014 - Draculas Höllenfahrt
ein
gutmütiger Idiot! Aber seit einer Woche war er eine Bestie. Ohne sich lange zu
besinnen, war er als Versuchskaninchen ausgewählt worden. Das fiel um so
weniger auf, weil er oft tagelang nur in den Keller- und Laborräumen
herumhantierte und gar nicht nach oben kam. Er war zu einem Eigentum Astons
geworden. Ebenso wie der bullige Chuck Barners. Der verfügte nur über ein
Spatzenhirn, aber über die Kraft eines Elefanten. Ein treu-doofer Bursche, der
Dr. Aston völlig ergeben war.
Seit einer Woche gab es einen neuen
Dracula. Er lag jetzt in der Holzkiste und schlief der nächsten Nacht entgegen.
Es würde eine Nacht werden, in der das Grauen abermals durch die Anstalt
schlich. Ernest Hutchinson alias Dracula hatte indessen eine Patientin der
Anstalt als Braut auserwählt. Aston ließ ihn gewähren. Niemals würde etwas an die
Öffentlichkeit dringen. Dies hier war seine eigene Welt, eine Welt der Idioten
und Eigenbrötler, der Verrückten und Geisteskranken. Viele von ihnen würden
niemals wieder die Schwelle zur Freiheit übertreten. Und das war gut so. Sie
alle konnten zu Versuchspersonen werden.
Wahnsinn flackerte in den Augen
Astons. Zunächst war es ihm nur darum gegangen, eine Probe des rätselhaften
Blutes zu besitzen und zu analysieren. Aber dann hatte er nicht der Versuchung
widerstehen können, dieses merkwürdige Blut auch einzusetzen.
Die Veränderung, die Ernest
Hutchinson durchgemacht hatte, war beachtenswert. Aus dem Vollidioten, dem
scheuen, sich ständig duckenden Wesen war ein selbstbewußtes, hartherziges
Geschöpf geworden, das nur von einem Wunsch beseelt zu sein schien: seine Zähne
in die Hälse junger, schöner Frauen zu bohren.
Ein langer Atemzug kam über die
bleichen Lippen Dr. Astons. Er ließ die Klappe wieder vor das Guckloch gleiten
und wandte sich dann den Reagenzgläsern zu. In fünf verschiedenen Gläschen
hatte er jeweils wenige Kubikzentimeter von Draculas Blut aufbewahrt. Zwei
Proben waren unverfälscht, noch genauso, wie er sie aus Draculas Vene entnommen
hatte. Die anderen Proben hatte er mit drei verschiedenen Blutgruppen gemischt.
Das Ergebnis war ein furchtbares
Erwachen für ihn gewesen. Dieses, mit dem Blut Draculas vermengte andere Blut
hatte seine ursprüngliche Blutgruppenzugehörigkeit aufgegeben! Er hatte durch
seine Versuche noch mehr Draculablut gewonnen! Das war seine einzige
Erkenntnis. Sonst war er keinen Schritt weitergekommen. Er hatte sich
vorgenommen Professor Jay Crowton zu Rate zu ziehen. Der war Anästhesist und
hatte sich durch Veröffentlichungen über Narkoseprobleme sowie
Blutgruppenbestimmung und Blutforschung einen Namen gemacht. Doch bis zur Stunde
war sein, Astons, Interesse nicht weitergegangen.
Seine Augen wurden zu einem
schmalen Schlitz, als er es plötzlich entdeckte.
»Aber … das kann doch nicht sein«,
murmelte er im Selbstgespräch vor sich hin. Kalter Schweiß bedeckte seine
Stirn, als er die Mengenangaben auf den Reagenzgläsern mit den Eintragungen in
einem kleinen Notizbuch verglich.
Es fehlten 0,5 Kubikzentimeter des
Blutes von Dracula!
Aber wie …
Er fand nicht mehr die Gelegenheit,
über Einzelheiten nachzudenken. Wie ein böser Atem tönte das Geräusch des
anschlagenden Telefons durch das einsame Labor.
»Ja?« fragte er unwillig, als wäre
er gerade von einer wichtigen Arbeit weggerufen worden.
»Ich habe es in Ihrem Büro schon
versucht, Sie zu erreichen, Doktor.« Es war die Stimme seines Assistenzarztes
Cushing, die aufgeregt aus der Muschel klang. »Ich bin froh, Sie wenigstens im
Labor anzutreffen. Kommen Sie schnell, Doktor – es ist etwas Fürchterliches
passiert!«
»Was denn?« Astons Stimme klang
spröde. Er fühlte sich matt und zerschlagen. Die Dinge gingen mit einemmal über
seine Kräfte. Er hatte geglaubt, die Experimente fest in der Hand zu haben.
»William Marchner spielt verrückt.
Sie müssen sich das ansehen. So etwas – durfte einfach nicht passieren …«
»Ich komme!«
Er knallte den Hörer auf die Gabel,
riß die Tür auf und stürmte durch den Kellergang.
Dr. Aston war kreidebleich.
●
Als er in die Etage kam, in der das
Zimmer Marchners lag, sah er Chuck Barners und Assistenzarzt Cushing vor der
Tür des fraglichen Zimmers stehen.
Marchner war in einer Gummizelle
untergebracht. Durch ein Guckloch war der gesamte Raum zu übersehen. Wortlos
trat Cushing zur Seite.
»Ich hätte ihm gern eine
Beruhigungsspritze gegeben, aber …«
Dieses Aber bezog sich eindeutig
auf
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