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015 - Das Blutmal

015 - Das Blutmal

Titel: 015 - Das Blutmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lindberg
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untertrieben. Ich glaube, er ist vollkommen durchgedreht.«
    »Ist er jetzt da?«
    »Nein. Kannst du kommen – jetzt gleich?«
    »Mache ich.«
    Anna hielt den Hörer noch in der Hand, als Menz längst aufgelegt hatte und sie saß noch immer auf dem Boden, als es läutete. Sie ging zur Tür und ließ Menz herein, der sie anlächelte.
    »Zum Kostümfest?« fragte er.
    »Wie kommst du denn darauf?«
    Gerd Menz warf seinen Anorak auf die Truhe und folgte Anna ins Zimmer. »Na, wegen deiner gefärbten Haare.« Er nahm Annas bestürzte Reaktion nicht wahr, drehte ihr Gesicht zur Lampe und musterte ihre Augen.
    »He!« rief er. »Deine Augen sind ja ganz gelb! Krank, Mädchen?«
    Anna entwand sich ihm. »Nein.«
    Sie lief ins Bad und betrachtete ihr Spiegelbild über dem Waschbecken. Menz blickte über ihre Schulter.
    »Veit sagt das auch, aber ich kann keine Veränderung erkennen, Gerd. Stimmt das wirklich, das mit den Haaren und den Augen?«
    »Bestimmt, Anna. Und du siehst das wirklich nicht?«
    »Nein. Für mich sind die Haare blond wie immer, und auch die Augen haben ihre alte Farbe.« Anna setzte sich auf den Badewannenrand. »Das kann doch nicht wahr sein!«
    »Ist aber. Ich würde raschestens einen Arzt aufsuchen. Es soll Pigmentveränderungen geben. Haare werden ja auch manchmal über Nacht weiß.« Menz lachte unbeholfen. »Wie das mit den Augen zu erklären ist – keine Ahnung. Seit wann ist das denn so?«
    »Ich weiß es doch nicht, Gerd. Nehmen wir einmal an, du und Veit hätten recht mit der Verfärbung. Wie erklärst du dir dann die Tatsache, dass ich es nicht sehe?«
    Menz lehnte sich gegen den Türrahmen und lachte unsicher. »Fall für den Psychiater, Anna.« Er stieß sich ab und streichelte ihr über das Haar. »Nimm’s mir, bitte, nicht übel, aber du gefällst mir ganz und gar nicht.«
    »Ich gefalle mir selbst nicht. Und Veit auch nicht – mehr.«
    »Wo steckt er?«
    »Sicher bei Idusch.«
    Menz schlug sich klatschend auf den Schenkel. »Idusch! Das mit seinem Kind ist doch ein dicker Hund!«
    Anna biss sich auf die Unterlippe und legte den Kopf auf das Waschbecken. »Erzähl mal!«
    Menz berichtete, was er aus Zeitungen und Fernsehen wusste. »Sie haben ihn interviewt. Vorhin.« Er rückte von Anna ab. »Mensch, sag mal …« Er brach mitten im Satz ab und starrte
    Anna verwirrt an. »Er redete von einer Studentin, von einer Frau mit Hexenfähigkeiten. Ich werde nicht mehr! Bist du das etwa?«
    Seine Blicke klebten an ihrem Hals. Ein feiner roter Ring wurde immer deutlicher sichtbar. Er glühte blutrot und verflüchtigte sich dann wieder.
    Anna sah zu Menz auf.
    »Ist was, Gerd? Ich war eben total weggetreten. Hab’ ich jetzt häufiger.«
    »Schon gut, Anna«, sagte Menz gepresst.
    Er zwang sich zur Ruhe, aber sein Herz hämmerte wie besessen. Er hatte Iduschs Stimme noch im Ohr, der in dem Interview von den typischen Anzeichen, an denen man eine Hexe erkennen kann, gesprochen hatte – von dem Todesring um den Hals der Hexe. Wer war jetzt dran? Menz wich rückwärts auf den Flur.
    »Du«, sagte er schwach, »ich muss laufen.«
    Er wartete kein Echo ab. Er lief ohne Gruß hinaus und schmiss die Wohnungstür hinter sich zu. Seinen Anorak ließ er zurück.
    Annas Fäuste hämmerten wild gegen die Kacheln. Ihr Kopf schmerzte. Sie lachte wirr und erkannte in diesem Moment erschrocken ihre totale Isoliertheit. Sie hielt ihren Kopf vor den Spiegel und blinzelte sich zu.
    »Guten Tag, Hexe«, sagte sie in bitterer Selbstverspottung und ballte die Fäuste. Ihr verschwommener Blick erfasste die kleine Gasflamme des Wasserboilers. In ihrer krankhaften Phantasie wuchs die Flamme zu einem mächtigen Feuer, das sie zu ersticken drohte.
    »Hexen müssen brennen«, murmelte sie.
     

     
    Dr. Striebel injizierte Leonore Idusch Stabilisierungsmittel. Ihr Mann saß teilnahmslos neben Veit und kam sich völlig nutzlos vor. Er zuckte nur leicht zusammen, als sie die Feuerwehr Vorfahren hörten. Die Direktion hatte sie wegen der Fledermaus-Invasion alarmiert.
    Dr. Striebel riss ihn aus seiner Lethargie.
    »Ihre Frau wird jetzt lange schlafen, Professor. Wollen Sie hier warten oder wollen Sie sich einmal das Kind …«
    Idusch nickte. »Wie komme ich dorthin?«
    Dr. Striebel wusch sich die Hände. »Ich begleite Sie.«
    Idusch stand auf. »Wollen Sie mit, Kloss?«
    »Ich weiß nicht. Mir ist ziemlich elend zumute.«
    Veit hatte kein Verlangen, das unselige Kind zu sehen, das schuldlos in Annas Bannkreis geraten

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