0141 - Die Hexe vom Schädelfelsen
der Verräter. »Du bist mein Herr.«
»So geh für diese Nacht«, befahl der Adept.
Er sah dem Vampir nach, der verschwand. Er hatte ihn perfekt in seinem Bann. Ein Werkzeug, das die Priesterin möglicherweise zu Fall bringen konnte…?
»Es gibt also wirklich eine Widerstandsgruppe, und wenn sie noch so klein ist«, murmelte er überlegend. »Das ist gut, sehr gut. Diese Leute können mir nützlich sein. Ich glaube, ich werde noch einen Besuch machen in dieser Nacht.«
Im nächsten Moment wurde er auf gespenstische Weise zu einem Schatten, und wie ein Schatten glitt er auch davon, fort vom Tempel und hinein in die Stadt.
Die Nacht nahm ihn auf…
***
In dieser Nacht geschahen noch merkwürdige Dinge. Ein seltsames Wesen suchte den Wirt der Gaststätte, vor deren Tür sich die Vampirvernichtung abgespielt hatte, in seinem Traum auf und zwang ihn, die Namen und die Häuser jener Männer zu nennen, die bei ihm gewesen waren. Es gab keinen Zweifel daran, daß sie alle zu der Verschwörergruppe wider die Priesterin gehörten.
Auch jene Männer wurden in dieser Nacht von seltsamen Träumen heimgesucht. Träume, in denen ihnen ein Wesen erschien und ihnen versprach, zu großen Ehren zu kommen, wenn, sie mit dem Adepten zusammenarbeiteten. Er stehe auf ihrer Seite, wolle die Priesterin zu Fall bringen, könne allerdings allein nichts ausrichten. Doch er wolle sie in den Tempel einschleusen, so daß sie handeln konnten…
Am nächsten Morgen hatten diese Männer nur noch eine undeutliche Erinnerung an den Traum. Doch klar stand die Botschaft in ihrem Gedächtnis, zu einer bestimmten Stunde des anbrechenden Tages an einem bestimmten Ort mit einem Abgesandten des Adepten zusammenzutreffen.
Hinter den Bergen ging als blutigrotes, gigantisches Fanal die Sonne auf, um einen weiteren Tag lang ihre Hitze über die Welt der Stadt auszuströmen. Wie schon seit Ewigkeiten, und weitere Ewigkeiten würde es noch andauern.
Ein Tag wie der andere… zumindest vom Klima her. Denn Jahreszeiten gab es nicht in der Welt.
Nur auf politischer Ebene würde sich dieser Tag etwas anders als gewohnt gestalten - zumindest für einen bestimmten, eng begrenzten Personenkreis…
***
Professor Zamorra erwachte, als jemand die Zellentür öffnete. Verwirrt öffnete er die Augen und versuchte, sich zu orientieren. Matter Lichtschein fiel als schmaler Balken durch die Türöffnung herein; draußen im Korridor mußte eine Kerze brennen. In diesem Lichtbalken standen ein paar eigentümliche, nichtmenschliche Gestalten. Grünlich glühende Augen starrten den Professor an.
Da stimmte doch etwas nicht! Er entsann sich, daß er die Zelle verlassen hatte, nachdem er den Vampir-Wächter tötete. Er war in den Korridor hinausgegangen…
Der Käfermann! Die Erinnerung sprang ihn wieder an. Er hatte kämpfen müssen, hatte gesiegt, war aber zu Tode erschöpft gewesen. Die Vampirfrau hatte ihn dann mit einem leichten Schlag niedergestreckt. Dann mußte ihn jemand wieder in die Zelle verfrachtet haben, anders konnte er es sich nicht erklären, daß er wieder darin lag.
Er wollte nach seinem Amulett tasten, doch es gelang ihm nicht. Jemand hatte Eisenbänder um seine Handgelenke geschlungen und diese mit einer langen Kette an der steinernen Wand befestigt. Die Kette war gespannt.
»Verdammt«, murmelte der Professor. Diesmal waren seine Widersacher sorgfältiger vorgegangen. Gleichzeitig aber spürte er den leichten, beruhigenden Druck auf der Brust. Das Amulett war noch da!
Es wunderte ihn, daß man es ihm noch nicht abgenommen hatte. Das war höchst ungewöhnlich.
Die Nichtmenschlichen näherten sich ihm jetzt, da sie bemekrten, daß er erwacht war. Einer löste die Kette an der Wand. Es waren häßliche Gnomen und Kobolde.
»Die wilde Schar«, murmelte Zamorra. Etwas an der ganzen Sache war noch nicht geschehen. Nicole hatte geträumt, daß sich die wilde Schar über das Dorf im Tal ergoß. Dies aber hatte Zamorra bis jetzt noch nicht feststellen können. Oder - war das nur Traum gewesen, ein Zusatz dessen, was sich als Wachtraum herausgestellt hatte?
»Mitkommen«, schnarrte einer der Kobolde und zog Zamorra an der Kette hinter sich her.
Der Meister des Übersinnlichen atmete tief durch. Sollte er jetzt zu seiner Hinrichtung geführt werden? Es war sehr wahrscheinlich. Demzufolge war ein neuer Tag angebrochen.
Er fühlte auch, daß die Periode der Bewußtlosigkeit für ihn gut gewesen war. Er fühlte sich wieder stark, hatte seine Kräfte
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