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0159 - Der Engel, der ein Teufel war

0159 - Der Engel, der ein Teufel war

Titel: 0159 - Der Engel, der ein Teufel war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Eisele
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»Ich weiß, das war mir klar. Aber ich wollte dir trotzdem eine letzte Chance geben. So bleibt mir nichts anderes übrig, als dich härter unter meine Kontrolle zu nehmen. Es wird dir nicht bekommen.«
    Ein sanfter Ruck; der Hubschrauber stand, die Rotoren kamen säuselnd und winselnd zum Stillstand.
    »Da wären wir!« strahlte der schwäbische Pilot.
    Lavinia machte eine Handbewegung, und er erstarrte zur Salzsäule. So mußte ich wohl vorhin auch ausgesehen haben…
    Ich aber fragte mich, was sie damit gemeint hatte: Es wird dir nicht bekommen.
    Ich sollte es nur zu bald erfahren.
    Sie sah, wie es in mir arbeitete und lachte boshaft.
    Dann brachen wir auf. Der Pilot blieb in dem Helikopter zurück, sein Gesicht war käsig bleich, ein Ausdruck des Grauens war darin festgefroren.
    Er sah mehr tot als lebendig aus…
    ***
    Vögel zwitscherten und trällerten, und die Blätter der Bäume waren saftig grün und bewegten sich in einem sanften Wind. Die Sonnenstrahlen fanden ihren Weg noch nicht durch das Blätterdach der Bäume, das sich über uns wölbte, als wir dem schmalen, steinigen Weg folgten, der zum Klippenrand und somit zur Ruine Reußenstein hinführte. Das Zwielicht aber war zu ertragen, wir fanden unseren Weg mühelos.
    Der Pilot hatte vorhin recht gehabt: Es war das richtige Wetter für Verliebte.
    Wir aber waren keine Verliebten, sondern Todfeinde.
    Schweigend folgten wir dem Pfad. Es ging in eine Senke hinunter, dann kamen roh in den Boden gehauene Stufen; wir schritten sie hinunter, und auf der gegenüberliegenden Seite wieder hoch.
    Die wuchtigen grauen Mauern des Reußenstein erhoben sich vor uns. Die Ruine machte einen gewaltigen Eindruck von einstiger Größe, von Ruhm und Stolz der Leute, die sie vor langer Zeit bewohnt hatten.
    Ich aber hatte dafür kaum mehr als einen flüchtigen Blick übrig, ich nahm das Bild in mich auf, gleichzeitig aber mußte ich darauf achten, wohin ich trat. Der Weg schlängelte sich in engen Kurven bergauf, und heimtückische Luftwurzeln der ringsum hochragenden Eichen machten ihn zu einer Hindernisstrecke, dann aber hatten wir sie geschafft, und ein breiter, kiesbestreuter Weg schloß sich an, der direkt zu der Ruine hinaufführte.
    Die Burg war regelrecht in den Fels hineingebaut und bildete fast eine Einheit damit.
    Grau in Grau, Felsen und Mauern verwittert, porös aber nichtsdestotrotz wuchtig und trutzig, so bot sich uns der Reußenstein dar.
    Wir betraten die Anlage, der Wind pfiff hier schon schärfer um die Ecken und Kanten. Gras wucherte überall zwischen den Mauern und dem felsigen Boden, vereinzelt auch ein paar trostlos wirkende, gelblich verfärbte dürre Sträucher.
    Die Einsamkeit, die hier um diese frühe Morgenstunde herrschte, war fast körperlich spürbar.
    Der Innenhof.
    Hoch ragte eine Mauer empor, um dann abrupt und bizarr abzubrechen. Genau gegenüber führte eine breitere Treppe zum Turm hoch.
    Neben der Treppe aber verhielt Lavinia.
    Ich blieb hinter ihr stehen. Meine Haut brannte, als wäre sie intensiver Sonnenstrahlung ausgesetzt gewesen. Ich rieb darüber und dachte mir nichts dabei.
    Das Brennen aber blieb.
    Lavinia murmelte etwas, das ich nicht verstehen konnte. Ihre Hände beschrieben herrische, genau abgezirkelte Gesten. Die Atmosphäre veränderte sich, eine Spannung herrschte plötzlich, die irgendwie böse wirkte.
    Schwarze Magie schwängerte die Luft!
    Da riß Lavinia ihre Hände hoch, und der verwitterte graue Fels vor ihr begann zu flirren, zu flimmern und zu gleißen. Lavinia aber lachte.
    »Der Eingang, John! Wir haben den Eingang zu den Katakomben gefunden!«
    Ich blinzelte und sah hin.
    Dort, wo eben noch purer, trutziger Fels gewesen war, klaffte jetzt ein dunkler Spalt.
    Lavinias Geist tastete sich in meinen Schädel, verwischte die Eindrücke, die ich wahrnahm, und zwang mich, ihr zu folgen. Das Brennen in meinem Gesicht wurde noch schlimmer, und jetzt brannten auch meine Hände und meine Arme…
    Dann war der Bann wieder verschwunden.
    Wir standen in einem düsteren, kellerartigen Gewölbe, eine Treppe war knapp 30 Yard entfernt, von dort schimmerte auch Tageslicht herunter.
    Ich sah an mir herunter.
    »Verdammt!« entfuhr es mir. Ich trug einen grünen Anzug, der mir überhaupt nicht gefallen wollte, dazu einen blauschwarzen Umhang, der innen mit rosafarbenem Futter versehen war.
    Das aber war es nicht, was meine Angst hochpeitschte, und mir gleichzeitig klarmachte, was Lavinia vorhin gemeint hatte, als sie mir

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