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0159 - Der Engel, der ein Teufel war

0159 - Der Engel, der ein Teufel war

Titel: 0159 - Der Engel, der ein Teufel war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Eisele
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Strom, und starrte durch die Plexiglaskanzel hinaus und hinunter, auf die Welt dort unten, die mir aus dieser Höhe wie eine Spielzeugwelt vorkam.
    Viel grün gab es da, dazwischen, wie willkürlich hingekleckst, einige kleinere Städtchen und Dörfer. Ein paar Straßen. Dann wieder weite Felder und Flure.
    Eins war klar: Das dort unten war nicht mehr England!
    Der Schatten des Helikopters wischte darüber. Über meinem Kopf dröhnten die Rotoren. Zusammen mit den Kopfschmerzen sorgten sie dafür, daß ich mich nicht zu wohl fühlte.
    Ich hob meinen Blick.
    Vor mir, auf dem Pilotensitz, saß ein schlaksiger junger Mann mit wallenden blonden Haaren. Entspannt saß er in seinem Sessel und steuerte den Vogel. Neben ihm saß Lavinia. Sie schenkte mir keine Beachtung, und hatte offenbar noch nicht gemerkt, daß ich wieder aufgewacht war.
    Ich packte es einfach nicht. Mir fehlten einige Stunden in meiner Erinnerung, und es dämmerte mir nur, daß ich wieder ausgeschaltet gewesen war, weil Lavinia dies für richtig gehalten hatte.
    Es wurmte mich gewaltig, daß sie mich wie eine billige Schachfigur behandelte und mich hin- und herschob, wie es ihr gerade paßte, aber mehr war ich wohl auch nicht für sie. Sie gab mir keine Chance mehr.
    Solange ich noch die Zeit dazu hatte, rekapitulierte ich das, woran ich mich erinnerte, und gleichzeitig hoffte ich, daß mir diese Teufelin nicht auch noch in meiner Erinnerung herummanipuliert hatte. Aber möglich war alles.
    Ich wußte noch, wie sie mich aus Angies Steakhouse geholt hatte. Dann hatte sie sich um meinen Freund Bill Conolly gekümmert. Es gab mir einen Stich, als ich daran dachte, daß Bill möglicherweise tot war…
    Ich zwang mich, mit meiner Bestandsaufnahme weiterzumachen, weil dies irgendwie half, die gemeinen Stiche zu überwinden. Wir hatten das geheimnisvolle Pergament, auf das Lavinia so scharf war, aus der Behausung Cyrill Yorks geholt. Dort hatte ich den Geier-Dämon erledigt und meinen ersten und wahrscheinlich letzten Ausbruchsversuch gestartet. Genutzt hatte es mir nur wenig, Lavinia hatte mich nach wie vor unter Kontrolle, aber wenigstens war Lazarius, der Untote, endgültig vernichtet. Ein Feind weniger.
    Und jetzt schwebten wir hier oben, und die Sonne ging auf und strahlte, als wolle sie die Menschen für die zurückliegenden Regentage entschädigen.
    Lavinia drehte sich leicht um, und sah mich an. »Aufgewacht?«
    Ich schreckte hoch und sah in ihr hübsches Gesicht, das sie mir zuwandte. »Sieht man das nicht?«
    Sie überging meine wütende Antwort, und sagte: »Bald gibt es wieder Arbeit für dich. Wir sind unserem Ziel sehr nahe gekommen, und unsere Freunde sind wie es aussieht auf der Strecke geblieben. Seit Stunden spüre ich sie nicht mehr.«
    Ich schluckte diese Information und machte mich daran, sie zu verdauen. Gleichzeitig aber fragte ich: »Wo sind wir? Oder ist das geheim?«
    Sie lachte perlend und wandte sich an den Piloten, der sich bisher nicht gerührt hatte. »Sagen Sie es meinem verschlafenen Freund!«
    »Das dort unten ist Deutschland, Sir. Na, da ist die Überraschung Ihrer Frau aber gelungen, was?«
    »Und wie«, erwiderte ich und ignorierte Lavinias boshaftes Lächeln.
    Der Pilot stand ebenfalls unter ihrem Bann, das war klar, sonst hätte ihm doch auffallen müssen, daß mit mir etwas nicht gestimmt hatte.
    Er plapperte in einem ziemlich schwer verständlichen Deutsch weiter: »Ein prächtiges Flugwetter, wie geschaffen für zwei Verliebte wie Sie. Ich freue mich für Sie beide, ehrlich.« Er sah schnell zu Lavinia hin und grinste bis über beide Ohren.
    »Deutschland ist groß«, sagte ich, zu Lavinia gewandt. Um ihre Schadenfreude so klein wie möglich zu halten, fügte ich hinzu:
    »Nicht wahr, Liebling?« Es klappte sogar ohne Schwierigkeiten, denn sie schien ihren mentalen Bann, mit dem sie mich beherrschte, weit genug zurückgezogen zu haben.
    »Wir sind in der Nähe von Stuttgart. Irgendwo dort unten -.« Sie zeigte in einer ungeduldigen Geste hinaus »muß das Neidlinger Tal liegen. Unser Ziel ist die Ruine Reußenstein, die auf den Felsen über dem Tal steht…«
    »Oh, es ist nicht mehr weit.« Der Pilot hatte das eingeworfen.
    »Da drüben sehen Sie Göppingen, da hinten Wiesensteig, da ist der Filsursprung und das Tal der Ruhe, ein herrliches Fleckchen Erde. Und dort vorn… Sehen Sie die Felsen? Da haben wir es schon, Ihr Ziel. Der Reußenstein liegt bei den großen, knorrigen Bäumen ganz vorn, direkt am Abgrund, sehen

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