0143 - Brücke ins Jenseits
eine Lücke, die zwischen zwei schmutzigen, verkommenen Mietskasernen frei geblieben war, und als wir uns in die Finsternis dieses eigenartigen Weges hineinschoben, stellte sich plötzlich ein Mann in unseren Weg.
»Wohin wollt ihr?«, fragte er barsch.
»Zu Randy Stockfield.«
»Wer schickt euch?«
»Keiner.«
»Verschwindet.«
Er wollte uns beiden einfach rückwärts zurück auf die Straße schieben. Besser wusste er es auch nicht.
Er fand sich auf dem Pflaster wieder, bevor er sich’s versah. Ächzend kam er wieder auf die Beine.
»Hör mal zu, Kleiner«, knurrte ich im besten Hafenslang zwischen den Zähnen hervor: »Wir möchten mit Randy sprechen, und du darfst uns glauben, dass wir es tun werden. Also sei nicht so blöd, uns erst Schwierigkeiten zu machen!«
Einen Augenblick zögerte er, dann brummte er mürrisch: »Wartet einen Augenblick.«
Er verschwand in der Dunkelheit des Schlauches zwischen den Brandmauern der beiden Mietskasernen. Phil steckte sich eine neue Zigarette an und hielt mir die Packung hin.
»Ich möchte wissen, wann wir heute mal dazu kommen werden, Feierabend zu machen«, gähnte er.
Ich hatte meine Müdigkeit gerade überwunden und fühlte mich einigermaßen frisch. Aber nach den Strapazen, die hinter uns lagen, würde das Gefühl der Frische bestimmt nicht lange anhalten.
»Wir müssen nur noch Joe Harper auftreiben«, sagte ich leise. »Wir haben es Johnny nun einmal versprochen. Dann fahren wir nach Hause und hauen uns in die Waagerechte. Und von mir aus kann dann heute Nacht der nächste Krieg ausbrechen - ich stehe vor morgen früh sieben Uhr nicht auf.«
»Da sind wir endlich mal einer Meinung«, sagte Phil.
***
Wir dösten vor uns hin. Ich weiß nicht, wie viel Zeit verging, bis der Bursche wiederkam, der sich mit uns hatte anlegen wollen, aber es kam mir ziemlich lange vor. Nun wird einem die Zeit ja immer lang, wenn man auf etwas wartet und sich in der Zwischenzeit nicht anders beschäftigen kann.
Endlich tauchte er aus der Dunkelheit vor uns wieder auf und brummte: »Okay. Kommt mit!«
Er ging vor uns her. Es war so dunkel, dass wir ihn nicht sehen konnten, obgleich seine Schritte dicht vor uns zu hören waren. Als er plötzlich nach links abbog, rannte ich prompt gegen eine Mauer.
Ich fluchte leise vor mich hin und tastete mir mit den Händen den Weg nach links.
Beinahe wäre ich eine Treppe hinabgestürzt, denn vor uns führten Stufen nach unten. Ich konnte absolut nichts sehen, und ich rief Phil, der einen Schritt hinter mir war, leise eine Warnung wegen der Treppe zu.
Wir kamen in ein Gelass, das so etwas wie ein Keller sein musste, denn die Luft roch dumpf und modrig. Es war sehr kalt. Der Boden musste nass sein, denn ich schlidderte ein paar Mal darüber hin, sodass ich nur mit Mühe mein Gleichgewicht halten konnte.
Endlich ging vor uns quietschend eine Tür auf. Wärme und Helligkeit fielen uns entgegen.
Wir traten zögernd über die Schwelle.
Im gleichen Augenblick bereute ich, mitgegangen zu sein. Rechts und links von uns stand ein gutes Dutzend Männer, die allesamt Pistolen in der Hand hielten. Sie musterten uns nicht gerade freundlich.
Der Raum war etwa so groß wie ein geräumiges Wohnzimmer. Er war zwar nicht sonderlich geschmackvoll, aber doch vollständig eingerichtet. Im Hintergrund hockte ein alter Mann auf einer Couch, die ein paar Brandlöcher von Zigarettenstummeln hatte.
»Ich bin Randy Stockfield«, sagte der Alte mit einer überraschend festen Stimme. »Ihr seid Cotton und Decker vom FBI. Richtig?«
Einen Augenblick zögerte ich. Dann nickte ich.
»Ja. Aber woher wissen Sie das?«
»Ich kenne eure Gesichter. Außerdem ist euer Jaguar in meinem Gebiet. Und als mir Nick sagte, ihr hättet ihn so schnell auf sein dummes Kreuz gelegt, da war mir klar, wer mich sprechen wollte. Na schön, ihr seid hier. Was wollt ihr?«
Es war der merkwürdigste Abend meines Lebens. Ich befand mich in einer Höhle, die ich bei Tageslicht wahrscheinlich nie wiederfinden würde. Vor mir hockte ein Alter auf einer Couch, der offenbar mit einem Wink seines Daumens zwölf bewaffneten Männern befehlen konnte.
»Ich möchte wissen, wo sich Joe Harper auf hält«, sagte ich wahrheitsgemäß.
Murmeln schwoll bei den Männern auf. Der Alte fuhr überrascht von seiner Couch in die Höhe. Er war sicherlich ebenso alt wie Johnny Midwell, aber dieser Bursche hier war zäh wie ein alter, listiger Fuchs.
»Was wollt ihr von ihm?«
»Johnny Midwell hat eine
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