0141 - Der hinkende Mörder
sie ihn mit ihrem Onkel Sam vergleiche, der eine Beinverletzung aus dem Krieg hatte. Das machte einen absolut glaubwürdigen Eindruck. Anders war es mit der Personenbeschreibung. Belter war mittelgroß und eher massig als schlank, und sein Alter war ungefähr fünfundfünfzig Jahre, während Alma behauptet hatte, der Mann sei jünger als ihr Vater gewesen.
In dieser Beziehung konnte sie sich geirrt haben, aber sie war über jeden Zweifel erhaben, dass einige Zeit nach dem Absturz ein hinkender Mann aus der Gegend, in der wir den Fallschirm gefunden hatten, nach Holdcroft unterwegs gewesen war. Die einzige Art, auf die er, ohne Aufsehen zu erregen, von dort weggekommen sein konnte, war die Eisenbahn, und da hatte man blödsinnigerweise ausgerechnet jetzt, den Stationsvorsteher versetzt. Nun, den Mann würde ich finden.
Wir fuhren zu dem Leihwagenfritzen und ließen uns einen seiner Leute mitgeben, der den Wagen vom Flugplatz zurückbringen sollte.
Dann bezahlten wir unsere Rechnung, und um halb zwei Uhr waren wir wieder in New York.
***
Bericht von Phil Decker:
Kaum war Jerry gegangen, als ich Besuch erhielt. Es war der Fahrer eines Taxis, ein alter Knabe mit einem Seehundsbart, der etwas unsicher hereinkam und sich entschuldigte, dass er meine Zeit in Anspruch nehme. Ich bot ihm einen Stuhl an und schenkte ihm zwecks Auflockerung einen Schnaps ein, den er schmatzend schluckte.
Als Nächstes kam eine Zigarette, und dann waren wir so weit.
»Das Mädchen, das einer im Central Park abgemurkst hat, kenn’ ich«, platzte er heraus.
»Tatsächlich! Wie heißt sie?«
»Tja, das weiß ich nicht. Sie fuhr vor ungefähr acht Wochen zusammen mit einem älteren Herrn zum City Club. Unterwegs unterhielten sie sich leise, und ich sah, wie der alte Knacker dauernd ihre Hand streichelte und einmal sogar küsste. Ich machte mir natürlich meine Gedanken darüber. Sie war noch sehr jung, und er zwischen fünfzig und sechzig.«
Er machte Anstalten, Schwänke aus seiner Praxis als Taxifahrer zum Besten zu geben, bei denen es um ältere Herren und junge Mädchen ging, aber daran war ich nicht interessiert. Es ging mir nur um den Mann, den er, wie er mit aller Bestimmtheit beteuerte, zusammen mit Jane Huff gefahren hatte. Um ganz sicherzugehen, nahm ich ihn mit ins Leichenhaus und zeigte ihm die Tote. Er warf nur einen kurzen Blick darauf und nickte.
»Sie ist es ganz bestimmt, obwohl sie jetzt so scheußlich aussieht.«
»Jetzt erzählen Sie weiter«, sagte ich, als wir wieder im Office waren. »Wo stiegen die beiden aus?«
»Er vor dem City Club, und sie fuhr weiter.«
»Wohin?«
»Sie stieg Ecke der 42. und Broadway, am Times Spuare, aus. Sie schien sehr guter Laune gewesen zu sein, denn sie summte irgendeinen Schlager und gab mir einen Dollar Trinkgeld.«
»Sie haben doch jeden Tag eine Menge Fahrgäste. Wie kommt es, dass Sie sich gerade an diese beiden deutlich erinnern?« fragte ich.
»Ich habe überhaupt ein gutes Personengedächtnis. Wen ich einmal gesehen habe, den vergesse ich niemals mehr, und gerade die zwei interessierten mich«.
Um ganz sicherzugehen, ließ ich mir den Mann genau beschreiben. Was er sagte, passte haarscharf auf Belter, und als ich ihm dann noch ein Foto, das wir uns beschafft hatten vorlegte, erklärte er mit Sicherheit, es sei sein Fahrgast gewesen.
Die Sache wurde immer verworrener. Vielleicht löste sich auch der Knoten, aber vorläufig merkte ich davon nichts.
Belter war zusammen mit Jane Huff in einem Taxi gefahren. Er hatte sie gestreichelt und sogar geküsst. Kurz danach war er angeblich mit einem Fugzeug abgestürzt, während sie sechs Wochen später bei einem Rendezvous im Central Park ermordet wurde. Dabei hatte sie einen Zettel mit dem Namen eines Diamantenschleifers in der Manteltasche. Der Mann war allerdings erst nach Belters Tod bei dessen Firma angestellt worden.
Irgendwie musste das alles einen Zusammenhang haben. Irgendwie musste auch die Figur des Camillo Antesi dabei eine Rolle spielen, obwohl er beteuert hatte, Jane noch nie gesehen zu haben und nichts von ihr zu wissen. Ich überlegte mir, ob das Mädchen mit dem Tod des Juweliers in Zusammenhang gebracht werden könne. Selbst wenn ich annahm, sie sei seine Freundin gewesen, so hatte das bestimmt nichts damit zu tun, dass er mit dem Flugzeug abgestürzt war.
Nein, so war das nicht, aber ich hatte einen neuen Anhaltspunkt, und dem wollte ich nachgehen. Belter war anscheinend Mitglied des City Clubs gewesen.
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