0141 - Station der Unsichtbaren
Patterson platzte lauthals heraus: „Du liebe Güte, das ist ja, wie wenn man neu geboren wird!" Das Schockfeld war verschwunden. Jeder der Báalol-Leute hatte um sich herum sein persönliches Schirmfeld ausgebreitet, das den Einfluß der Schockstrahlung zunichte machte. Das Schirmfeld des einzelnen Báalols hatte eine begrenzte Reichweite. Aber wenn man genug Báalol-Leute nebeneinanderstellte und sich dann in ihre Mitte postierte, nahm man an ihrem Schirmfeld teil - und das Schockfeld war nicht mehr zu spüren. Ron fühlte, wie die ungeheure Last mit einem Ruck von ihm wich, als er sich zwischen die linke und die mittlere Reihe der Báalols drängte. Er atmete auf, denn er war bislang seiner Sache keineswegs völlig sicher gewesen. In dieser Marschordnung drangen sie in den Seitengang ein, aus dem nach Meechs Ansicht die Schockstrahlung am heftigsten drang. Der Gang war wider Erwarten kurz. Nach weniger als dreißig Minuten endete er vor einer Tür, die wie das Schleusenschott eines Raumschiffes aussah. Es gab Unterschiede, aber die mochten eher in der äußeren Form als in der Funktion des Schotts begründet sein.
Ron hielt sich mit solchen Betrachtungen nicht lange auf. Er schickte Meech nach vorne, das Schott zu öffnen. Meech brauchte mehr als drei Minuten dazu. Das bedeutete, daß er Schwierigkeiten hatte. Die Verriegelung eines herkömmlichen Schotts zu lösen kostete ihn sonst nicht mehr als ein paar Sekunden. Ron schenkte auch diesem Zwischenfall keine Beachtung. Erst als er sah, daß sich hinter dem Eingang, der wie ein Schleusentor aussah, tatsächlich ein leerer Schleusenraum befand, mit einem weiteren Schott an der gegen überliegenden Wand, wurde er aufmerksam. Er hieß Meech anhalten und sah sich um. Der Raum war leer. Das heißt, es befanden sich keinerlei Einrichtungsgegenstände darin. Unter der Decke lief ein Gewirr von Röhren und Kabeln. Sie kamen dicht vor der Rückwand senkrecht nach oben und verschwanden vor der Vorderwand in der gleichen Richtung. Es war genau dasselbe, was man in der Schleuse eines terranisehen Raumschiffes zu sehen bekommen hätte. Nur folgten Röhren und Kabel einem merkwürdigen, fremdartigen Muster, und die Farben, die sie wahrscheinlich zur besseren Unterscheidung trugen, waren so grell, daß sie fast in den Augen schmerzten. Dazu kam, daß die Wände des Schleusenraumes nicht senkrecht auf dem Boden ruhten. Sanft nach außen geneigt, stiegen sie in die Höhe, und die Decke wies eine leichte konkave Wölbung auf. Der Eindruck der absoluten Fremdartigkeit verstärkte sich, je länger Ron sich umsah. Er kannte die meisten Raumschiffstypen der Galaxis, und selbst bei Typen, die er noch nie gesehen hatte, konnte er gewöhnlich nach dem ersten Blick sagen, welche Rasse sie gebaut hatte. Die verschiedenen technischen Zivilisationen hatten, jede für sich, ihre eigenen Muster. An der Bauweise ihrer Raumtechnik konnte man eine Rasse ebenso gut identifizieren wie einen einzelnen Menschen an seinen Fingerabdrücken. Dies hier war fremd, entsetzlich fremd. Ron stand eine Weile reglos und ließ den Eindruck auf sich einwirken. Er kam nicht auf den Gedanken, sich an der Vorstellung zu erfreuen, daß er der erste Terraner war, der in einem Raumschiff dieses Typs stand. Für eine Sekunde dachte Ron daran, daß es eine großartige Sache wäre, außer ein paar gefangenen Laurins auch noch ihr Raumschiff mit zur Erde zurückzubringen. Aber er brauchte nur noch einen Blick hinauf zur Decke zu werfen, um zu begreifen, daß dieser Plan so gut wie unausführbar war. Sie würden im Kommandostand den Hebel für die Belüftungsanlage nicht vom Fahrthebel unterscheiden können.
Und ob ein Laurin sich dazu zwingen ließ, das Schiff zu steuern, war zweifelhaft. Auf jeden Fall würden die Báalols sie abschießen, bevor sie noch hundert Meter hoch gekommen wären. Ron verwarf die Idee. Er sah Meech an. Meech nickte, er hatte die unausgesprochene Frage verstanden. „Ja, es ist wahrscheinlich ein Laurin-Schiff", sagte er zurückhaltend. „Gut. Dann geh jetzt und öffne das innere Schott!" Ron war jetzt völlig ruhig. Während Meech am Schott herumhantierte, überflog er die Reihen der Báalols. Sie paßten nicht alle in die Schleuse hinein.
Aber selbst draußen, vor dem äußeren Schott, behielten sie die befohlene Ordnung bei. Lofty hatte sich umgedreht und hielt die hinteren drei Glieder in Schach. Er hielt eine moderne Strahlpistole in der rechten und einen zierlichen, altmodischen
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