0158 - Der Spiegel-Dämon
noch der Tag, wo ich das Versprechen einlöse. Denn ich bin auch als Mädchenkiller bekannt.«
»Dann killen Sie mal schön«, sagte Glenda. Sie mußte zurück, weil bei ihr das Telefon summte.
Und ich kümmerte mich um die Akten.
Wir hatten zwar Frühling, aber das Wetter sah gar nicht danach aus. Graue Wolken am Himmel, ein böiger Wind, der durch die Londoner Straßenschluchten wehte, und Temperaturen um acht Grad. Und dabei zählten wir bereits Ende März.
In London war es wieder einmal rund gegangen, das stellte ich, schon nach dem ersten Blick in die Akten fest. Es hatte Banküberfälle gegeben, Morde und blutige Demonstrationen, aber nichts, was in mein Ressort fiel. Die Dämonen schienen in den letzten Tagen wenigstens in London geschlafen zu haben.
Sie hatten sich auch woanders ausgetobt.
Ich rauchte eine Zigarette, trank den Kaffee und machte mir hin und wieder Notizen.
Als das Telefon anschlug, atmete ich auf. Eine Störung beim Lesen der Akten war mir immer willkommen.
»Sinclair.«
»Morgen, John. Hier ist Sheila.«
»Hoi, du junge Mutter. Was verschafft mir die Ehre deines Anrufs? Ist Bill nicht nach Hause gekommen, brauchst du jemand, der dich tröstet?«
»Bill ist tatsächlich nicht da.«
Ich hatte schon wieder einen dummen Spruch auf den Lippen, als ich nachträglich bemerkte, daß Sheilas Stimme verdammt ernst geklungen hatte. Da war irgendwas geschehen.
»Was ist passiert?« fragte ich knapp.
»Es geht um Johnny.« Sheila räusperte sich. »Er… er wollte mich umbringen.«
»Was?«
»Ja, John, es stimmt«
Ich hatte mich also doch nicht verhört. Sekundenlang herrschte Schweigen zwischen uns. Dann fragte ich: »Was sagt Bill dazu?«
»Er ist unterwegs und weiß es noch nicht.«
»Wo steckt er denn?«
»Irgendwo an der Themse. Da hat jemand Öl in den Fluß gekippt, und Bill arbeitet an einem Bericht über Umweltverschmutzung. Er will diese Tat unbedingt mit hineinbringen. Ich kann ihn jetzt telefonisch nicht erreichen. Kannst du nicht kommen?«
»Natürlich, Sheila. Es kommt ja nicht von ungefähr, daß Johnny dich mit einem Messer angreift.« Ich drückte die Zigarette aus. »Hat er was gesagt?«
»Ja und nein. Irgend etwas von Träumen.«
»Also Beeinflussung«, murmelte ich. »Okay, Sheila, behalte jetzt die Nerven. Ich mache mich sofort auf den Weg.«
»Danke.«
Dann stand ich auf. O Gott, das war eine Quälerei. Ich biß die Zähne zusammen und bog meinen Rücken durch. Auch die Schultern taten weh, aber Indianer kennen keinen Schmerz, und so verließ ich mein Büro und sagte Glenda Bescheid, wo sie mich finden konnte.
»Gut, ich werde es dann auch Sir James ausrichten.«
»Und sagen Sie ihm, daß es kein privater Besuch ist, sondern ein dienstlicher.«
»Mach ich.«
Mit dem Fahrstuhl fuhr ich nach unten. Ich kam mir vor wie ein alter Mann, aber ich hielt mich tapfer. Wenn ich mich irgendwo in die Ecke setzte, so half das nichts. Ich mußte schon in Bewegung bleiben.
Wenig später saß ich im Bentley. Der Silbergraue sprang sofort an, und ich lenkte ihn vom Parkplatz, um mich in den fließenden Verkehr einzufädeln.
Auf die Begegnung mit Sheila Conolly war ich wirklich mehr als gespannt.
***
Jane Collins, blondhaarig, hübsch und von Beruf Privatdetektivin, war ebenfalls unterwegs. Sie wollte einen Klienten treffen, der am frühen Morgen angerufen hatte. Es ging, wie sie den knappen Sätzen entnommen hatte, um den Diebstahl einer alten Statue, die mit 100,000 Pfund versichert gewesen war. Der Mann hatte ihr ein Erfolgshonorar von 5,000 Pfund in Aussicht gestellt und Jane damit überzeugt.
Eigentlich hätte sie den Auftrag gar nicht mehr annehmen können. In letzter Zeit hatte sie verflixt viel zu tun. Sie war dauernd unterwegs. Manchmal kam es ihr vor, als wäre sie die einzige Detektivin in London. Dabei hatte sie zahlreiche männliche Kollegen, und einigen von ihnen hatte sie schon Aufträge zugeschanzt.
Die lukrativen behielt sie natürlich für sich.
Ihr neuer Klient wohnte in der City, nahe der Oxford Street. Da Jane gegen Mittag noch nach Pentonville hinauswollte, hatte sie ihren Wagen genommen. Sie wäre sonst mit der U-Bahn gefahren, denn die Fahrt mit dem Wagen durch den dichten Londoner Verkehr, kostete nicht nur Energie, sondern auch Nerven.
Jane wühlte sich mit ihrem VW von Ampel zu Ampel, Ihr Klient hatte sein Büro in einem ziemlich neuen Hochhaus, wo sich auf dem Dach ein großer Parkplatz befand.
In den ersten drei Etagen gab es
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