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0144 - Nacht über Manhattan

0144 - Nacht über Manhattan

Titel: 0144 - Nacht über Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Werner Höber
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Taxifahrer, die letztens ermordet wurden. Beide Taten stammen vom gleichen Täter. Er wird vermutlich zu weiteren Mordversuchen schreiten. Seither fahren in New York einige -zig G-men Nacht für Nacht als Taxifahrer durch die Gegend. Jedem von ihnen kann die Gurgel genauso durchgeschnitten werden wie den beiden unglücklichen Taxifahrern in den Nächten vorher.«
    Ich schwieg. Nach einer Weile knurrte er:
    »Das war schon geschickter.«
    »Wie lang ist Ihre Zigarette noch?« fragte ich.
    »Ich habe wenig gezogen, Sie brauchen keine Angst zu haben«, sagte er leise. »Ein bißchen Zeit haben Sie noch für Ihren Bekehrungsversuch.«
    »Schön«, sagte ich. »Wenn Sie mit runterkommen, gebe ich Ihnen ein paar Zeilen mit an meinem Chef. Den können Sie jetzt mitten in der Nacht herausklingeln. Er hat immer Zeit, wenn man ihn braucht. Der kann Ihnen noch mehr vom Beruf eines G-man erzählen. Der kann Ihnen auch sagen, wieviel Kameraden und unter welchen Bedingungen sie gestorben sind. Wie sie sich haben zusammenschießen lassen, um drei junge Mädchen aus den Händen von brutalen Bestien zu befreien. Wie ein G-man verbrannte, als er versuchte, aus einer brennenden Schule Negerkinder herauszuholen.«
    Lange Zeit blieb es still. Dann sagte er:
    »Ich glaube Ihnen nicht, daß Sie ein G-man sind. Und wenn Sie einer wären — was hätte ich davon? Ich bin nicht so ein Halbgott, wie einer sein muß, wenn er G-man werden will.«
    »Glauben Sie, ich sei oder wäre je einer gewesen? Sie sollen nichts als ein sauberer Kerl sein, der manchmal erst an die anderen und dann an sich denkt. Mehr verlangt man von einem G-man gar nicht. Allerdings würden Sie merken, daß es Situationen gibt, in denen das durchaus ausreicht. Zum Beispiel, wenn Sie mitten in der Nacht neunzig Meter über dem Fluß in einer Brücke hängen, um einem verdammten jungen Mann eine Dummheit auszureden, wobei Sie selber Gefahr laufen, ein bißchen abzurutschen.«
    Täuschte ich mich — oder kam wirklich ein leises Lachen herüber?
    »Fassen Sie Ihre Zigarette an der hintersten Spitze«, sagte ich, entschlossen, der Situation ein Ende zu bereiten, weil weder ich noch er sich würden lange halten können bei dem ständig kälter werdenden Wind. »Halten Sie die Zigarette mit dem ausgestreckten Arm fünf Sekunden ruhig von Ihrem Körper ab, und halten Sie sich aber dabei sehr fest! Ich werde Ihnen zeigen, ob ich ein G-man bin oder nicht.«
    Ich sah gespannt zu ihm hinüber. Wenn er auf meinen Vorschlag einging, hatte ich den ersten Meter Boden gewonnen.
    Die Sekunden verflossen in eintöniger Monotonie. Schon hatte ich meine Pistole aus der Hosentasche gezogen, aber noch immer sah ich die Glut seiner Zigarette nicht, die er anscheinend schon seit geraumer Zeit in der gekrümmten Hand hielt.
    Und dann tauchte plötzlich das rote Pünktchen in der Finsternis auf. Es stand unbeweglich mitten in der Schwärze.
    Schon, ich war ihm ziemlich nahe. Aber es war so finster, daß von Zielen überhaupt keine Rede sein konnte.
    Ich holte tief Luft. Einen Augenblick konzentrierte ich mich. Dann entspannte ich mich wieder und hob meine Pistole, als gelte es gar nichts. Ich drückte mit dem Instinkt ab, der mich schon oft geleitet hat, wenn es so schnell gehen mußte, daß man nicht zum Zielen kam.
    Zugleich mit dem Schuß verschwand die Glut. Dafür wehte ein lautes: »Donnerwetter!« zu mir herüber.
    »So«, sagte ich. »Wenn Sie mir jetzt noch etwas sagen, um meinen Beruf madig zu machen, dann wünschte ich mir nur, ich hätte sie unten und vor meinen Fäusten. Denn dann müßte ich an zwei Kollegen denken, die sich wegen dreier Mädchen, die sie nie zuvor gesehen hatten, zusammenschießen ließen, damit die Mädchen inzwischen entkommen konnten.«
    Es dauerte so lange, wie noch nie vorher eine Pause in unserer Unterhaltung gewesen war, aber dann fragte er:
    »Welche Voraussetzungen muß man erfüllen, um ein G-man werden zu können?«
    Ich traute meinen Ohren nicht. Dann zählte ich sie ihm schnell auf: Gesundheitszustand, Intelligenztests, Größe und zulässiges Höchstalter und die übrigen Bestimmungen.
    »Das — das käme bei mir hin«, murmelte er.
    Ich sagte nichts mehr. Aber er fragte: »Wie heißen Sie?«
    »Cotton«, sagte ich. »Jerry Cotton.«
    »Was?« schrillte seine Stimme. »Sie sind Cotton? - Los, klettern Sie runter. Ich möchte Sie mal bei Licht sehen.« Glauben Sie mir: Wenn man gerade einer geladenen Maschinenpistole entkommen ist, kann man sich nicht

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