0141 - Die Hexe vom Schädelfelsen
sie in weiten Sprügen davon. Die beiden Vampire wurden getötet und zerfielen mit lauten Schreien zu Staub. Der dritte hielt sich vorsichtig zurück, um nicht das Schicksal seiner Gefährten zu ereilen. Aber die Aktion verschaffte Nicole einen gehörigen Vorsprung. So schnell sie konnte, hetzte sie zum Tempel zurück.
Kurz bevor sie ihn erreichte, tauchte der dritte Vampir wieder auf. Er wirkte kurzatmig; der Gemeinschaftskörper hingegen wies keinerlei Anzeichen auf die gerade überstandene körperliche Anstrengung hin auf.
»Ich begreife dein Tun nicht, Herrin«, klagte er. »Wir hätten sie überwältigen können, wenn wir nicht überrascht worden wären. So sind zwei Brüder sinnlos gestorben.«
»Durchaus nicht sinnlos«, erwiderte Nicole spöttisch und wollte die Arme vor dem Gesicht des Vampirs kreuzen. Doch die Pristerin unterband die Handlung. »Tu das nicht noch einmal«, warnte sie bösartig.
»Ich verstehe nicht«, stammelte der Vampir verwirrt.
»Geh. Für heute benötige ich dich nicht mehr«, wies die Priesterin ihn an. Sie stieg die Stufen zum Tempel hinauf. Der Vampir eilte ihr voran und verschwand irgendwo im Dunkel.
Nicole blieb am Ende der Treppe stehen. Sie dachte an den jungen Mann, der noch einmal mit dem Schrecken davongekommen war. Es wäre entsetzlich gewesen, wenn sie ihn ausgesaugt hätte. Sie war durch die peitschenden Durst-Impulse der Vampirin gerade noch rechtzeitig aus ihrer Meditation gerissen worden.
Du hast mir die Jagd verdorben, knurrte die Priesterin verärgert.
»Ich werde dir noch mehr verderben«, murmelte Nicole. »Glaube ja nicht, daß ich die Kontrolle wieder abgebe. Und ich werde noch stärker, verlaß dich darauf!«
Ich verlasse mich darauf, daß du schon in Kürze endgültig mit mir verschmelzen wirst. Dann ist es aus mit deinen Eskapaden, gab die Priesterin.
Nicole lachte spöttisch auf und schirmte ihre Gedanken wieder ab, um nicht ungewollt zu verraten, daß sie sich längst ihrer Sache nicht so sicher war, wie sie sich gab. Langsam schritt sie davon, ins Tempelinnere zu ihrer Zimmerflucht.
Ein schattenhaftes Wesen glitt durch die Dunkelheit. Tausende von Augen verfolgten den Weg der Priesterin des Blutes.
***
Der Adept, der aus Abertausenden Insekten zusammengesetzte Diener Asmodis, huschte aus seiner Deckung hervor, kaum daß die Priesterin im Tempel verschwunden war. Er schlief nie; er war ständig wach und ständig aktiv. Er benötigte keine Ruhepause, wie auch sein Gefährte nie geruht hatte.
Der Adept folgte dem Vampir und holte ihn ein, bevor dieser die ihm zugewiesenen Regionen des Tempels erreichte, in welchem die »Garde« sich aufzuhalten pflegte.
»Bruder Vampir, auf ein Wort«, zischte der Adept und ergriff den Vampir am Ärmel. Er hatte wieder den Kopf gesenkt, so daß nicht zu erkennen war, was im Dunkeln anstelle des Gesichts wimmelte. Die Priesterin des Blutes war bislang die einzige, die in Erfahrung hatte bringen können, wer die beiden Adepten wirklich waren.
»Dein Bruder war ich nie«, versetzte der Vampir brummig. »Du gefällst mir auch nicht, Dunkler. Du bist mir zu undurchsichtig. Nicht einmal dein Blut kann ich trinken. Wozu solltest du mir nützlich sein?«
Die unzähligen Insekten erschraken. Was faselte der Vampir da von untrinkbarem Blut? Ahnte er etwas?
»Sag, was du willst«, forderte der Vampir.
»Berichte. Was geschah? Ihr ginget zu viert, kämet aber nur zu zweit zurück. Ich muß es wissen.«
»Sterben mußt du irgendwann«, knurrte der Vampir. »Das ist alles, was du mußt.«
»Sicher«, nickte der Adept. »Irgendwann, wenn es Asmodis oder LUZIFER gefällt, werde auch ich sterben. Aber es ist wichtig, zu wissen, was geschah.«
»Frage die Priesterin«, knurrte der Vampir und schüttelte die schwere, eigentümliche Hand des Adepten ab. Er wollte weitergehen.
Ein silbriger Lichtschein hüllte ihn ein und zwang ihn zum Stehenbleiben. Etwas legte sich schwer und drückend auf die Stirn des Blutsaugers. »Bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt«, murmelte der Adept. »Rede endlich!«
Und der Vampir redete! Er berichtete, was sich in der Stadt abgespielt hatte. Er konnte nicht anders. Der Adept zwang ihn mit seinen magischen Kräften. Endlich ließ er von ihm ab, als er genug wußte.
»Du wirst ab jetzt nur noch tun, was ich dir befehle, wenn sich zwei Anordnungen widersprechen«, sagte er. »Nur noch zum Schein gehorchst du der Priesterin. Du bist mein Werkzeug, sonst nichts.«
»Ich gehorche«, zischte
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