0141 - Der hinkende Mörder
mit ein paar andren in der Ecke saß.
»Mr. Fowler, darf ich Sie für wenige Minuten stören?« fragte ich. »Ich möchte Sie sehr dringend sprechen. Wären Sie so freundlich, mir bei einem Drink Gesellschaft zu leisten?«
Der Mann sah mich erstaunt an.
Seine Augen waren grau, ebenso wie seine Haare, sein elegant geschnittener Anzug und die Wildlederschuhe. Unwillkürlich dachte ich an das Wort von der grauen Eminenz im Hintergrund.
»Ich wüsste nicht, was ich mit Ihnen zu bereden hätte«, sagte er ablehnend, aber so leicht war ich nicht abzuwimmeln.
Ich zog meine Brieftasche und hielt sie ihm aufgeklappt hin. So konnte er meinen Ausweis sehen, ohne dass die anderen ihn bemerkten.
Er zog die Brauen zusammen, und ich hatte den Eindruck, dass er erschrak.
»Entschuldigen Sie, meine Herren«, sagte er zu seinen Tischgenossen. »Ich bin in fünf Minuten wieder da.«
Dann folgte er mir zu meinem Tisch. Ich fragte ihn, was er trinken wolle, aber er lehnte ab. Auch gut, dachte ich.
»Was wollen Sie von mir?« fragte er und faltete die Hände über dem Bauch.
»Es handelt sich um Mr. Belter, mit dem Sie, soviel mir bekannt ist, befreundet waren.«
»Befreundet ist vielleicht etwas zu stark ausgedrückt. Wir waren Kollegen und kannten uns schon seit vielen Jahren. Die scheußliche Art, auf die er ums Leben kam, tat mir wirklich leid.«
»Haben Sie Mr. Belter in der Zeit unmittelbar vor seinem Tod gesehen oder gesprochen?«
»Gewiss, nur drei Tage vorher. Er schien bester Laune zu sein. Dazu hatte er auch allen Grund. Er wahr wohl der Juwelier, der am meisten verdiente.«
»Er hatte also keinerlei geschäftliche Sorgen?«
»Das ist vollkommen ausgeschlossen. Belter war ein steinreicher Mann.«
»Kennen Sie auch seinen Partner?«
»Sie meinen Keyes? Ja, auch den kenne ich. Belter sprach mit mir vor ganz kurzer Zeit über ihn. Er hat Keyes, der vorher schon einige Jahre bei ihm angestellt war, vor vielleicht neun oder zehn Monaten als Partner aufgenommen. Er tat das, um sich zu entlasten. Keyes ist ein außerordentlich geschickter Fachmann, und darauf kam es Belter hauptsächlich an. Geld hatte er wohl nicht, aber davon hatte Gus ja genug.«
»Einen geschickten Fachmann kann man doch entsprechend gut bezahlen. Man hat es doch nicht nötig, ihn zum Partner zu machen«, warf ich ein.
»Wie man es nimmt. Ein Angestellter wird in erster Linie für sich selbst sorgen, ein Partner dagegen für die Firma, denn je besser die Firma floriert, umso höher ist sein Gewinn. Belter sagte mir, er habe den Vertrag so abgeschlossen, dass Keyes in seinem ureigensten Interesse dafür sorgen müsse, dass der Umsatz steigt. Jetzt natürlich ist er Hahn im Korb. Wenn Mrs. Belter nicht sehr vorsichtig ist, so wird er sehr schnell die Oberhand haben, und sie wird tun müssen, war er bestimmt.«
»Kennen Sie Mrs. Belter?«
»Ich habe sie ein paar Mal getroffen. Sie ist eine sehr hübsche und charmante Frau. Ich hatte immer den Eindruck, dass Belter viel zu alt für sie war.«
»Seit wann sind die beiden eigentlich verheiratet gewesen?« fragte ich.
»Seit vier Jahren. Vor sieben Jahren starb seine erste Frau. Sie hatte irgendeine unheilbare Krankheit und lag monatelang im Krankenhaus. Er war damals sehr geknickt, hat sich aber überraschend schnell getröstet.«
»So, Belter war also schon einmal verheiratet? Das wusste ich ja gar nicht.«
»Er hat sogar eine Tochter aus dieser ersten Ehe, aber ich weiß nicht, wo sie steckt. Er hatte sie, als er die Ehe mit seiner jetzigen Frau schloss, nach Yale geschickt. Sie studierte dort, wenn ich mich nicht irre, Literatur oder Kunstgeschichte und kam noch manchmal in den Ferien nach New York. Ich hatte den Eindruck, dass sie mit ihrer neuen, jungen Mutter nicht einverstanden war.«
»Wohnte sie denn zu Hause, wenn sie hier war?«
»Ich habe mich nie darum gekümmert, aber ich möchte es bezweifeln. Belter machte einmal eine dahinzielende Bemerkung. Er war recht unglücklich, dass die beiden Frauen, die ihm am nächsten standen, sich nicht vertrugen.«
»Ich bin erstaunt, dass das Mädchen sich nach dem Tod ihres Vaters gar nicht mehr gemeldet hat«, sagte ich nachdenklich.
»Zur Beerdigung war sie jedenfalls hier. Ich sah sie und bemerkte auch, dass sie einen großen Bogen um ihre Stiefmutter machte. Wenn Sie sich mit ihr in Verbindung setzen wollen, so wenden Sie sich am besten an den Familienanwalt Mr. Hartog in der Williamstreet. Der wird Ihnen bestimmt die Adresse geben
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