0142 - Der Schwiegersohn des Teufels
wischte alles ab, was er im Wagen angefasst haben konnte.
Dann stieg auch er um, und Sammy fuhr den Chiysler in Richtung auf die Queensboro Bridge weiter, als ob nichts geschehen sei.
Der Junge lag jetzt auf dem Boden des Chrysler, und Kendale hatte einen Fuß auf ihn gestellt. Er selbst blickte zum Fenster hinaus auf den East River, den sie eben überquerten und hinüber nach Welfare Island, die schmale Landzunge, die den Fluss in zwei Hälften teilt.
Eine Stunde später befand sich der zehnjährige Gordon Swift samt seiner Schulmappe im Keller von Sokolnikows Laden in der Dreißigsten Straße, wo ihm Sammy mit Borwasser die Augen auswusch und ihn, so gut es ging, über den ersten Schreck hinwegtröstete.
Als der Neger in den Nebenraum trat, wo Kendale und Fox mit einer Whiskyflasche beschäftigt waren, sagte der Boss:
»Bring den Chrysler weg. Vorläufig brauchen wir keinen Wagen. Anschließend kommst du wieder hierher und wartest auf mich.«
Kendale folgte Sammy und ließ sich von ihm an der nächsten Telefonzelle absetzen.
Von da aus rief er Swifts Bank an.
»Verbinden Sie mich mit Mister Hemy Swift«, sagte Kendale, als sich die Vermittlung meldete.
»Wer ist am Apparat?«
»Millerson«, sagte Kendale.
Es knackte in der Leitung, dann meldete sich eine dunkle, sonore Stimme.
»Hier Swift. Was kann ich für Sie tun, Millerson?«
»Eine ganze Menge«, sagte Kendale. »Ich habe mir erlaubt, Ihren Sohn Gordon zu entführen. Und zwar mit Ihrem Studebaker, der an der Ecke Central Park und 5. Avenue steht. Wenn Sie Ihren Sohn gesund Wiedersehen wollen, dann bringen Sie 100 000 Dollar in kleinen und mittleren Scheinen, zu einem hübschen Paket verpackt, morgen Mittag Punkt 11 Uhr 30 auf das äußerste Ende der kleinen Landzunge, die im Süden des Battery-Parks nach Governors Island zeigt. Sollten Sie sich an die Polizei wenden, können Sie inzwischen das Begräbnis für Gordon bestellen. Lesen Sie vor allem den Leitartikel der Daily Times. Haben Sie alles richtig verstanden Swift?«
Der Mann am anderen Ende der Leitung lachte verhalten.
»Mit so was macht man keine Witze, Millerson«, sagte er. »Was soll der Unsinn?«
»Hören Sie, Swift«, sagte Kendale kalt. »Es wird Ihnen nicht schwer fallen, herauszukriegen, ob ich Unsinn erzählt habe oder nicht. Vergessen Sie jedoch nicht, das Paket an den äußersten Zipfel der Landzunge des Battery-Parks direkt am Ufer des Hudsons abzustellen. Parken Sie Ihren Studebaker dicht daneben, damit wir es leichter finden, und lassen sie sich nicht einfallen, etwa Zeitungspapier hineinzupacken, sonst lernen Sie uns kennen. Sie selbst können in mindestens fünfzig Meter Entfernung darauf warten, dass wir es abholen. Nochmals: Punkt 11 Uhr 30. Und kein Wort an die Polizei. Lesen Sie besser vorher die heutige Ausgabe der Daily Times.«
Kendale hängte auf und verließ die Telefonzelle. Er zweifelte nicht einen Sekunde daran, dass Swift zum festgesetzten Zeitpunkt im Battery-Park erscheinen würde.
In einem kleinen Restaurant, das sich in der Nähe befand, überlegte er bei einigen Highballs seine nächsten Schritte. Da Swift noch ahnungslos gewesen war, konnte also auch die Polizei noch nichts wissen, und eine Telefonüberwachung war ausgeschlossen. Kendale glaubte nicht daran, dass Swift Polizei oder G-men einschalten würde, aber er stellte es trotzdem in Rechnung.
Als er das Lokal verließ, wusste er, was er zu tun hatte, und um seinen Mund lag der Anflug eines Lächelns.
***
ich fand die Daily Times auf meinem Schreibtisch. Phil hatte sie mir hingelegt. Er selbst saß mir gegenüber und sah mich aufmerksam an.
»Was ist?«, fragte ich ihn.
»Lies!«, sagte er kurz »Du wirst deine helle Freude daran haben.«
Ich zündete mir eine Zigarette an und beschäftigte mich mit dem Artikel, der unter der Überschrift: »Interview mit dem Schwiegersohn des -Teufels« auf der ersten Seite abgedruckt worden war.
»Verdammt«, sagte ich, als ich zu Ende gelesen hatte, »das hat uns gerade noch gefehlt. Eine bessere Reklame hätte der Bursche nicht für sich machen können. Es ist jetzt durchaus möglich, dass wir gar nicht mehr erfahren, wenn jemand gekidnappt wird.«
»Damit kannst du Recht haben, Jerry«, meinte Phil und betrachtete seine Fingernägel. »Du kennst ja die Leute. Das Hemd ist ihnen meistens näher als der Mantel. Sie müssen ja geradezu den Eindruck bekommen, dass wir machtlos sind.«
»Wenn das so weitergeht, lasse ich mich zum Innendienst versetzen«,
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