0141 - Der hinkende Mörder
Vielleicht wusste man dort etwas. Allerdings musste ich den Abend abwarten, bis die Clubmitglieder zu einem Drink, einem Spiel oder einem Plauderstündchen erschienen. Jetzt war das zwecklos.
Damit aber waren die Überraschungen dieses Tages noch nicht zu Ende. Nachmittags um sechs wurde ich am Telefon verlangt, das heißt, es wurde der G-man verlangt, der die Angelegenheit des Mädchenmordes im Central Park bearbeitete.
»Hier ist Jean, Oberkellner im Café am Madison Square, in dem in der Hauptsache Boxer und Sportsleute verkehren.«
»In einer Viertelstunde bin ich dort«, antwortete ich und legte auf.
Um sechs Uhr zwanzig stoppte ich Jerrys Jaguar einen halben Block von dem Café entfernt und ging hinüber. Ich bestellte mir einen Kaffee und einen Brandy und fragte nach Jean, der auch an meinen Tisch kam.
»Wir haben vorhin zusammen telefoniert«, sagte ich, und er nickte.
»Ich kann es ganz kurz machen. Das Mädchen war zweimal hier bei uns, und zwar innerhalb der letzten Woche. Sie kam zusammen mit einem jungen, sympathischen Mann, den ich für einen Studenten hielt. Beim zweiten Male, vor vier oder fünf Tagen, hatten sie offenbar einen Streit. Ich sah das an der Art, wie sie sprachen, und vor allem an dem wütenden Gesicht des Mädchens. Zum Schluss sprang sie auf, nahm ihren Mantel von der Garderobe und war hineingeschlüpft, bevor er ihr helfen konnte. Dann ging sie grußlos. Der Junge überlegte einen Augenblick, ob er ihr folgen sollte, aber dann zuckte er nur die Schultern und setzte sich wieder. Entweder das Zerwürfnis muss sehr ernst gewesen sein, oder er war der Ansicht, sie werde schnell wieder zur Besinnung kommen.«
»Haben Sie eine Ahnung, wie die beiden heißen?«
»Er nannte sie Joy und sie ihn Bob. Übrigens kam er auch öfter allein hierher.«
Ich bat ihn, sofort bei uns anzurufen, wenn der junge Mann sich sehen lasse.
Nun hatten wir noch eine neue Figur im Spiel. Warum - so fragte ich mich -hatte sich dieser junge Mann nicht gemeldet? Wenn sie seine Freundin oder Braut gewesen war, so hätte er das tun müssen, auch wenn die beiden Streit gehabt hatten. War er vielleicht derjenige, mit dem sie sich an jenem Abend im Central Park verabredet hatte? Ich konnte mir das nicht denken. Wozu ein Rendezvous an einem so einsamen Fleck, wenn man vorher ganz offiziell zusammen im Café gesessen hat? Das haute nicht hin.
Oder hatte sich Jane Huff mit einem anderen getroffen und ihr früherer Freund ihr aufgelauert? Eifersucht hat schon manche Frau und manchen Mann zum Mörder werden lassen. Wenn nichts anderes half, so würde ich eine Aufforderung in alle Tageszeitungen setzen, in der der Jüngling ersucht wurde, sich zu melden. Derartige persönliche Appelle haben sehr oft Erfolg, zuerst jedoch wollte ich abwarten, was Jerry für Neuigkeiten mitbrachte.
Am Abend um neun Uhr war ich im City Club. Der Manager gab mir eine Gastkarte, und ich schlenderte durch die Räume. Die meisten Mitglieder waren ältere Semester. Ein paar der Gesichter kamen mir bekannt vor, aber ich konnte mich auch irren. Ich setzte mich, und als der Kellner kam, war ich besonders freundlich.
»Soviel mir bekannt ist, hatten Sie bis vor einigen Wochen ein Clubmitglied namens Belter«, sagte ich.
»Ja, aber Mr. Belter ist inzwischen verstorben«, entgegnete er steif und wollte gehen.
»Hören Sie. Ich brauche eine Auskunft darüber, mit wem dieser Herr hier im Club verkehrte.«
»Es tut mir leid. Darüber kann ich keine Auskunft geben. Es ist uns strengstens verboten, Clubmitglieder zu diskutieren.«
Ich tat zweierlei. Ich legte meinen Ausweis auf den Tisch und zog mit der anderen Hand eine Dollarnote aus der Tasche, die ich der Länge nach zweimal faltete. Während ich das tat, fragte ich nochmals:
»Mr. Belter muss hier gute Bekannte oder gar Freunde gehabt haben. Es genügt, wenn Sie mir einen der Herren nennen. Wenn Sie es nicht freiwillig tun, so muss ich dienstlich werden.«
Ich weiß nicht, ob es diese Drohung war oder der Geldschein, jedenfalls überlegte er es sich. Er blickte sich suchend um und sagte:
»Dort drüben der Herr, mit dem grauen Schnurrbart ist Mr. Fowler, ein Berufskollege und guter Bekannter von Mr. Belter, aber bitte, verraten Sie mich nicht.«
»Auf keinen Fall.«
Er steckte den Dollar in die Hosentasche und schwänzelte hinüber zur Bar, um den Drink zu holen, den ich bestellt hatte. Ein paar Minuten später stand ich auf und ging zu dem Herrn mit dem ' grauen Schnurrbart, der zusammen
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