich einen Narren. Puppen konnten nicht getötet oder ermordet werden. Aber ich hasste Gewalt an allem, was sich bewegte.
    Doch ich musste herausfinden, wer dahinter steckte. Wer diesen Puppen das Leben gab – und wozu.
    Da sie noch immer schrie, versuchte ich sie zu knebeln, was nach einer Weile auch gelang. Dann legte ich mir einen Plan zurecht. Erst rief ich Carlotta an und teilte ihr mit, dass ich beobachtet würde und daher erst am Morgen zu ihr kommen könnte.
    »Puppen?« fragte sie.
    »Ja«, erwiderte ich kurz.
    »Haben Sie Eddie gesehen?«
    »Darüber später«, sagte ich hastig und hängte ein.
    Minuten später, als ich die Fesseln der Puppe überprüfte, läutete das Telefon. Es konnte Helen sein oder auch Carlotta, die sich mit meinen letzten Worten nicht zufrieden geben wollte.
    Aber jetzt war keine Zeit für lange und noch dazu wenig überzeugende Erklärungen.
    Ich ließ das Telefon läuten und lockerte die Handfesseln etwas. So musste sich die Puppe innerhalb der nächsten halben Stunde befreien können. Dann verließ ich eilig die Wohnung und stellte mich auf der gegenüberliegenden Straßenseite in einem Hauseingang auf, von dem aus ich sowohl mein Fenster als auch das Haustor gut beobachten konnte.
     

     
    Zwanzig Minuten vergingen, dann kam ein kleiner Junge die Straße entlanggelaufen. Er bemerkte mich nicht, obwohl er sehr nah an mir vorüber kam. Ich sah sofort, dass er nicht echt war. Selbst im schummrigen Licht der Straßenlaternen war sein puppenhaftes Aussehen offenkundig.
    Ich beobachtete ihn gespannt. Er lief auf das Haus zu und lauschte einen Moment wie auf eine innere Stimme. Dann begann er emsig an der Regenrinne emporzuklettern. Das geschah unglaublich behende. Fasziniert starrte ich der kleinen Gestalt nach. Als er etwa auf halber Höhe war, öffnete sich mein Fenster, und meine Gefangene sah nach unten. Sie hatte sich offenbar erfolgreich befreit.
    Nun wurde es spannend. Mir war nicht ganz wohl, aber nichts konnte mich von meinem Plan abbringen.
    Das Mädchen wartete, bis der Knabe das Fenster erreicht hatte, und half ihm ins Innere. Eine Weile waren sie in meinem Zimmer, dann erschienen sie wieder im Fenster und kletterten beide nach unten. Der Knabe trug ein Bündel bei sich. Aus dieser Entfernung war jedoch nicht zu erkennen, was es war. Sie liefen die Straße in entgegen gesetzter

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