0158 - Wenn die Wolkenkratzer wackeln
Wir haben es knapp geschafft, indem wir die Menge durch Wasser auflösten oder mit Tränengas zerstreuten. Jedesmal kamen wir leider zu spät. Irgend jemand, der sich in Massenpsychologie auskannte, hat das gewußt und danach gehandelt. Wir haben uns natürlich nicht damit begnügt, hinterher die Scherben aufzusammeln, sondern auch ein bißchen überlegt. Dabei sind wir zu folgenden Resultaten gekommen: Es handelt sich bei den Tätern um mehrere Leute, denn einer allein konnte gar nicht alles bewirken, was wir zum Beispiel bei den Einbrüchen festgestellt haben. Zweitens;Es sind verhältnismäßig unerfahrene Leute, oder sie trauen sich nicht an einen größeren Schlag heran. Das geht daraus hervor, daß sie sich fast nur mit kleiner Beute zufriedengaben. Klein meine ich im Verhältnis zu den aufgewendeten Mitteln und ihren Möglichkeiten. Wenn sie zum Beispiel einen Demonstrationszug durchs Bankenviertel aufgezogen hätten, dann wäre die Polizei genauso machtlos gewesen, und sie hätten einen viel höheren Gewinn einstreichen können.«
An manchen Stellen begleiteten anerkennende Gesten meine Ausführungen, aber ich kam ja erst zu dem Wesentlichsten.
»Wir sind weiterhin der Ansicht, daß es sich um intelligente Leute handelt, weil sie sich stets Gegenden für ihre Krawalle ausgesucht haben, in denen die Bevölkerung leicht zu überrumpeln ist — gefühls- oder verstandesmäßig. Das beweist wiederum, daß sie sich ihrer geistigen Überlegenheit nicht so ganz sicher waren. Oder mit anderen Worten: Sie wußten sehr wohl, daß es genug Leute gibt, die ihnen überlegen sein würden, und in diese Gegenden haben sie sich eben nicht gewagt. Auch das ist ein Zeichen von Intelligenz, denn nur der dumme Gangster unterschätzt seine Gegner und überschätzt sich selbst. Darauf beruhen unter anderem auch die Erfolgszahlen unserer Statistik. Ist unter Ihnen jemand, der etwas dazu sagen möchte?«
»Ja«, meldete sich der Präsident. »Ich möchte Ihnen zunächst danken, daß Sie uns diese Überlegungen mitgeteilt haben…«
Beifall erhob sich, wie ich ihn eigentlich nicht in der Stärke erwartet hatte. »Das Wort hat unser Freund Cobny!« Dieser Cobny trug eine dunkle Hornbrille zu einem dunklen Anzug und schwarzen Haaren. Intelligent hätte er auch ohne die Brille ausgesehen, aber seitdem bei uns die Wissenschaftler endlich langsam im Kurs der öffentlichen Meinung steigen, sind die Brillen plötzlich Mode geworden.
Cobny lächelte mich gewinnend an und sprach mit leiser, gut klingender Stimme:
»Mr. Cotton, ich glaube, wir können Ihren Schlußfolgerungen nichts Besonderes mehr hinzufügen. Unser Professor für Logik hätte wahrscheinlich seine Freude daran, was, Boys?«
Seine Kameraden grinsten. »Nur eines möchte ich Sie noch fragen, Mr. Cotton. Der oder die Täter haben allerlei feststehende Wesenszüge, die mit Sicherheit bekannt sind. Wenn ich mir das alles zusammenreime, könnte eigentlich ganz gut die Figur eines Psychologiestudenten im dritten oder vierten Jahr herauskommen. Finden Sie das nicht auch?«
Ich nickte.
»Genau das, Mr. Cobny. Sollten Sie zufällig Psychologie studieren, nehmen Sie mir die Antwort nicht übel, aber ein solcher junger Mann wäre beinahe die Idealfigur des Täters. Oder des geistigen Anführers, denn wir rechnen ja mit mehreren Tätern!«
Cobny verbeugte sich leicht und sagte leise: »Ich bin nicht nur Psychologiestudent, sondern sogar im dritten Jahr, wie geschildert. Ich hoffe, das ist kein zureichender Verhaftungsgrund.«
Ein paar seiner Freunde lachten leise, und auch ich zauberte ein Grinsen auf mein Gesicht…
»… aber ich habe genug Objektivität, um mir vorzustellen, ich könnte es gewesen sein. Leider fehlen mir alle praktischen Fähigkeiten zur Massenbegeisterung. Was wollen Sie nun gegen diese Vorkommnisse unternehmen, Mr. Cotton?«
»Nehmen wir zwei Fälle an: Erstens, die Krawalle hören auf, dann würde das FBI auf bewährte Weise vorgehen und mit seinen technischen Mitteln die Spuren, die ja vorhanden sind, bis zu den Tätern verfolgen und diese dingfest machen.«
»Das könnte aber lange dauern, wie?« warf der Präsident ein..
Ich hob die Schultern:
»In dem Fall spielt die Zeit keine Rolle. Es hat Fälle gegeben, wo wir nach zehn Jahren , noch unseren Mann schnappten — kurz, ehe der Fall verjährt wäre. In diesem Fall kommt übrigens eine Verjährung nicht in Frage, denn es sind zwei Morde dabei. Die verjähren nie. Nun, das ist die eine
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