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015 - Die Augen des Dr. Schock

015 - Die Augen des Dr. Schock

Titel: 015 - Die Augen des Dr. Schock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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schloß Sally Bingo die Augen.
    Da war plötzlich eine fremde Stimme in ihr, die sie zu Tode erschreckte. »Genieße das Leben, solange du noch kannst, Sally Bingo«, sagte die Stimme höhnisch. »Laß dich von Sig noch einmal lieben, aber beeilt euch, denn du hast nicht mehr viel Zeit. Wir werden einander sehr bald wiederbegegnen!«
    ***
    Es fiel Esram Bannon verflucht leicht, uns zu täuschen.
    Herrgott, wir kriegten nicht mit, daß Dr. Schock den Besitzer des Wachsfigurenkabinetts zwingend anstarrte. Für Mr. Silver und mich sah es so aus, als wären die grauenerregenden Augen Melvin McGuanes auf das Mädchen gerichtet, das sich das blitzende Messer in die Brust stieß. In Wirklichkeit aber hatte Dr. Schock seine Augen gedreht, und sein Blick bohrte sich, gleich Dolchen, in Martin Brocks Pupillen.
    Wir bekamen es nicht mit.
    Diesmal hatte McGuane nicht die Absicht, einen Menschen mit seinem hypnotischen Blick zu töten. Es genügte ihm, ihn in seinen Bann zu schlagen.
    Dr. Schock, in dem sich Esram Bannon versteckt hatte, schaltete Brocks Willen aus und stellte ihn unter seinen Befehl. Wenn mir das aufgefallen wäre, hätte ich sogleich etwas dagegen unternommen. Mit Hilfe meines magischen Ringes wäre es mir höchstwahrscheinlich gelungen, Martin Brock von diesem bösen Einfluß zu befreien, doch wir waren unwissend, und Esram Bannon trieb sein schändliches Spiel mit uns weiter.
    Ich warf Mr. Silver einen Blick zu. Auch ihm war aufgefallen, daß Dr. Schock nun wieder im Besitz seiner Horroraugen war.
    Hatte sie ihm Esram Bannon zurückgegeben? Hatte Bannon keine Verwendung dafür?
    Auch Mr. Silver erwähnte Martin Brock gegenüber nichts von der zeitweiligen Absenz der Mörderaugen.
    Vielleicht hätte ich Verdacht schöpfen sollen, weil Brock vor Dr. Schock länger stehenblieb als vor den anderen Figuren, aber ich tat es nicht. Endlich drehte sich Brock um und setzte seinen Rundgang durch das Wachsfigurenkabinett fort. Wir sahen eine hexenhafte Giftmischerin und einen Metzger, der in seinem Laden das Fleisch von Menschen verkauft hatte. Der Fall hatte damals nicht nur in England Aufsehen erregt.
    »Und alle, die hier stehen«, knurrte ich, »erhoben auch den Anspruch, als Menschen bezeichnet zu werden.«
    »Die einen mordeten aus Habgier, die anderen, wenn der Blutrausch sie überkam«, sagte Martin Brock. Ergötzte er sich an diesen Worten? Ich mußte mich wohl verhört haben.
    Er sah mich ernst an.
    »Ich gebe zu, es gibt in ganz London keine größere Ansammlung von Scheußlichkeiten als hier. Das hat man mir schon oft vorgeworfen. Man bezeichnete mich als einen perversen Effekthascher, Mr. Ballard. Ich weiß nicht, wie Sie darüber denken. Ich möchte lediglich die Frage in den Raum stellen, wer perverser ist – der Schausteller oder das Publikum, das in Scharen herbeiströmt, um all das zu sehen.«
    Sie haben wohl beide einen Zacken weg, dachte ich, behielt das aber für mich. Brock beendete wenig später seinen Rundgang.
    Ihm war nichts aufgefallen. Das behauptete er jedenfalls.
    Nach wie vor hatten wir nicht den leisesten Schimmer, was mit ihm los war.
    Er handelte nur noch im Auftrag Esram Bannons, der unseren Untergang plante. Schulterzuckend meinte er:
    »Nichts. Tut mir leid, Mr. Ballard. Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht helfen.«
    Ich erwähnte Harry Dean, den Bannon durch eine Puppe ersetzt hatte. Wo steckte Dean?
    »Hier oben bestimmt nicht«, sagte Martin Brock.
    »Gibt es weitere Ausstellungsräume?« fragte ich sofort.
    Er schüttelte den Kopf. »Im Keller befindet sich mein Atelier.«
    »Würden Sie uns das einmal zeigen?«
    »Gern.«
    Er fädelte es verdammt geschickt ein. Wir konnten einfach nicht auf den Gedanken kommen, daß er die Absicht hatte, uns in Bannons Auftrag in eine Falle zu locken.
    Die Augen des Dr. Schock hatten ihn hypnotisiert, und er haßte uns, denn Bannon hatte ihn geschickt umgepolt und zuunserem heimtückischen Gegner gemacht. Brock ging vor uns her. Er öffnete eine Tür, drehte den Lichtschalter. Wir sahen eine Steintreppe, die nach unten führte. Licht strahlte uns entgegen. Unter normalen Umständen hätte mich das Atelier dieses Künstlers – denn das war Martin Brock unbestritten – sehr interessiert. Ich hätte ihn gebeten, uns zu erklären und zu zeigen, wie er seine lebensechten Wachsfiguren anfertigte. Ich habe etwas übrig für Menschen, die Außergewöhnliches leisten. Doch in dieser Nacht interessierte mich etwas anderes: Befand sich Harry Dean im

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