0151 - Signale der Ewigkeit
Gesicht den anderen sechs Männern zu, die ihn wie ein Wundertier betrachteten. Er mußte den Verstand verloren haben, dachten sie. Man sah es ihnen an. „Kameraden, ich wollte euch ausschalten, wenn ich den Aktivator fand. Hier, mit diesem Schocker!" Er zog die Waffe unter dem Rock hervor, hielt sie hoch und warf sie dann einfach weg. „Tötet mich, etwas anderes habe ich nicht verdient."
Leutnant Becker hatte längst seine eigene Waffe gezogen, ließ sie aber wieder sinken, als Pollard seinen Schocker fortwarf. Er begriff überhaupt nichts mehr.
„Was ist mit Ihnen, Sergeant? Fühlen Sie sich nicht wohl?"
„So, betrügen wolltest du uns?" rief da der Mann, der hinter Pollard gegangen war und rannte auf den Sergeanten zu. Aber dann, nur zwei Schritte von ihm entfernt, blieb er stehen, als wäre er vor eine unsichtbare Wand gelaufen. „Oh, ich Elender!" begann er zu jammern und sank auf die Knie. „Ich Verdammungwürdiger!
Welch ein Sünder bin ich! Auch ich wollte den Aktivator für mich erobern, um das ewige Leben zu erhalten. Aber was für ein Leben wäre das geworden! Ich bin dessen nicht würdig! Meine Laufbahn besteht nur aus Verbrechen, angefangen bei den gestohlenen Äpfeln aus Nachbars Garten und ..."
„Lasset uns büßen", fiel Sergeant Pollard ihm ins Wort und sank neben ihm nieder. „Wir wollen unsere Sünden bereuen, auf daß alle anderen uns Verzeihen."
Leutnant Becker stockte der Atem. Auch die anderen waren fassungslos und wußten nicht, was sie von den beiden halten sollten. Wenn das ein Trick war, dann ...
Inzwischen war der dritte Mann weiter vorgegangen. Auch er blieb plötzlich stehen, als sei er festgenagelt. Laut begann er zu weinen und unverständliche Klagen auszustoßen. Er heulte bald so ansteckend, daß sogar der hartgesottene Leutnant Becker eine tiefe Traurigkeit verspürte und jetzt gern jemand etwas Gutes getan hätte. Aber da war niemand, dem man Gutes tun könnte.
Oder doch?
Dann jedoch gewann für einen Augenblick der nüchterne Verstand wieder die Oberhand.
Verdammt, das ging doch nicht mit rechten Dingen zu!
Zuerst Pollard, dann Smith und schließlich Mommler!
Ausgerechnet Mommler, den noch niemand hatte weinen sehen!
Und so hübsch der Reihe nach. Der vierte der Männer begann gerade, sich die Haare zu raufen und sich die Kleider vom Leibe zu reißen. Dabei griff er in den Sand und streute ihn sich aufs Haupt.
Da begriff Becker.
In fliegender Eile lief er ein Stück in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Das Gefühl der Depression verschwand sofort. Er fühlte sich wieder normal.
Die unheimliche Wirkung kam also vom See her.
Vom Zellaktivator her...?
Mit seiner Vermutung hatte Becker den Nagel auf den Kopf getroffen, wenn er es auch nicht wußte. Es war einer der makabren Scherze des Unsterblichen. Der Aktivator auf Honur besaß eine Psychoschaltung. Sie wirkte bis zu zwei Kilometern im Umkreis. Jeder, der in den Bereich der Strahlung geriet, verfiel dem Trübsinn, verbunden mit Selbstanklage und Reue über alle bisher begangenen Sünden. Jeder einzelne der fünfundzwanzig Aktivatoren besaß eine ähnliche Schaltung, alle jedoch mit anderer Wirkung.
So ganz begriff Becker nicht, was um ihn herum vorging, aber er ahnte, daß die Eroberung des begehrten Aktivators doch nicht so ganz einfach sein würde. Man muß wissen, ob man trotz der merkwürdigen Erscheinungen seinen Willen nicht verlor.
„He, Pollard! Reißen Sie sich zusammen, Mann! Denken sie an den Zellaktivator! Wollen Sie ihn haben oder nicht?"
Pollard hob den Kopf und lauschte den Worten nach. Dann verklärte sich sein Gesicht, und er stand schwankend auf. Er deutete in Richtung des Sees und rief deklamierend: „Dort wartet das ewige Leben! Ich werde es euch holen, Freunde! Laßt mich gehen, ich hole euch das ewige Leben."
Er marschierte los, ohne eine Antwort abzuwarten.
Damit war Becker genauso schlau wie vorher. Spielte Pollard etwa Theater, oder wollte er wirklich den Aktivator für jemand anderen holen?
Becker biß die Zähne zusammen und ging hinter Pollard her.
Wie eine Sturzflut ergoß sich die Wirkung des Psychofeldes über ihn. Er spürte, wie sein Inneres sich verkrampfte und die Tränen wie Bäche zu fließen begannen. Mit Mühe nur hielt er den Mund und verriet seinen Gefährten nicht, was er mit ihnen geplant hatte.
Er überwand den Weltschmerz und rannte laut weinend hinter Pollard her, der wie ein Nachtwandler auf den nah blinkenden See zuwanderte.
Die
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