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0159 - Der Engel, der ein Teufel war

0159 - Der Engel, der ein Teufel war

Titel: 0159 - Der Engel, der ein Teufel war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Eisele
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angekündigt hatte, daß es mir nicht bekommen würde, gegen sie zu sein…
    Ich hatte mich verändert!
    Meine Hände waren von einer ungesunden, blaugrünen, runzeligen Haut überzogen, das Brennen wurde von Sekunde zu Sekunde schlimmer, und so konnte ich mir ausmalen, daß mein Gesicht ähnlich aussah!
    Unwillkürlich tastete ich hoch, und spürte die Runzeln, weiter glitt meine Hand, an der ein eheringähnliches Ding saß, und strich über mein struppiges Haar…
    Und plötzlich begriff ich die ganze Wahrheit!
    Ja, ich kapierte, daß Lazarius kein Untoter gewesen war, sondern ein ebensolcher Sklave Lavinias, wie ich es jetzt war! Lavinias Bann mußte ihn dermaßen verändert haben…
    Und jetzt war ich an der Reihe!
    Ich wurde zu einem Untoten!
    ***
    Lavinias häßliches Lachen riß mich in die Wirklichkeit zurück.
    Sie stand mir gegenüber und beobachtete mich genau. Ihre Augen schienen in einem düsteren Rot zu funkeln, ihr Blick war stechend.
    »Es geht ganz langsam, John Sinclair«, sagte sie dann gefährlich leise. »Ganz langsam, aber unaufhaltsam. Du hast Lazarius getötet, und so ist es nur rechtens, wenn du seine Stelle einnimmst. Auch so werde ich für deinen Kopf einen guten Preis erhalten, da habe ich keinen Zweifel. Zuvor aber -.« Sie legte eine bedeutungsschwere Pause ein. »Zuvor aber wirst du mir zu Diensten sein. Du wirst mir den Schlüssel holen, der mir Zutritt zur Alptraumburg verschafft!«
    Ich wollte etwas sagen, aber meine Kehle war wie zugeschnürt.
    Lavinia hatte sich in der Zeit, in der ich wieder abgeschaltet gewesen war, ebenfalls umgezogen, warum auch immer.
    Sie trug jetzt ein korallenrotes Kleid und einen Schleier, der ihr bleiches Gesicht umfächelte. Irgendwie unschuldig sah sie damit aus, mich aber konnte sie nicht täuschen. Unter der engelgleichen Larve brodelte das abgrundtiefe Böse…
    »Was – was soll der Mummenschanz?« würgte ich heraus.
    »Er ist erforderlich.«
    Damit war für sie die Sache erledigt.
    »An die Arbeit, John, ich will nicht mehr länger warten! Die Stunde meines größten Triumphs ist so nahe…« Sie lachte, und ihr Gesicht verzerrte sich fürchterlich, eine wölfische Gier glitzerte in ihren Augen.
    In meinem Schädel hallten ihre laut ausgestoßenen Worte wider, verzerrten sich und dröhnten.
    Wie ein Schlafwandler drehte ich mich um. Plötzlich wußte ich, was sie von mir erwartete, der Befehl und sämtliche damit zusammenhängenden Instruktionen befanden sich klar und deutlich in meinem Schädel.
    Ich ging zu der dunklen, schroff gezackten runden Öffnung hin, die in dem staubüberzogenen Kellerboden klaffte.
    Wasser schillerte darin, tiefschwarzes Wasser, auf dem hier und da silbrige Reflexe glitzerten.
    Wie Tinte.
    Ich bückte mich.
    »Dort unten, John Sinclair, wirst du die Katakomben finden«, sagte Lavinia hinter mir, und ihre Stimme war wie ein Hauch von weit her. Ihr Bann machte mich benommen, schaltete meine normale Wahrnehmung größtenteils aus. Es war wie im Traum.
    Ich schien mich viel zu langsam zu bewegen, wie durch zähen Schlamm. Aber das bildete ich mir nur ein. Meine Bewegungen waren normal, nur ich bekam sie nicht richtig mit.
    Das Wasser glitzerte und funkelte und kräuselte sich, obwohl es von keinem Lufthauch getroffen worden war.
    »Wenn du die Katakomben unbeschadet bezwingst und ebenso den Wächter der Tiefe, dann wird der Schlüssel zur Alptraumburg dein sein! Du wirst es schaffen, John! Du mußt es schaffen…«
    Ihre Stimme versiegte, war nichts mehr als ein fernes Klingen, ich aber streifte den Umhang ab. Wie gebannt war mein Blick auf das mit schwarzem Wasser angefüllte Loch, gerichtet.
    Es war der einzige Zugang zur Tiefe.
    Und dort unten lagen die Katakomben…
    Dort unten lauerte aber auch der Wächter der Tiefe!
    Langsam ließ ich mich in das Wasser gleiten… Es war kalt, eiskalt wie der Tod, und in der Tiefe unter mir fühlte ich ungeduldige, lauernde Bewegungen wie von einem riesenhaften Wesen…
    Ich aber holte tief Luft, dann stieß ich mich ab und sank wie ein Stein in die kalte, pechschwarze Tiefe hinunter…
    ***
    Rolf Kress sah erschrocken auf, als er das scharfe Knacken hörte. Es war aus dem angrenzenden Raum gekommen, und dort bewahrte er die wertvollen Bücher auf. Rolf Kress lauschte. Das Geräusch wiederholte sich nicht.
    Er zögerte. In letzter Zeit war er ziemlich nervös. Seine Nerven, aber die Arbeit wurde auch nicht weniger. Seine Buchhandlung, der er erst vor kurzem noch ein Antiquariat

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