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0143 - Brücke ins Jenseits

0143 - Brücke ins Jenseits

Titel: 0143 - Brücke ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brücke ins Jenseits
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natürlich nicht«, murmelte der Arzt. »Aber bei ihm spielt es wohl keine Rolle mehr. Ich habe eine kleine Flasche in meinem Wagen. Habe ich bei dem Wetter immer. Augenblick, ich hole sie.«
    »Gleich, Johnny!«, sagte ich so laut, dass er es hören konnte. »Wir beschaffen Ihnen ’nen Whisky. Einen Augenblick!«
    Seine Augen glitten von mir zu Phil, von meinem Freund zu dem Mädchen, das mit weit aufgerissenen Augen dastand und wie gebannt auf den Alten blickte. Dann kehrte sein Blick wieder zu mir zurück.
    »Verstehe gar nicht«, hauchte er, »was ich früher mal gegen euch hatte. Seid doch ganz nette Jungs. Wirklich. Na, jetzt ist es zu spät. Ich habe nämlich - also Cotton, merken Sie sich das! - Ich habe nämlich alles verkehrt gemacht. Alles…«
    Sein Kopf sank nach vorn. Schon dachte ich, seine letzte Minute sei gekommen, als er mühsam den Kopf wieder in die Höhe zwang. Seine eingefallene Mundpartie sah noch dunkler aus als vorher. Immer mehr näherte sich das Aussehen seines Kopfes dem hohlen Grinsen eines Totenschädels.
    Von Harlem her wehten Nebelschwaden zu uns herüber. Die kühle Feuchtigkeit legte sich beklemmend über uns. Zu unseren Köpfen sahen wir einen Teil der Brücke, die über uns hinwegführte. Aber für unsere Augen verschwand der Brückenbogen schon nach wenigen Yards im milchigen Weiß des Nebels, als ob er sich darin auflöse.
    Als ob die Brücke von der Erde weg direkt in ein geheimnisvolles Jenseits führte. Eine Brücke ins Jenseits.
    »Da!«, sagte der Doc und hielt mir einen kleinen Schraubbecher hin. Goldbraun schimmerte der Whisky darin.
    Ich gab Johnny den Becher.
    Seine zitternden Hände griffen behutsam zu. Obgleich er arg zitterte, verschüttete er doch keinen Tropfen. Er schüttete den Inhalt des Bechers in seinen zahnlosen Mund wie in einen schmalen, langen Topf hinein.
    Wir sahen nicht, dass er schluckte.
    Aber plötzlich würgte ein Hustenanfall seinen gemarterten Körper. Blut troff ihm von den Lippen und quoll blasig aus seiner Nase.
    Ich nahm mein Taschentuch und wischte es ab.
    »Verbrennen Sie das Tuch nachher!«, raunte der Arzt.
    »Zum Henker, ja!«, erwiderte ich ungehalten. »Johnny, wie geht es Ihnen?«
    Der Alte nickte ein paar Mal mit seinem Kopf. Er erholte sich erstaunlich schnell von dem Hustenanfall. Und dann kam sogar ein leises Kichern über die blassen Lippen.
    »Ich hätte es mir nicht träumen lassen, dass mich ein Schluck Whisky mal halb an den Rand des Grabes bringt«, kicherte er leise. »Früher war ich stolz darauf, dass es unter all meinen Leuten keinen einzigen gab, der auch nur drei Viertel von dem vertragen konnte, was ich damals in mich hineingoss. Und heute…«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Johnny«, sagte ich wieder. »Was ist mit dem Brief, den Sie mir geschrieben haben? Können Sie sich denn nicht erinnern?«
    Er sah mich an, als sei ich plötzlich wieder völlig fremd für ihn geworden.
    »Welchen Brief?«
    »Na, Sie haben doch einen Brief an mich geschrieben! An Cotton vom FBI! Erinnern Sie sich doch!«
    »Woher wisst ihr denn, dass ich den Brief geschrieben habe? Ich habe ihn doch nicht unterschrieben?«
    »Ihre Fingerabdrücke«, sagte ich nur.
    »Ach, die Prints«, nickte er. »Ja, ja, immer wieder sind es diese verdammten Fingerprints, die einem das Leben schwer gemacht haben. Ich hatte mir mal die Haut von den Fingern raspeln lassen wegen dieser verdammten Prints. Aber es nützt nichts, Cotton. Es nützt gar nichts. Nach ein paar Wochen sind die Rillen wieder da, genau wie vorher.«
    »Ich weiß, Johnny.«
    »Ja, der Brief«, fuhr er fort. Seine Stimme war jetzt ein wenig kräftiger als vorher. »Ein junger Kerl hat ihn von hier fortgenommen. Er versprach mir, dass er ihn in den Kasten werfen würde. Er versprach es mir.«
    »Er hat sein Versprechen gehalten, Johnny. Sonst hätten wir den Brief nicht bekommen.«
    »Das ist wahr«, nickte er bedächtig. »Sie müssen mir helfen, Cotton! Es darf nicht passieren, Cotton! Um keinen Preis!«
    »In Ordnung, Johnny«, sagte ich. »Wir tun alles, was in unseren Kräften steht. Sagen Sie uns nur ganz deutlich, um was es geht.«
    »Es gibt zwei Leute«, sagte er mit wichtig erhobenem Zeigefinger, »zwei Leute, die sich in der Bronx um die Herrschaft streiten! Der eine will den anderen beseitigen. Celling soll mit all seinen Leuten umgebracht werden!«
    »Von wem?«
    »Von dem anderen. Er nennt sich Joe Harper. Sie müssen ihn finden, Cotton. Er darf die Boys der Celling Gang nicht

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