0141 - Der hinkende Mörder
können.«
Ich bedankte mich und bat um Erlaubnis, gegebenenfalls bei ihm nochmals vorsprechen zu dürfen. Fowler versicherte, er stehe jederzeit zu unserer Verfügung, und versuchte, ganz vorsichtig natürlich, zu erfahren, welches Interesse das FBI wohl am-Tode des Mr. Belter habe. Ich wich aus und machte die üblichen Redensarten.
Gegen elf war ich wieder im Office, aber Jerry hatte noch nichts hören lassen. Er würde also wohl erst morgen zurückkommen.
Die Sache mit Belters angeblicher Tochter ging mir nicht aus dem Kopf, vielleicht aber wusste das Mädel gar nichts davon, dass wir uns mit ihrem Vater beschäftigten. Offiziell war die Geschichte ja ein Unglücksfall, und so würde es wahrscheinlich auch bleiben. Sie hatte keinen Grund, sich mit der Polizei oder gar mit der Bundespolizei in Verbindung zu setzen. Wenn weder Mrs. Belter noch Keyes sie erwähnt hatten, so gab es dafür die recht plausible Erklärung, dass sie spinnefeind mit ihr waren.
Jedenfalls würde ich Mrs. Belter und Mr. Keyes auf den Zahn fühlen und den Familienanwalt aufsuchen.
Am Morgen um neun Uhr war ich bereits bei Rechtsanwalt Hartog. Der ließ mich zuerst einmal zehn Minuten warten, obwohl er sich allein in seinem Office befand.
Er war ein sehr alter, sehr korrekter und sehr kurzsichtiger Mann. Außerdem war er eitel, denn im selben Augenblick, in dem ich eintrat, ließ er seine Brille in der Brusttasche verschwinden.
Ich tat das, was ich bei Juristen immer in allererster Linie tue. Ich wartete nicht, bis er mich fragte, sondern zeigte ihm, woher ich kam. Er nahm das zur Kenntnis und gab sich Mühe, freundlich zu sein.
»Es geht mir um die Hinterlassenschaft des verstorbenen Mr. Belter und um dessen Tochter, die Sie ja kennen müssen. Ich möchte wissen, ob er sie entsprechend sichergestellt hat.«
»Das heißt, Sie sind neugierig wie Mr. Belter sein Vermögen aufgeteilt hat. Darf ich wissen, wieso das FBI sich dafür interessiert. Soviel mir bekannt ist, liegt doch kein Verbrechen vor.«
»Haben Sie vorgestern Zeitungen gelesen?« fragte ich zu seiner, wie es schien, unangenehmen Überraschung.
»Sie meinen doch die Tageszeitungen. Ich lese nur die ›New York Times‹. Das ist das einzige seriöse Blatt. Alles andere erfahre ich durch die Finanzberichte und die Beziehungen, die ich ja nun einmal haben muss.«
»Kennen Sie Miss Belter persönlich?« fragte ich.
»Selbstverständlich. Ihr Vater hat sie gelegentlich mit hierher gebracht, damit sie ihre Unterschrift bei mir deponierte. Nach dem so bedauerlichen Unfall habe ich sie telegrafisch und schriftlich benachrichtigt. Sie telefonierte mit mir aus dem ›Waldorf Astoria‹ und schickte mir eine Vollmacht, die mich autorisiert, ihre finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Dies ist natürlich nicht ganz leicht, weil die beiden Damen, Mrs. Belter und ihre Stieftochter, wie man so sagt, sich mit gezogenen Dolchen gegenüberstehen. Das Testament ist allerdings klar. Miss Belter erhält ein Drittel des Nettoverdienstes, zu dessen Verwalter ich eingesetzt bin. Ein zweites Drittel erhält Mrs. Belter und den Rest Mr. Keyes, der neue Teilhaber, was ich allerdings reichlich großzügig finde.«
»Wusste Mr. Keyes oder einer der anderen Beteiligten vorher von dieser Regelung?«
»Sie meinen vor Mr. Belters Tod? Nein. Er erklärte mir ausdrücklich, er werde niemandem etwas sagen. Er wolle nicht, dass lachende Erben seinen Tod herbeisehnten.«
»Das war recht vernünftig«, sagte ich. »Wenn alle Menschen so klug wären, dann gäbe es weniger Morde einer Erbschaft wegen.«
»Kommt das denn wirklich so oft vor?« fragte Hartog.
»Mehr, als sie denken. Es gibt überhaupt eigentlich nur zwei Mordmotive: Liebe und Geld. Wenn man diese beiden Beweggründe aus der Welt schaffen könnte, so wären wir vielleicht glücklicher.«
Dann bat ich noch um Joy Belters Adresse. Sie wohnte in einem Studentenheim, und zwar dem vornehmsten und teuersten, das es in der wirklich nicht billigen Universität Yale gibt.
Auf dem Weg zur Fif th Avenue ließ ich mir alles durch den Kopf gehen. Am erstaunlichsten war, dass weder Keyes noch Mrs. Belter die plötzlich aufgetauchte Tochter erwähnt hatten. Sie mussten sich doch sagen, dass wir dahinter kommen würden, dass diese existierte.
Am Park hinter der City Hall sprang die Verkehrsampel auf Rot. Ich stoppte, und gleichzeitig schob sich ein schwarzer Ford neben mich. Dasselbe geschah, als ich in der Achten Straße nach Norden einbog. Als ich die
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