0143 - Für Menschen verboten
Vorfahren waren hier gelaufen, um den Stollen weiter voranzutreiben. Schöpproit wußte nicht, wie weit die Arbeiten gediehen waren, aber er glaubte nicht, daß der Gang bereits unter der Stadt angelangt war. Trotz der Dunstschicht, die über dem Land lag, erkannte Schöpproit den verwachsenen Souks-Busch sofort. Er hastete darauf zu. Das Loch, das die öffnung der unterirdischen Grube bildete, war besser getarnt, als er vermutet hatte. Bedächtig räumte er die Blätter zur Seite. Bevor er in die Tiefe glitt, warf er einen letzten Blick zu der verbotenen Stadt. Ruhig lag sie vor ihm in der Morgendämmerung. Sie erschien Schöpproit gewaltig, aber auch unverständlich. Sie war von einer Mauer umgeben, hinter der Gebäude in die Höhe ragten.
Der Anblick war so fremdartig, daß Schöpproit in seinem Vorhaben schwankend wurde. Doch dann dachte er an Tösniks Diebstahl. Schöpproit hatte ein Alter erreicht, das ihm nicht länger gestattete, unter den Jungen zu leben. Er mußte endlich eine Tat vollbringen, die ihm die Genehmigung verschaffen würde, den Hang ein Stück hinabzukommen.
Schöpproit war bestimmt der älteste seiner Rasse, der unter den Jungen lebte. Er schämte sich dessen, obwohl die Jungen sehr freundlich waren. Schöpproit gab sich einen Ruck. Nun, da die Chance, mit Hilfe seiner prächtigen Pflanze eine bessere Höhle zu erhalten, vernichtet war, mußte er diese letzte Möglichkeit wahrnehmen. Er kroch in den Gang und verdeckte die öffnung notdürftig mit herabgefallenen Blättern. Der Stollen führte in geringer Tiefe direkt auf die Stadt zu. Stellenweise war der Gang eingestürzt, und Schöpproit mußte sich seinen Weg freischaufeln.
Schließlich hatte er das Gefühl, daß er sich allmählich der Oberfläche näherte. Seiner Schätzung nach hatte er bereits über die Hälfte der Strecke zurückgelegt. Eine brennende „Frage wurde in ihm wach: Wie weit hatten seine Vorgänger diesen Gang eigentlich schon gegraben? Führte er dichter an die Stadt heran, als man am Hang annahm? Schöpproit kroch weiter, ständig damit rechnend, am Ende des Stollens anzukommen. Zweimal kam er an winzigen Luftschächten vorbei. Dann, als er schon dachte, der Gang würde kein Ende nehmen, stieß er auf Widerstand. Feste Erde hinderte ihn amWeiterkommen. Schöpproit war sicher, daß es sich nicht einfach um einen Einsturz handelte. Er hatte sein Ziel erreicht. Nun konnte er sich an die Arbeit machen und den Gang weitergraben. Schöpproits Wühlschaufeln traten in Aktion. Die größte Arbeit würde darin bestehen, das Erdreich später aus der Grube zu schaffen. Seine Vorgänger hatten dazu ein Sespa-Blatt verwendet, es mit Erde beladen und aus dem Stollen gezogen.
Schöpproit hoffte, daß er, nach Beendigung seines Grabens, ein Blatt in der Nähe des Eingangs finden würde. Er hatte keine klare Vorstellung, wie lange er arbeiten würde. Aber er wollte eine imponierende Leistung vollbringen. SeineWühlschaufeln stießen so plötzlich ins Leere, daß er dachte, doch nur einen Einsturz beseitigt zu haben. Doch dann fiel helles Licht in den Schacht.
Schöpproit schob seinen Kopf aus dem Stollen. Was er sah, ließ ihn vor Furcht erstarren. Etwas Ungeheuerliches war geschehen.
Der Gang war fertig! Schöpproit befand sich inmitten der Stadt!
Sein Pelz sträubte sich instinktiv. Er zitterte vor übermächtigem Entsetzen. Seine Augen waren weit aufgerissen, als würden sie das Unfaßbare nicht begreifen. Er hatte etwas getan, wovon seine Rasse seit undenkbaren Zeiten nur träumte: Schöpproit hatte die Arbeit am Stollen beendet. Sie besaßen jetzt einen unterirdischen Zugang zur verbotenen Stadt. Am ganzen Körper bebend, sank Schöpproit zurück in den Schacht.
*
Für Loden war es unbegreiflich, wie ein menschlicher Körper in so kurzer Zeit von Nichts zu neuer Existenz wurde. Vielleicht hatte dieser unbegreifliche Vorgang viel längere Zeit in Anspruch genommen, als Loden annahm. Während seiner Nichtexistenz konnte praktisch jede Zeitspanne vergangen sein, für ihn, der aufgehört hatte zu denken, würde es immer als ein kurzer Augenblick erscheinen. Loden öffnete die Augen und sah sofort, daß sie sich in einem anderen Transmitter befanden. Die Bauweise war die gleiche, aber die Eingänge waren anders verteilt. Als Loden sich erheben wollte, stellte er fest, daß er vollkommen erschöpft war. Dr. Riesenhaft, der sich gerade aufrichtete, blickte zu den Eingängen. Wahrscheinlich machte er die gleiche
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